Fünf Minuten mit: Riedel-Glas-Chef Maximilian Riedel Glas-Unternehmer Riedel bekennt sich zum Draufgängertum: "Ich lasse es laufen"

Maximilian Riedel, geboren 1977, übernahm 2013 die Geschäftsführung der Tiroler Glasmanufaktur und ist nun in elfter Generation Chef des 260 Jahre alten Hauses. Zuvor schob er von New York aus das US-Geschäft an.
Foto: Riedel GlasMaximilian Josef Riedel empfängt gern an der Espressobar der Firmenzentrale im österreichischen Kufstein. Es plaudert sich hier so schön - umrahmt von all den beeindruckenden Glaskreationen. In diesem Jahr feiert das Unternehmen sein 260. Jubiläum.
manager magazin: Herr Riedel, man hört, dass Sie zu Abendessen gern eine Kiste Riedel-Gläser mitbringen. Beglücken oder düpieren Sie Ihre Gastgeber damit?
Maximilian Riedel: Ich beglücke sie natürlich. Mir ist wichtig, wie sich jemand präsentiert. Das habe ich von meinem Großvater, der fing damit schon an.
mm: Tradition verpflichtet?
Riedel: Wenn man in gewissen Kreisen aufgewachsen ist, sind bestimmte Ansprüche an sich und andere und den Lebensstil normal.
mm: Ihren im vergangenen Sommer geborenen Sohn haben Sie Franz Josef genannt. Ganz standesgemäß vermutlich?
Riedel: Jeder Riedel heißt Josef, und der Name Franz hat mich schon immer begleitet, er ist kurz und bündig und steht für Stärke. Es war aber nicht einfach, meine brasilianische Freundin davon zu überzeugen.
mm: Freundin?
Riedel: Wir sind nicht verheiratet.
mm: Sie halten die Fahne des Gutbürgerlichen hoch und heiraten die Mutter Ihres Kindes nicht?
Riedel: Das ist Privatsache. Nur so viel: Ich lasse mich ungern verleiten, Dinge zu tun, nur weil man's halt so macht.
mm: Sondern?
Riedel: Ich lasse es laufen und gehe meinen Weg. Ich bin viel auf der Skipiste, wo mir die besten Ideen kommen, gern allein, im eigenen Rhythmus.
mm: Teamfähigkeit klingt anders.
Riedel: Ich fahre zumeist deshalb allein, weil viele Freunde nicht mithalten können. Allerdings gilt auch: Wenn man eine gewisse Position innehat, darf und muss man automatisch sehr viel Zeit allein verbringen.
mm: Alleinsein macht vielen ja Angst.
Riedel: Jeder Unternehmer und auch jedes Mitglied unserer Familie hat immer ein wenig Existenzangst. Damit muss man zu leben lernen, es motiviert aber auch. Und wenn es richtig gut läuft, kann die Angst vor dem Abheben helfen.
mm: Woran merken Sie, dass Sie gerade Gefahr laufen, abzuheben?
Riedel: Am Geldausgeben. Ich gebe natürlich nur mein hart Erarbeitetes aus und investiere sehr vernünftig in Grund und Boden - und Kunst.
"Ein erfüllendes Privatleben verlangt Risikobereitschaft"
mm: Und beim Kunstkauf knallen Ihnen die Sicherungen durch?
Riedel: Kunst ist eine sehr emotionale Angelegenheit, da muss man sich in Acht nehmen vor Kurzschlusshandlungen. Wenn ich eine bestimmte Phase in meinem Leben verlassen habe, dann veränderte sich immer auch der Kunstgeschmack.
mm: Manchmal klingen Sie, als wären Sie schon Mitte 50 ...
Riedel: Na ja, ich habe schon einiges hinter mir. Ich hatte in meiner Jugend ein paar schwere Unfälle. Den ersten mit 14. Der Klassiker: die letzte Abfahrt, mit Freunden und dem wahnsinnigen Ehrgeiz, der Schnellste zu sein. Ich hab gerade noch so gelebt, als mich der Hubschrauber von der Piste geflogen hat. Deshalb weiß ich, was es bedeutet, den Tag zu erleben. Für mich ist mein Geburtstag der wichtigste Tag des Jahres, ich plane ihn lange im Voraus.
mm: Haben Sie sich das Draufgängertum nach dem Unfall abgewöhnt?
Riedel: Nein, ich wollte trotzdem Formel-1-Fahrer werden. Meine Eltern haben sehr mitgelitten. Die vielen Unfälle waren so teuer für sie, dass die Autos immer billiger wurden. Es ist einfach dieser Reiz in mir, dort hinzuwollen, wo vorher noch keiner war. Ob im kreativen Bereich oder als Erfolgsmensch im Unternehmen. Den Umsatz zu steigern schafft man nur mit gewissen Risiken. Und ein erfüllendes Privatleben verlangt erst recht Risikobereitschaft.
mm: Ihr Vater schläft sicher nicht mehr ruhig, seit er die Geschäftsführung an Sie abgegeben hat?
Riedel: Mein Vater hat immer gesagt, seine Aufgabe sei es, den jungen Adlern das Fliegen beizubringen. Seit ich elf bin, habe ich jedes Jahr einen Monat im Ausland verbracht, oft im Feriencamp in Kanada, um Distanz zu lernen zu Familie und Freunden.
mm: Und - hat's was gebracht? Lässt er Sie fliegen?
Riedel: Ja. Als ich Geschäftsführer in den USA war, hat er darauf bestanden, dass wir nur einmal am Tag telefonieren, streng geteilt zwischen Privatem und Geschäftlichem. Ihm war das wichtig, weil er Distanz zu seinem Vater nicht leben konnte.
mm: Es lebe die Distanz!
Riedel: Unbedingt. Deshalb lebe ich auch in Kitzbühel. Morgens brauche ich meine 40 Minuten in die Firma, um mit Telefonaten nach Asien auf Touren zu kommen. Und abends lasse ich den Arbeitstag ausklingen mit Gesprächen in die USA. Zu Hause gibt es für mich keine Arbeit mehr.