Der neue Porsche 911 trumpft mit klassischen Sportwagen-Qualitäten auf. Zu diesem Urteil kommt Beiersdorf-Chef Rolf Kunisch, der die sechste Ausgabe des Klassikers für manager magazin getestet hat.
Eine persönliche Beziehung zum Porsche 911? Nein, so weit geht Rolf Kunischs Expertise nicht. Der Vorstandsvorsitzende von Beiersdorf, der im Mai in den Aufsichtsrat wechseln wird, entwickelt im Alltag nicht einmal besondere Leidenschaften für Automobile im Allgemeinen: Den kurzen Weg von seiner Wohnung zur Hamburger Beiersdorf-Zentrale geht er am liebsten zu Fuß.
Sportwagen liegen dem 63-Jährigen besonders fern. "In meinem Alter", sagt er, "ist Bequemlichkeit kein Schimpfwort." Aber Kunisch hat ein besonderes Interesse an der neuesten, der sechsten Ausgabe des Sportwagen-Klassikers: Den Beiersdorf-Chef, mit Nivea und Hansaplast selbst hoch erfolgreicher Markenmanager, beschäftigt die Frage nach der Markenpflege. Stärkt der neue 911er wieder die Kernwerte von Porsche?
Das Vorgängermodell, die Baureihe 996, galt wegen seines wassergekühlten Motors als "Elfer für Warmduscher". Seine asymmetrischen, über der Stoßstange verbreiterten Scheinwerfergläser wurden als "Tränensäcke" verspottet.
Der Nachfolger erntet hingegen nur Lob: Die Scheinwerfer sind wieder schlicht elliptisch, die Maschine klingt fast so rau und bissig wie ein luftgekühlter Carrera Boxermotor aus den 80er Jahren. Der gesamte Auftritt ist schlank, pur, stilsicher. "Ein großartiges Auto", sagt Kunisch gleich beim ersten Anblick des gelben Sportcoupés: "Rassig, klassisch, unverwechselbar."
Dezenter Bürzel: Die elektrisch ausfahrbare Aerodynamikhilfe bleibt im Stadtverkehr eingeklappt
Foto: Manfred Witt
Showroom "Porsche 911" Bitte klicken Sie einfach auf ein Bild, um zur Großansicht zu gelangen.
Schon beim Anlassen zeigt sich, dass Kunisch jede Erfahrung mit Porsche fehlt: Das Zündschloss sucht er rechts an der Lenksäule - statt links im Armaturenbrett, wie bei allen Autos in der großen Tradition von Zuffenhausen.
Rolf Kunisch, der seinen Dienst-Mercedes 350 S gern selbst lenkt, hat wenig Muße, die sportlichen Qualitäten des neuen 911ers zu testen. Die Ausfahrt bleibt auf Hamburg begrenzt.
Umso mehr kann der Perfektionist auf die Details achten. So lobt er die Elastizität der Maschine: "Man braucht nicht zu schalten. Zwischen 35 und 100 Stundenkilometern ersetzt der dritte Gang die Automatik." Dass die Karosserie vorn so übersichtlich ist, wird ebenfalls wohlwollend vermerkt.
Konzentration auf das Wesentliche
In den Längsrillen des ramponierten Innenstadtasphalts fällt ihm auf, dass der neue Elfer fabelhaft die Spur hält. Die Lenkung empfindet Kunisch als präzise und leichtgängig. Auch die großen Bremsen des Testwagens finden sein Gefallen: "Gut dosierbar, superweich."
Kritik äußert Rolf Kunisch nur an der Innenausstattung. Hier hätte er sich mehr Holz und weniger Bedienknöpfe auf der Mittelkonsole gewünscht. Der Tacho, meint er, sei dank der ungleichmäßigen Skalierung unübersichtlich: "Die Nadel unterscheidet kaum zwischen 100 und 200 Stundenkilometern." Doch dann findet der Fahrer die große Digitalanzeige der Geschwindigkeit im zentralen Display und zieht diesen Kritikpunkt zurück.
Die Porsche-Entwickler, analysiert Kunisch, seien bei der Arbeit an dem neuen 911er exakt den Grundsätzen der Kaizen-Methode gefolgt: "Konzentration auf das, was man am besten kann. Und das dann immer weiter verbessern." Das falle umso leichter, so Kunisch weiter, wenn es - wie bei Porsche - nur um drei Baureihen gehe. Oder wie bei Beiersdorf um eine vergleichsweise geringe Zahl von Marken.
Der neue 911, so Rolf Kunischs Bilanz, sei für Porsche der richtige Schritt in die richtige Richtung und zum richtigen Zeitpunkt: "Die Rückkehr zu den Kernkompetenzen der Marke."
Oder, wenn er konkreter werden soll: "Eine Markenikone - wie unsere Nivea-Dose. Nur schneller."
Steckbrief
mm-Kritik: Der neue Porsche 911 bietet gleichermaßen Leistung und Temperament, Sicherheit und Komfort. Er liegt damit an der Spitze des aktuellen Sportwagen-Sortiments - und ist zugleich höchst alltagstauglich.