
Fünf Minuten mit: Unternehmer und Kunstsammler Hans Georg Näder "Mich hat der Teufel geritten"
Die Bar "Le Croco Bleu" auf dem Berliner Bötzow-Gelände wird extra für Hans Georg Näder geöffnet. Kein Problem, sie gehört ihm. So wie das gesamte Areal der ehemaligen Brauerei, das er zur Schaffung eines Innovationscenters (plus Restaurant, Hotel und Klub) gekauft hat. Die Bar liegt dem Kunstsammler mindestens so am Herzen wie seine Galerie. Er hat dafür Gregor Scholl verpflichtet, einen der besten Barmänner der Stadt.
mm: Herr Näder, Ihr Unternehmen Otto Bock ist Weltmarktführer, Sie betreiben ein Museum, ein Hotel, sind Verleger, Werftbesitzer, und jetzt bauen Sie in Berlin ein Innovationscenter - gibt es etwas, das Sie nicht können?
Hans Georg Näder: Ich würde gern malen können und Saxofon spielen, bin aber, glaube ich, total unmusikalisch. Mein Vater hat Klavier gespielt. Wenn der abends nach Hause kam, wurden erst mal ein paar Lieder angestimmt. Ich liebe das und habe mal eine legendäre Nacht mit Ron Wood erlebt, im "Blakes"-Hotel in London.
mm: Ron Wood von den Stones?
Näder: Genau.
mm: Haben Sie dem eine Blutwaschanlage verkauft?
Näder: Nein. Der war mit seiner russischen Amore im Hotel abgestiegen. Ich kam von einem Termin in die Bar, und der Barkeeper sagte: "Signore Näder, attenzione, unser Freund kommt!" Und dann kam er, setzt sich hin, sagt: "Ron Wood von den Rolling Stones". Und ich sage: "Hans Georg von Otto Bock". Wir saßen dann dort bis um fünf, bis er irgendwann fertig mit den Nerven war.
mm: Was haben Sie mit ihm gemacht?
Näder: Er hat Mojito getrunken und um drei entschieden, dass da kein Eis mehr reinkommt. Ich kann das mit meinen 100 Kilo relativ lange durchstehen. Aber der wiegt ja vielleicht 48.
mm: Stört es Sie, wenn Sie in den Medien als "Prothesenbauer" bezeichnet werden? Das klingt so nach hautfarbenen Greifarmen.
Näder: Wenn es so platt rüberkommt, schon. Menschen wieder mobil zu machen ist das Schönste, was es gibt. Es ist emotional und empathisch. Was wir tun, ist Biologie und Technik zusammenzubringen. Das ist schon eine große Kunst des Erfindens. Das andere ist Spielerei. Aber eine Spielerei, die Spaß macht ...
"Eine Bar oder ein Restaurant läuft am besten, wenn der Chef hinterm Tresen steht"
mm: Sie scheinen einen ausgeprägten Spieltrieb zu haben. Mit Anfang 20 betrieben Sie in Göttingen eine Cocktailbar, jetzt sitzen wir im "Le Croco Bleu"?
Näder: In der Studienzeit hat mich der Teufel geritten, ich wollte unbedingt eine Bar eröffnen. Das "Café Wunderbar" war dann sehr beliebt und erfolgreich, weil dort wunderschöne Studentinnen arbeiteten. Wirtschaftlich war es indes ein Desaster.
mm: Was hat nicht funktioniert?
Näder: 30 Jahre später habe ich gelernt, dass eine Bar oder ein Restaurant am besten läuft, wenn der Chef hinterm Tresen steht. Ich war ja noch ein junger Spund. Ich hatte ein Kontokorrentkonto für die Firma. Irgendwann hat mir die Bank mein Konto geschlossen. Und ich dachte, das sind doch Arschlöcher, das darf doch nicht wahr sein! Die Bar war finito, weil die Liquidität nicht sichergestellt war. Jahre später habe ich rausbekommen, dass es mein Vater war, der diese Aktivität als vollkommen überflüssig empfand und die Luft aus dem Reifen gelassen hat.
mm: Immerhin, Ihr Faible für Kunst dürfen Sie ausleben. In Ihrem Museum sollen Sie die größte Fotografie der Welt gehabt haben.
Näder: Wahrscheinlich. Wir zeigten eine Ausstellung von Enrique Rottenberg, und eines der Fotos ist knapp 25 Meter lang. Jetzt wollen wir mal gucken, ob wir nicht im "GuinnessBuch" einmal mit Kunst und einmal mit Sport vertreten sein können.
mm: Sie haben so ein Ding mit Rekorden. 2008 haben Sie den Ärmelkanal in einem Amphibienfahrzeug überquert.
Näder: Ja. Die Idee ist auf meinem Segelboot entstanden. Der Capitano Henry und ich saßen vor Sardinien an Bord, mit einem schönen Heineken in der Hand, und auf einmal ging es um Richard Branson, der damals den Rekord hielt. Da Henry als Engländer verrückt ist nach Wetten, haben wir beschlossen, den Rekord zu knacken. Ich habe ein Amphibienfahrzeug in Auftrag gegeben, und zwölf Monate später war die "Tonic" fertig.
mm: Und Bransons Rekord?
Näder: Den haben wir um 20 Minuten unterboten. Das war ein großes Ding in der "Times". Leider haben wir in Dover ein Ticket wegen Falschparkens bekommen.
mm: Wann waren Sie das letzte Mal mit "Tonic" unterwegs?
Näder: Vor 14 Tagen. Ich wollte sehen, ob das Ding noch fährt und bin durch Duderstadt. Die Ursprungsidee war, auf der Jacht ein Fahrzeug dabeizuhaben, um auch dort an Land gehen zu können, wo es keinen Mietwagenschalter von Sixt gibt. Funktioniert.
mm: Ist Branson jetzt sauer auf Sie?
Näder: Wir warten auf die Antwort von ihm. Aber der fliegt ja demnächst zum Mond und steht wohl für so was nicht mehr zur Verfügung.