
Topstandorte: Die deutschen Großstädte im mm-Immobiliencheck
Immobilien Das Millionenspiel
Wer an diesem Hamburger Wintertag durch die Glasfassade des Amtsgerichts St. Georg blickt, muss denken, drinnen werde etwas verschenkt. 400 Menschen drängen sich im Foyer zusammen.
Tatsächlich wird es für einen der Versammelten der teuerste Vormittag seines Lebens. Im Eingangsbereich des Gerichts wird ein Mehrfamilienhaus versteigert. Der Auktionator steht oben auf der Treppe, die Bieter unten in der Eingangshalle. Aus Platzmangel - "früher wären hier 20 Leute gewesen", staunt ein Interessent.
Der Gutachter hat das stark sanierungsbedürftige Jugendstilhaus auf 1,2 Millionen Euro geschätzt. Doch der Altbau liegt in der gediegenen Preystraße in Winterhude, in einer der besten Hamburger Wohngegenden unweit der Alster. Als die Auktion nach mehreren Stunden endlich zu Ende geht, erfolgt der Zuschlag bei 2,2 Millionen Euro.
Die blinde Liebe zum schönen Altbau im Modeviertel befällt nicht nur Hamburger. In München geht zur gleichen Zeit bei einer Zwangsversteigerung ein Jugendstilaltbau für einen Preisaufschlag von 60 Prozent auf den Gutachterwert an einen neuen Besitzer.
Die Bieterschlachten an deutschen Amtsgerichten verraten, wo derzeit die größere Rallye tobt: nicht an der Börse, sondern bei Zinshäusern in den besten Wohnvierteln der Großstädte. Während der Dax trotz eindrucksvoller Kursgewinne noch 13 Prozent unter seinem Rekordstand von 2007 dümpelt, haben die Immobilienpreise in den begehrten deutschen Großstädten ihr Vorkrisenniveau längst erreicht.
14 Milliarden Euro haben Investoren vergangenes Jahr in deutsche Mehrfamilienhäuser gesteckt, schätzt das Maklerhaus Engel & Völkers. Das ist fast so viel wie die gesamten Investitionen in Gewerbeimmobilien, also Büros und Einzelhandelsobjekte.
Aufgeheizte Toplagen: 25fache Jahreskaltmiete ist keine Seltenheit
Gefragt waren vor allem die Metropolen. "In Hamburg und München kosten Mehrfamilienhäuser bereits wieder so viel wie auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms vor drei Jahren, als ausländische Investoren stark in Deutschland kauften", sagt Carsten Rieckhoff, der bei Engel & Völkers das Research leitet.
Rieckhoff hat mit seinen Kollegen aus mehr als 30 Maklerbüros eine Studie zum bislang wenig transparenten deutschen Markt für Mehrfamilienhäuser erstellt. Solche Zinshäuser gelten seit Jahrzehnten als stabile Geldanlage; seit der Finanzkrise investieren zunehmend auch Manager, Unternehmer oder Ärzte in die vermieteten Wohnimmobilien. Der Ansturm hat Folgen: In Düsseldorf, Hamburg und München liegen die durchschnittlichen Bruttorenditen für Mietshäuser in sehr guten Lagen unter 5 Prozent. Dort wird oft mehr als das 25-Fache der jährlichen Kaltmiete als Kaufpreis verlangt.
Kernaussage der Engel-&-Völkers-Untersuchung, die manager magazin exklusiv vorliegt, ist deshalb eine klare Warnung: Wer jetzt noch als privater Investor in den deutschen Markt für Zinshäuser einsteigen will, sollte die vermeintlichen Toplagen in den großen Metropolen tunlichst meiden. Und sich stattdessen anderweitig umsehen.
Der Charme der vermeintlichen B-Lagen
Denn es gibt durchaus noch Einstiegschancen. Basierend auf der Studie des Maklerhauses, hat manager magazin ein Ranking der interessantesten deutschen Immobilienstandorte entwickelt. Die besten Investitionsmöglichkeiten bieten demnach mittelgroße Städte wie Wiesbaden, Aachen oder Freiburg.
Anleger, die es trotzdem in die Millionenmetropolen zieht, sollten zumindest auf vermeintliche B-Lagen ausweichen: Barmbek statt Winterhude in Hamburg und Ludwigsvorstadt statt Schwabing in München. Wer diese Grundregel beherzigt, hat trotz der gestiegenen Häuserpreise noch immer gute Aussichten auf eine wertbeständige Anlage.
