Kolumne Das Schweigen der Manager
Keiner traut sich. Der Bürger traut den Unternehmen nicht, den Banken schon gar nicht, die Banken trauen sich gegenseitig nicht, auch Staat und Banken belauern sich, den Ratingagenturen traut ohnehin niemand mehr, die Börsen spielen verrückt. Was als Subprime-Krise begann, hat sich zur globalen Vertrauenskrise ausgeweitet. Das heißt im Kern: Geld fließt nicht mehr dahin, wo es gebraucht wird. Die Folge ist rasender Stillstand.
Nun wird alles Wissenswerte über Vertrauen zusammengekratzt: dass es das Öl der Wirtschaft sei, dass es schnell zerstört, aber nur langsam wieder repariert sei, dass dieser weiche Faktor am Ende doch der einzig harte sei. Und dass man es nur so wieder aufbauen kann: Es braucht jemanden, der den ersten Schritt tut, der durch die Flammenwand des Zweifels geht, ohne wissen zu können, ob die Entdeckung auf der anderen Seite den Aufwand lohnt. Es braucht jemanden, eine Institution, eine gewichtige Person, die den Anfang macht, die mit vollem Risiko ins Vertrauen springt.
Wer macht das, wer kann das? Nur jemand mit großem Selbstvertrauen. Denn wirklich ins Risiko geht nur, wer sich innerlich sicher fühlt, über ein hohes Maß an innerer Gelassenheit und Ich-Stärke verfügt. Das sind Menschen, die nicht zögern oder verzagt sind, die sich nicht vorschnell Meinungen anderer unterwerfen, sozialem Druck nachgeben oder Initiative vermissen lassen, wo entschiedenes Handeln angezeigt wäre. Manager also?
Gerade aber in diesen Zeiten, wo allenthalben nach der sichtbaren Faust des Staates über der unsichtbaren Hand des Marktes gerufen wird, wo Feuilletonisten, die noch nie ein Unternehmen von innen gesehen haben, die "Pleite der letzten Utopie" und das "Ende des Kapitalismus" herbeireden, da lassen sich Manager nicht blicken.
Wo sind sie, die doch bis in die gesellschaftliche Spitze befördert wurden und betriebsintern so gern den Anspruch des Vorbildlichen erheben? Nirgends.
Abend für Abend die gleichen Bilder: Die Herz-Jesu-Abteilung mit Geißler und Blüm schwadroniert moraltriefend und von jedem Selbstzweifel ungetrübt über allerlei Wünschbares, die ölige Luxuslinke von Lafontaine und Wagenknecht kommt vor Schenkelklopfen aus der Puste, und höchstens ein paar Abgestandene, Kopper, Poullain, Henkel, mimen die Widerständigen, aber auch sie eher betreten: "Übertreibungen, ja, ja, Raubtierkapitalismus, nein, nein, und gegen überhöhte Gehälter sowieso."
Nicht handeln heißt zustimmen
Wer steht auf und erklärt den Leuten, dass sich hinter dem beschönigenden Wort "subprime" die politisch gewollte Preissenkung für Risiko verbirgt, mithin der Kauf von Wählerstimmen? Wer steht auf und sagt klipp und klar, dass gerade hier kein Marktversagen vorliegt, sondern ein Staatsversagen? Wer steigt in den Ring und kämpft dafür, dass ein freier Markt auch freie Bürger macht, dass wirtschaftliche Freiheit auch Einkommensunterschiede verringert und dass Freiheit ein letztlich unverrechenbarer Wert ist?
Offenbar niemand. Die Manager stehen vielmehr naserümpfend abseits, so als hätte ihnen jemand zugerufen: Macht euch nicht die Hände schmutzig! Der Spuk wird sich legen! Gar nichts wird sich da legen, da wird nämlich das ganz große Andere vorbereitet. Wollen wir das?
Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass man nicht ohne Blessuren aus solchen Debatten herauskommt. Und ich weiß auch, wie die Besetzungslisten von Talkshows zustande kommen, und kann mir daher nicht vorstellen, dass unsere Spitzenmanager nicht eingeladen werden. Sie kneifen. Sie überlassen das Feld den Schwadroneuren. Sie nutzen nicht einmal die kleine Chance, ökonomischen Sachverstand zu vertreten und den bürgerlichen Lebensstil zu verteidigen. Wer aber schweigt, wenn wieder dummes Zeug gedampfplaudert wird, hat sein Einspruchsrecht verspielt. Und der vergeht sich an einer Zukunft, die von Respekt vor dem Eigentum, Rechtsstaatlichkeit und freier Vertragswahl gekennzeichnet sein sollte.
Natürlich ist niemand verpflichtet, sich vor einem Millionenpublikum verhauen zu lassen. Das steht in keiner Stellenbeschreibung. Aber was ist mit der Verantwortung gegenüber den vielen, die Sie auf dem Weg an die Spitze zurückgelassen haben? Die Ihnen nun folgen sollen? Verantwortung hat man nicht, man ergreift sie. Das rufen Sie Ihren Managern doch auch immer wieder zu, oder? Also, machen Sie den ersten Schritt. Trauen Sie sich! Ergreifen Sie Verantwortung. Tun Sie das, was Sie auch von Ihren Mitarbeitern erwarten. Nicht handeln heißt zustimmen.
Oder ist genau das Ihr Problem?