Langstrecke Billig-Business
Es gibt ihn tatsächlich, diesen Moment der Dankbarkeit, Kunde eines Billigfliegers zu sein. Denn die Lounge am Londoner Flughafen Gatwick teilt sich der Businessclass-Reisende der Hongkonger Fluglinie Oasis mit den privilegierten Passagieren so illustrer Airlines wie Air Zimbabwe, Azerbaijan Airlines und Cubana.
Einen Handlungsreisenden kann es also deutlich schlimmer erwischen, als zwölf Stunden einer Fluggesellschaft ausgeliefert zu sein, die mit dem Slogan "Niedrige Kosten für die Langstrecke" um Vertrauen wirbt, denkt sich der Besitzer des Oasis-Tickets. Entsprechend gewährt er dem übrigen Business-Prekariat beim Kampf um das, was sie in England frisch gepressten Orangensaft nennen, wohlwollend Vortritt.
Die grundsätzlichen Zweifel aber bleiben: Was taugt die Businessclass des Langstreckenpioniers unter den Billigfliegern, der ab 2008 auch von Berlin und Köln/Bonn nach Hongkong fliegen will? Und was ist von einem Hin- und Rückflug für 1900 Euro zu erwarten, wenn British Airways 3500 Euro und Cathay Pacific, der Marktführer auf der Strecke, sogar 4000 Euro verlangen?
Zumindest schon mal kein neues Flugzeug: Die Maschine, eine von Singapore Airlines ausgemusterte Boeing 747-400, ist fast 20 Jahre alt. Die Innenverkleidung sitzt nicht mehr überall fest, und unter dem Vordersitz liegt auch schon mal ein Fetzen Schaumstoff. Aber das Flugzeug ist insgesamt in einem ordentlichen Zustand, es wird unter anderem von der Lufthansa gewartet. Die Maschinen, die Oasis gerade für die Expansion gekauft hat, sind deutlich jünger.
Die sieben Schlafsitze pro Reihe bieten ausreichend Platz, der Abstand zur Vorderreihe beträgt rund 1,40 Meter - ungefähr so viel wie in der neuen Businessclass von Lufthansa. Allerdings ist der lila Stoff nicht nur verdammt retro, sondern auch ziemlich abgewetzt. Und der Liegekomfort orientiert sich eher an asiatischen Körpergrößen. Für die Hälfte der Fluggäste, die Europäer sind, gilt: Wer über 1,80 Meter ist, muss beim Schlafen die Beine anwinkeln.
Essen lauwarm, Service herzerwärmend
Nur bedingt tauglich ist das Unterhaltungsprogramm: Zwar gibt es 16 Video- und 12 Audiokanäle, doch Bild- und Tonqualität sind suboptimal.
Immerhin zeigt Oasis Selbstironie: Wer keine Lust auf Scarlett Johansson oder Tom Cruise hat, kann sich dank Al Gores Klimawandeldokumentation "Eine unbequeme Wahrheit" über den eigenen Beitrag zur Umweltverschmutzung informieren.
Das Essen kann geschmacklich mit den Kochkünsten der Bahn mithalten. Allerdings würde es der ein oder anderen Portion gut tun, wenn sie etwas länger in der Mikrowelle bliebe: Die Mahlzeiten sind nur lauwarm. Auch was die Trefferquote beim Weineinschenken angeht, kann die Crew noch dazulernen.
Doch während des gesamten Fluges - Snacks und Getränke gibt es unbegrenzt - ist die überaus freundliche und sehr junge Besatzung äußerst engagiert. Laufend kommt jemand vorbei, bettelt geradezu um einen Auftrag und bedankt sich artig. Als eine Stewardess mitbekommt, dass einige Passagiere wissen wollen, wie das Champions-League-Finale ausgegangen ist, gibt der Kapitän das Ergebnis kurz darauf durch.
Fazit: Der Service hat nicht mal ansatzweise Billigflieger-Flair, echte physische und psychische Qualen stellen sich während des gesamten Fluges nicht ein. Nur einmal wird einem ein wenig mulmig: Die Sicherheitsvorkehrungen liest der Kabinenchef so konsequent vom Blatt ab, dass der Reisende hofft, er möge den Zettel im Fall der Fälle auch griffbereit haben.