Denn der Run auf die Immobilie hat gute Gründe. Wohneigentum bringt Risikoschutz und Stabilität ins Depot, weil deutsche Häuserpreise nicht so stark schwanken wie die Kurse der Aktien. In Zeiten steigender Verbraucherpreise und Zinsen bieten Immobilien außerdem einen besseren Inflationsschutz als Anleihen, deren Zinsen auf Jahre hinaus festgeschrieben sind.
"Anleger sollten 20 bis 25 Prozent ihres Vermögens breit gestreut in Immobilien investieren", sagt Stefan Keitel, der die weltweite Anlagestrategie der Vermögensverwaltung von Credit Suisse verantwortet. Zu diesem Rat kommt Keitel aufgrund von Computersimulationen, die errechnen, wie sich Anlegerdepots in unterschiedlichen Zukunftsszenarien entwickeln würden.
Tatsächlich haben die deutschen Kunden der Schweizer Bank weit mehr in Immobilien angelegt, im Durchschnitt 60 Prozent des Vermögens, selbst wenn man das eigene Heim nicht mit einrechnet.
Zinshäuser: Mehrfamilienhäuser bringen mehr Rendite
Zinshäuser sind für Vermögende die beliebteste Art, in Immobilien anzulegen. Die Mehrfamilienhäuser bringen im Durchschnitt 1 bis 2 Prozentpunkte mehr Rendite als Eigentumswohnungen, sagt Immobilienexperte Rieckhoff. Denn trotz der gewaltigen Nachfrage ist die Bieterkonkurrenz in diesem Segment noch immer niedriger. In Hamburg etwa liegt der durchschnittliche Kaufpreis eines Zinshauses bei 1,8 Millionen Euro. Da können viele nicht mitbieten, die sich für einzelne Wohnungen interessieren. Außerdem sind die Verwaltungskosten für ein ganzes Haus günstiger.
Immobilienfonds, bei denen Anleger ihr Geld einer Gesellschaft anvertrauen, die dann in Häuser investiert, haben hingegen in den vergangenen Monaten deutlich an Anziehungskraft verloren. Vor allem die offenen Immobilienfonds, bei denen Anleger (wenigstens theoretisch) jederzeit ihr Geld zurückfordern können, stecken in der Krise.
Als 2008 viele Investoren gleichzeitig an ihr Kapital wollten, setzten mehrere Fonds die Rückgabe aus. Inzwischen werden drei der Investmentvehikel aufgelöst, die Immobilien verkauft - mit zweistelligen Prozentverlusten für die Besitzer. Bei neun weiteren Fonds kommen Anleger nicht an ihr Geld.
Um die Massenflucht der Anleger künftig zu verhindern, plant die Koalition in Berlin nun eine zweijährige Mindesthaltefrist, gefolgt von einer einjährigen Kündigungsfrist. "Das Grundproblem der offenen Immobilienfonds ist damit jedoch nicht gelöst", sagt Matthias Weinbeck von der bankunabhängigen Fondsgesellschaft Sauren. Es bleibe die Frage, wie eine neue Fondskrise ausgeschlossen werden solle, wenn spätestens in drei Jahren doch wieder alle Anleger verkaufen könnten.
Riskantes Windhundrennen in den Toplagen
Geschlossene Immobilienfonds wiederum haben den Nachteil, dass der Anleger auf Jahre hinaus darin gefangen ist - auch, wenn die Fondsgesellschaft ihr Renditeversprechen nicht einhält. Viele sitzen noch heute auf unverkäuflichen Fonds aus den 90er Jahren, die in Kinos oder unvermietbare Bürotürme investierten und noch nie Gewinn ausgeschüttet haben.
Bleibt also die Direktanlage. Bloß wo? "In den gefragten Lagen ist der Markt so gut wie leer", berichtet René Stadtmüller, Immobilienexperte des Frankfurter Vermögensverwalters RSM Advisors. Anders als im Rekordjahr 2007, in dem Zinshäuser für 23,3 Milliarden Euro den Besitzer wechselten, möchte heute kaum jemand verkaufen - nicht zuletzt aus Mangel an Anlagealternativen.
Und wenn doch einmal ein Mehrfamilienhaus am Markt angeboten wird, erhalten Interessenten oft schon bei der ersten Besichtigung den Hinweis des Maklers, dass Eile geboten sei. "Wer dann eine Immobilie vor Vertragsabschluss erst noch umfangreich begutachten lassen will, muss damit rechnen, dass der Makler das Objekt einfach einem anderen Interessenten verkauft", berichtet Katharina Feddersen, Baurechtsexpertin der Hamburger Kanzlei Graf von Westphalen.
