Fünf Minuten mit: Magnus Graf Lambsdorff, Ex-Headhunter "Mitten im Getümmel"

Headhunter Magnus Graf Lambsdorff über seinen Sprung in ein neues Leben.
Tech-Graf: Magnus Graf Lambsdorff (54) war lange Berater bei Egon Zehnder. Gut verdrahtet in der TechSzene und - wie sein Onkel Otto Graf Lambsdorff - engagiert in der FDP. Nun ist er als Partner zur rührigen Berliner Start-up-Fabrik Hitfox gewechselt.

Tech-Graf: Magnus Graf Lambsdorff (54) war lange Berater bei Egon Zehnder. Gut verdrahtet in der TechSzene und - wie sein Onkel Otto Graf Lambsdorff - engagiert in der FDP. Nun ist er als Partner zur rührigen Berliner Start-up-Fabrik Hitfox gewechselt.

Der Weg ins Herz des neuen Berliner Unternehmertums führt über den Kommunismus. Wer am Alexanderplatz aussteigt, geht über die Karl-Liebknecht-Straße zur Rosa-Luxemburg-Straße 2 und steigt das Treppenhaus hoch, bis er den Namen Hitfox liest. Im Großraumbüro, auf einem schmutzigen, ehemals beigen Teppichboden, haust Magnus Graf Lambsdorff. Auch er hat einen weiten Weg hinter sich, vom Starberater des feinen Headhunters Egon Zehnder zum Partner und Chief People Officer des Start-ups. Der Mann wirkt ziemlich glücklich.

mm: Graf Lambsdorff, fühlt man sich älter unter 30-Jährigen?

Magnus Graf Lambsdorff: Ich habe das Gefühl, ich werde jeden Tag jünger, weil die Geschwindigkeit und die Intensität mir helfen, alle Sinne wieder scharf zu stellen, die teilweise abgestumpft waren.

mm: Sie waren viele Jahre lang Zehnder-Berater in Hamburg. Wie trainiert man sich die Lockerheit Marke Berlin-Mitte an?

Wenn ich hier bin, ist natürlich ein völlig anderes Verhalten gefragt als im Vorstandsbüro eines Dax-Konzerns. Das habe ich schon vor Langem gelernt.

mm: Pizza abends im Büro statt Dinner im "Vier Jahreszeiten"?

Graf Lambsdorff: Beides kann schön sein. Gerade heute Abend haben wir wieder ein All-Hands-Meeting mit Pizza. Klingt stereotyp, oder? Worauf es aber ankommt, ist der Austausch mit jungen Menschen, die sich Dinge vornehmen und dabei erst mal keine Grenzen anerkennen. Das lässt mich auch als Mensch wachsen.

mm: Man sieht häufig reifere Herren wie Tim Höttges (Telekom) oder Mathias Döpfner (Springer) krawattenfrei auf Start-up-Konferenzen. Sind Sie First Mover oder nur Fast Follower?

Graf Lambsdorff: Es ist eines, sich mal die Szene anzugucken und dafür den Schlips abzunehmen, etwas anderes ist es, die alte Karriere zu beenden und in ein neues Leben zu springen. Ich erlebe es völlig anders, weil ich ja auch ein persönliches Risiko eingehe. Ich wohne jetzt in einer Kreuzberger WG, in einem großen Loft, mit drei 30-Jährigen zusammen, die auch hier arbeiten. Ich fahre jeden Tag mit der U-Bahn nach Mitte, verbringe im Großraumbüro auf 1,5 Quadratmetern meinen Tag und nicht mehr auf 30 Quadratmetern mit Alsterblick. Die Alster sehe ich am Wochenende, wenn ich bei meiner Familie bin.

mm: Was ist der Unterschied zwischen Leuten wie Hitfox-Gründer Jan Beckers und CEOs, mit denen Sie früher viel gearbeitet haben?

Graf Lambsdorff: Jan Beckers und die anderen Mitgründer haben den größten Teil ihres Vermögens in der Gruppe, wie jeder gute Unternehmer auf der Schwäbischen Alb. Ein angestellter Vorstand ist in meinen Augen nicht wirklich Unternehmer, weil er seine finanzielle Existenz nicht vom Unternehmen abhängig macht.

mm: Das Geschäftsmodell von Hitfox wirkt allerdings bunter, als man das von der Schwäbischen Alb kennt – Fin-Tech, Big Data, eine App-Marketingfirma, insgesamt fast 20 Unternehmen.

Graf Lambsdorff: Hitfox ist ein Company-Builder. Wir helfen bei der Ideenfindung und Entwicklung von Unternehmen. 80 Prozent des Aufbaus eines Ventures sind repetitive Beiträge oder Tätigkeiten, wie Buchhaltung und Rekrutierung. Die restlichen 20 Prozent sind jeweils speziell. Und dafür suchen wir uns Co-Gründer. Zusammen bringen wir so Geschäftsmodelle in erheblich kürzerer Zeit auf den Markt als andere.

mm: Mit der Begründung könnten Sie jedes Digitalgeschäft machen.

Graf Lambsdorff: Im Moment fokussieren wir uns ganz klar auf Fin-Tech. Aus unserem Gründer Finleap gingen bereits neun Ventures hervor. Gerade haben wir die Solaris Bank gegründet, weitere Segmente könnten folgen.

mm: Was können Sie besser als die Jungen?

Graf Lambsdorff: Meine Erfahrung und mein Netzwerk helfen mir, Unternehmer zu begleiten. Ich kann Menschen gewinnen und entwickeln. Das ist für Hitfox zentral. Wir suchen immer sehr eigenständig agierende Personen, die bereit sind, Regeln zu brechen. Wir sagen aber auch, um Regeln zu brechen, muss man sie erst mal kennen. Unsere Co-Gründer sind meist 10 bis 15 Jahre in einer Industrie gewesen.

mm: Und wo sind die Jungen voraus – abgesehen vom Feiern?

Graf Lambsdorff: Sie sind furchtlos und stellen alles infrage.

mm: Sie kennen das von Ihren Jobgesprächen, am Ende geht es immer ums Geld. Als Zehnder-Partner haben Sie jährlich siebenstellig verdient. Wo liegt der finanzielle Charme bei Hitfox?

Graf Lambsdorff: Ganz sicher nicht in dem Einkommen, das ich fix bekomme. Da bin ich ganz erheblich runtergegangen. Ich bin Partner bei Hitfox, wenn der Wert unserer Unternehmen wächst, dann habe ich etwas davon. Aber der eigentliche Reiz liegt woanders. Ich bin jetzt mitten im Getümmel und nicht mehr am Beckenrand.

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