Mercedes E 250 CDI Das Raubein

Die Mercedes E-Klasse hat an Volumen zugelegt und ist jetzt nur noch 1,7 Zentimeter schmaler als die Luxus-S-Klasse. Der Spritverbrauch des E 250 CDI lässt sich auf 6,8 Liter senken - ein sehr beachtlicher Wert für so viel Komfort und Technik. Das hat seinen Preis: Der Öko-Diesel fährt zwar sparsam, aber nicht gerade sehr sanft.

So stellt man sich die Kernkäuferschicht der Mercedes-E-Klasse vor: Das Jackett abgelegt, die Hemdsärmel aufgerollt, der Händedruck fest, eine edle Uhr am Arm und die Selbstgewissheit eines bodenständigen Fabrikanten in den Augen, dem das Unternehmertum von beiden Familienseiten vererbt worden ist.

So wie Hannes Steim, Geschäftsführer des Spiralfederherstellers Carl Haas und seit Anfang des Jahres Mitbesitzer der legendären Uhrenmarke Junghans. Bei genauerer Betrachtung hat der 31-Jährige indes wenig gemein mit dem Klischee eines Daimler-Besitzers aus der Provinz: Hannes Steim hat seinen MBA in den USA gemacht, und seine Leidenschaft gehört den Sport- und Rennwagen unter den 100 Exponaten der Autosammlung, die seine Familie im heimischen Schwarzwald-Städtchen Schramberg ausstellt.

So gerüstet, nähert sich Steim dem Testwagen mit Kennerblick - und attestiert der neuen E-Klasse eine "Cadillac-Kante" am Heck: Der vertikale Knick in der Mitte der Kofferraumhaube sehe aus wie das zentrale Stilelement der amerikanischen Straßenkreuzer aus den 70ern.

Mit automobiler Expertise analysiert Steim dann auch die Technik des neuen Dieselmotors, mit dem Mercedes den oft kritisierten Flottenverbrauch und Schadstoffausstoß der Marke senken will: Der Vierzylinder, 204 PS stark, stößt bei einem Normverbrauch von 5,3 Litern nur 139 Gramm CO2 je Kilometer aus. Allerdings zum Preis einer rauen Motorkultur. Ein nagelndes Außengeräusch, grobschlächtige Vibrationen und ein Gurgeln beim Gasgeben erinnern Hannes Steim "an alte Vorkammer-Diesel der 50er und 60er Jahre".

Der Eindruck verstärkt sich auf den steilen Serpentinen der Bundesstraße, die zwischen zwei Schramberger Ortsteilen mal eben 350 Höhenmeter und die Wasserscheide zwischen Rhein und Neckar überwindet. Dort hängt der Spardiesel der neuen E-Klasse zwar brav am Gas und überholt ebenso mühelos wie zügig, was sich auf der rechten Spur bergauf quält. Doch die Insassen wünschen sich mehr Laufruhe.

"Bei so viel Überwachung fühle ich mich entmündigt"

Nicht nur der Motor vibriert. Im Lenkrad schlägt der Spurhalteassistent jedes Mal Alarm, wenn der Fahrer die Mittellinie der Straße überfährt - was auf den wenig befahrenen, aber stark gewundenen Schwarzwald-Sträßchen meist gefahrlos ist. Und eben nicht durch neunmalkluge Assistenzsysteme geahndet werden sollte, findet Hannes Steim.

Leicht genervt reagiert der Tester jedoch, als sich auch noch der "Totwinkelwarner" mit grellem Blinken im Außenspiegel und durch ein lautes Piepsignal meldet. "Wahrscheinlich ist das alles gut gemeint", sagt Hannes Steim. "Aber bei so viel Überwachung fühle ich mich als Fahrer entmündigt."

Gefallen findet der Tester hingegen an den Warnungen vor Tempolimits, die von einer Außenkamera sondiert und im Tacho als große Hinweise eingeblendet werden. "Die helfen, den Führerschein zu behalten", lobt Hannes Steim. Denn das zweistufig einstellbare Fahrwerk ist so effektiv, dass der Fahrer oft schneller unterwegs ist, als er darf.

Insgesamt lautet Steims Urteil: passabel. Die Ausstattung, vor allem die aufwendigen Sitze, die Verarbeitung und die Wertanmutung der neuen E-Klasse sind tipptopp, findet der Jungunternehmer, "wie immer bei Mercedes". Doch manches der neuen Technik überzeugt ihn nicht. Vor allem der Spritverbrauch von 7,7 Litern während der Schwarzwald- Tour-de-Force scheint ihm zu hoch. Der gebrauchte BMW 530d Touring, den sich Hannes Steim unlängst als Dienstwagen gekauft hat, verbraucht nach seinen Aussagen weniger.


mm-Kritik: Die neue E-Klasse hat an Volumen zugelegt und ist jetzt nur noch 1,7 Zentimeter schmaler als die Luxus-S-Klasse. Manche Garage wird dann schon sehr eng. Mit ein bisschen Übung lässt sich der Spritverbrauch des Öko-Diesels unter die Werte der Gebirgstestfahrt senken: auf nur noch 6,8 Liter im Schnitt - ein sehr beachtlicher Wert für so viel Ausstattung, Komfort und Technik.

Technik: Vierzylinder-Turbodiesel mit 204 PS (150 kW); Spitze 242 km/h.

Preis (E 250 CDI): ab 44.506 Euro.

Showroom: Mercedes E 250 CDI

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