Doch nicht nur dieses Windhundrennen spricht gegen die vermeintlichen Toplagen. Auch die Preisentwicklung in den größten Städten macht die Immobilienanlage zunehmend unrentabel. "Viele Investoren sind wegen der drohenden Inflation bereit, bei Immobilien eine Brutto-Anfangsrendite von nur noch 4 Prozent in Kauf zu nehmen", sagt Volker Gerstenmaier von der Stuttgarter Privatbank Ellwanger & Geiger.
Gute Einstiegsmöglichkeiten an den Rändern der Metropolen
Wenn man die Nebenkosten für Erwerb und Verwaltung berücksichtige, sinke die Rendite auf 3 bis 3,5 Prozent. "Das ist wenig, denn die Mieten können nicht unbegrenzt an die Geldentwertung angepasst werden", warnt Gerstenmaier. Er hält die Häuserpreise in guten Lagen der Metropolen für "deutlich zu hoch" und rechnet mit einem Preisrutsch.
Tatsächlich liegen die Regionen, in denen der deutsche Markt für Zinshäuser nach wie vor attraktive Einstiegsmöglichkeiten bietet, woanders: in mittelgroßen Städten und am Rande der großen Ballungsräume. "Wir empfehlen zum Beispiel Regensburg, Ulm oder Ingolstadt", sagt Christian Kreuser, Leiter Private Banking bei der auf Honorarberatung spezialisierten Quirin Bank.
An solchen Standorten, die über eine wachsende Bevölkerung und in der Regel eine attraktive Universität verfügen, biete der Immobilienmarkt deutlich bessere Bedingungen, meint er. "Wichtig ist, dass es sich um Zuzugsgebiete mit einer guten Infrastruktur und einem boomenden Arbeitsmarkt handelt", sagt Kreuser.
Auch an den Rändern der Metropolen gibt es noch gute Einstiegsmöglichkeiten. "Im Hamburger Umland sind zum Beispiel Lüneburg oder Stade interessant", glaubt Jörg Laser, Vorstand der Hamburger Privatbank Donner & Reuschel. Dort seien vergleichbare Immobilien teilweise um die Hälfte günstiger als im Zentrum der Hansestadt.
"Investoren sollten in B-Lagen schauen"
Um Immobilieninteressenten die Suche nach attraktiven Alternativen zu den überteuerten Topstädten zu erleichtern, hat manager magazin eine Rangliste der wichtigsten Zinshausstandorte erstellt. Grundlage der Analyse sind die Daten von Engel & Völkers zu Anfangsrenditen, Miettrends, Kaufpreisentwicklung und Liquidität der Märkte. Weitere Kriterien sind das Verhältnis von Wohnungsangebot und Nachfrage sowie die wirtschaftliche Dynamik. Dafür fließen auch Daten des Statistikamts Destatis, des Bundesamts für Bauwesen sowie das HWWI-Berenberg-Städteranking 2010 in die Wertung ein.
Auf dem Spitzenplatz liegt Wiesbaden, gefolgt von Aachen und Freiburg. Die attraktiven Standorte zeichnen sich dadurch aus, dass Wohnungen, gemessen an der Nachfrage, knapp sind. Außerdem gibt es Punkte für eine möglichst hohe Anfangsrendite, für zuletzt steigende Mieten und Kaufpreise sowie für einen möglichst großen Mietshausmarkt, damit Anleger auf Wunsch binnen weniger Monate verkaufen können. Die im Ranking führenden Städte verfügen noch dazu über gute Wirtschaftsaussichten und steigende Einwohnerzahlen.
Bemerkenswert: Trotz bereits recht niedriger Anfangsrenditen in guten Lagen schafft Berlin es auf den fünften Platz. Für die deutsche Hauptstadt sprechen steigende Mieten, beschleunigt kletternde Kaufpreise und der mit Abstand größte Zinshausmarkt der Republik.
Flexible Anleger können ihren Ertrag beträchtlich steigern. Denn dass die Anfangsrendite für Mietshauskäufer in Wiesbaden um fast 50 Prozent höher ist als in Düsseldorf, liegt nicht an versteckten Risiken der ehemaligen nassauischen Residenzstadt. Der Hauptgrund für solch große Preis- und Renditeunterschiede ist, dass es kaum jemanden gibt, der die höchst attraktiven Renditen in einer anderen Stadt verdienen möchte als in der, in der er lebt - aus Unkenntnis und Bequemlichkeit.
"Die meisten Immobilienanleger kaufen nur auf ihrem Heimatmarkt", sagt Christian Wittke, Immobilienexperte der Berenberg Bank. Nur große Family Offices, die für ihre Kunden mehr als 50 Millionen Euro Vermögen verwalteten, blickten über die Grenzen der eigenen Stadt hinaus. Ein Fehler, findet Wittke: "Investoren sollten in B-Lagen schauen."
Die hohe Kunst der Preisfindung
Die richtige Lage zu finden ist indes nicht das allein entscheidende Kriterium für ein gelungenes Immobilieninvestment. Anders als beim Kauf börsengehandelter Wertpapiere ist die Preisfindung für eine Immobilie eine komplizierte Angelegenheit. Die Nebenkosten beim Kauf liegen zwischen 7 und 10 Prozent des Hauspreises, sagt Andreas Ferstl, Gründer von FO Consulting, der reiche Familien bei der Geldanlage berät. In Hamburg und Berlin beträgt die Grunderwerbssteuer schon 4,5 Prozent, andernorts in der Regel 3,5 Prozent. "Für Notar und Grundbuchamt werden 1,5 Prozent fällig, der Makler verlangt je nach Marktlage und Bundesland zwischen 2 und 5 Prozent", so Ferstl.
Vermeiden lässt sich der größte Teil der Nebenkosten nicht, denn die meisten Käufer sind angewiesen auf professionelle Beratung, etwa juristischer oder bautechnischer Art. "Ich würde keinem unerfahrenen Privatkunden raten, auf eigene Faust ein Mehrfamilienhaus zu kaufen", warnt Jan Borchers, Leiter des Immobilienteams bei UBS Sauerborn.
So müsse beispielsweise durch ein Wertgutachten sichergestellt sein, dass sich Mängel oder Renovierungsbedarf der Immobilie im Preis widerspiegeln. Ein angemessener Kaufpreis mit ausreichendem Wertsteigerungspotenzial sei für die Gesamtrendite von fundamentaler Bedeutung, sagt Borchers.
Als vernünftigen Ausgangspunkt für die Bewertung einer vermieteten Wohnimmobilie empfiehlt Donner&Reuschel-Mann Laser das 15-Fache der jährlichen Mieteinnahmen: "Bei allem, was darüber hinausgeht, muss der höhere Preis durch besondere Erwartungen hinsichtlich der Wertsteigerung gerechtfertigt sein." Dies könne etwa in besonders begehrten Lagen oder sehr wachstumsstarken Regionen der Fall sein.
Vor allem in Randlagen, deren langfristige Entwicklung unsicher ist, raten Experten zudem davon ab, einen Großteil des Kaufpreises über Kredite zu finanzieren. "Ansonsten kann die Mietrendite die Finanzierungskosten womöglich nicht mehr kompensieren, wenn in einigen Jahren das Zinsniveau deutlich gestiegen sein sollte", warnt UBS-Mann Borchers. Deswegen sei auch eine rasche Tilgung des fremdfinanzierten Kaufpreisanteils ratsam.
Neben den Verhandlungen über Kaufpreis und Finanzierungsbedingungen müssen Investoren auch im momentanen Verkäufermarkt darauf drängen, rechtliche Risiken im Kaufvertrag zu adressieren und eventuelle Belastungen des Grundstücks zu prüfen. Vor allem beim Kauf von Altbauten sollte das Thema Schwammbefall unbedingt im Vertrag angesprochen werden, empfiehlt Baurechtsexpertin Feddersen.
Business-Plan für jede Immobilie
Besonders wichtig für Investoren ist zudem die genaue Prüfung des Hauses vor dem Kauf. Ein Mehrfamilienhaus ohne eingehende Begutachtung zu erwerben, nur um damit vermeintlichen Mitbietern zuvorzukommen, halten Experten für grob fahrlässig. "Von der ersten Besichtigung bis zum Kauf vergehen meist sechs bis acht Wochen", sagt Wittke. "Das ist ungewohnt für Anleger, die sonst sekundenschnell am Computer Aktien oder Anleihen kaufen."
Ein technisches Gutachten (Due Diligence) von einem großen Prüfunternehmen kann leicht 15.000 Euro kosten. Dort werden auf 40 oder 50 Seiten die Mängel eines Hauses detailliert aufgeführt. Mehrere Seiten lang sind allerdings auch die Rechtshinweise, mit denen die Gutachter jede Verantwortung ablehnen.
Zudem sind Gutachter oft mit dem Verkäufer verbandelt. Daher sollten Interessenten unbedingt ihren eigenen Gutachter suchen - und nicht auf Empfehlungen des Maklers, der Bank oder eines Notars vertrauen. Sonst geht es Käufern wie jenem dänischen Geschäftsmann, der ein Zinshaus in Bremen erwarb. Der auf Vermittlung des Maklers engagierte Gutachter schätzte die Instandhaltungskosten für die kommenden zehn Jahre auf eine Million Euro. Nach dem Kauf stellte ein unabhängiger Gutachter fest, dass das Siebenfache davon dringend nötig war.
"Ein Gutachter sollte bei Gericht tätig sein, das ist ein Qualitätsmerkmal", rät die Prokuristin einer großen Wohnungsverwaltungsgesellschaft mit 20 Jahren Branchenerfahrung. Interessenten sollten gemeinsam mit dem Gutachter das Haus besichtigen und vorher vom Verwalter verlangen, die Mieter schriftlich um ihre Anwesenheit zu bitten. "Ich würde darauf dringen, mindestens 20 Prozent der Wohnungen zu sehen, auch wenn viele schon mit 10 Prozent zufrieden sind", sagt sie. Oft helfe es, einfach an Wohnungstüren zu klingeln. Denn: "Der Makler zeigt ihnen vielleicht nur die paar Wohnungen, die renoviert sind, und der Rest ist Bruch", warnt die Immobilienexpertin.
Sanierungskosten sind schwer zu beherrschen
Ebenso gefährlich ist es, unsanierte Häuser zu kaufen. Zwar sind die Preise niedriger, aber die Risiken sind nur für Sanierungsexperten zu beherrschen. Einfach einen Architekten und eine Baufirma zu beauftragen kann im Desaster enden, so wie bei einer Berliner Unternehmerfamilie. Die hatte ein Mehrfamilienhaus in Charlottenburg gekauft und von einer Luxussanierung geträumt - der Bauunternehmer war jedoch trotz des Vertrags nur zu einer flüchtigen Sanierung bereit. Der Fall endete vor Gericht, der Prozess dauerte fünf Jahre. Zeitweise konnte die Familie Wohnungen nicht vermieten, weil sie die umstrittenen Mängel nicht beheben durfte.
Die laufenden Kosten nach dem Kauf und die Investitionen für Renovierungen und Reparaturen schluckten rund 20 Prozent der Miete bei Häusern, die älter als 20 Jahre seien, sagt Berenberg-Immobilienexperte Wittke. "Investoren sollten einen Business-Plan für jede Immobilie erstellen", empfiehlt er. Darin sollte stehen, welche Investitionen sie in den kommenden Jahren erwarten. Für vieles braucht man keinen Bauingenieur: Leicht feststellen lässt sich, in wie vielen Wohnungen Küchen oder Bäder älter als zehn Jahre sind. Hier werden rund 3500 Euro für eine neue Küche und 2000 Euro pro Bad fällig, wenn ein Mieter auszieht.
Die Kosten für die Wohnungsverwaltung betragen 5 bis 6 Prozent der Nettokaltmiete. Oft nennen Wohnungsverwalter niedrigere Prozentsätze von unter 4 Prozent, beziehen sich aber auf die Bruttokaltmiete: Das ist die Nettomiete plus Betriebskosten und gegebenenfalls Mehrwertsteuer bei Gewerbekunden.
Doch selbst wer günstige und gute Berater und Verwalter findet und beim Kauf alles richtig macht, sollte wissen, wie schnell er nötigenfalls verkaufen kann. Derzeit ist das in Großstädten kein Problem: "Wenn Sie keine überzogenen Preisvorstellungen haben, können Sie ein Mehrfamilienhaus innerhalb von drei Monaten veräußern", sagt Privatbanker Gerstenmaier von Ellwanger & Geiger.
Allerdings sollte man zu diesem Zeitpunkt mindestens die Kaufnebenkosten von 8 oder 9 Prozent verdient haben, um nicht darauf sitzen zu bleiben. Wer das 20-Fache der Jahresmiete bezahlt hat, braucht dafür mindestens zwei Jahre - und hat dann noch immer nichts verdient auf sein Kapital.
Wer dagegen langfristig denkt und seine Investitionsentscheidung nicht davon abhängig macht, ob nur ja die Jugendstilfassade auch prächtig genug ist, kann sich über stabile Einnahmen freuen. So wie jener Landwirt, der einen Teil der Einnahmen aus seinen Hühnerfarmen in mehreren unscheinbaren Häusern aus rotem Backstein im Hamburger Stadtteil Barmbek angelegt hat. An seinen Mietskasernen verdient er jährlich 6 Prozent und ist damit zufrieden.
"Meine Hühner", sagt der Viehwirt und Vermieter, "schaffen nicht so viel Rendite."
Analyse: Die Regionen im Einzelnen
Interview: "Es gibt Warnhinweise"