Wall Geld stinkt nicht
Seit 27 Jahren beglückt der Berliner Unternehmer Hans Wall (61) die Welt mit selbstreinigenden Klohäuschen, vollverglasten Bushaltestellen und dezent beleuchteten Plakatträgern. In über 40 Städten hat Wall seine so genannten Straßenmöbel inzwischen installiert.
Die Qualität gilt als vorbildlich, das Geschäftsmodell ist simpel: Für die Städte gibt's die Wall-Produkte umsonst. Im Gegenzug darf das Unternehmen die in die Stadtmöbel integrierten Plakatflächen vermarkten.
Unter der straffen Führung des Gründers, Vorstandsvorsitzenden und Mehrheitsaktionärs Hans Wall wuchs die Wall-Gruppe zu einem wackeren Mittelständler heran: 560 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2002 einen Umsatz von 88 Millionen Euro. So weit, so solide.
Bisweilen scheint Hans Wall das Klobusiness allerdings etwas zu langweilen. Immer wieder sorgt er mit eigenwilligen Aktionen für Schlagzeilen: Im August machte Wall den über eine Kokainaffäre gefallenen Fernsehmoderator Michel Friedman (47) zum Aufsichtsrat seiner nicht börsennotierten Aktiengesellschaft.
Vor einem knappen Jahr lieferte sich Wall mit dem schillernden Strukturvertriebler Mario Ohoven eine offene Feldschlacht um die Vorherrschaft im Bundesverband mittelständische Wirtschaft (siehe: "Die Geschichte des Mario O.", mm 11/2002).
Walls neuestes Projekt: Er will das kommunale Außenwerbungsunternehmen Deutsche Städte Medien (DSM) kaufen, das zur Privatisierung ansteht. Mit 256 Millionen Euro ist die DSM fast dreimal so groß wie die Wall-Gruppe. Zudem konkurriert Wall mit mächtigen Mitbietern wie dem europäischen Marktführer JC Decaux aus Frankreich.
Hindernisse, von denen sich Wall nicht einschüchtern lässt: "Wir haben bessere Produkte als unsere Wettbewerber, und Qualität setzt sich durch."
Jetzt steht Wall allerdings vor einem Problem, das typisch ist für familiengeführte deutsche Mittelständler. Wall benötigt dringend frisches Kapital, um seine eigenen Wachstumswünsche zu finanzieren. Doch der Patriarch tut sich schwer, den mit der Kapitalaufnahme zwangsläufig verbundenen Kontrollverlust hinzunehmen.
Der erste Versuch, einen Finanzinvestor in den Aktionärskreis der Wall-Gruppe zu integrieren, ist fehlgeschlagen. Im Jahr 2001 hatte sich der amerikanische Außenwerber Clear Channel mit 20 Prozent an der Wall AG beteiligt. Wall und Clear Channel schlossen ein Abkommen, wonach die beiden Unternehmen mit einer gemeinsamen Tochterfirma den US-Markt bedienen wollten.
Zwei Jahre später ist die Ehe am Ende
Zwei Jahre später ist die Ehe am Ende. Wall und Clear Channel konnten sich nicht darüber einig werden, wer in der US-Tochter das Sagen hat. Clear Channel kündigte das Kooperationsabkommen und sucht nach einem Käufer für seine Wall-Aktien.
Dass die Anteile laut Wall ausgerechnet dem Wall-Konkurrenten JC Decaux angeboten wurden, hat das Klima endgültig auf den Nullpunkt gebracht. Zu allem Überfluss zählt Clear Channel auch zu den Kaufinteressenten für die DSM.
Am liebsten möchte Hans Wall die Anteile von Clear Channel an seiner Firma selbst zurückkaufen. Doch diese Ausgabe käme zur Unzeit. Die Wall-Gruppe musste nach dem Ende der Kooperation mit Clear Channel erhebliche Vorleistungen für einen Auftrag der Stadt Boston allein aufbringen. Mit einem Jahresfehlbetrag von 2,7 Millionen Euro für 2002 steckt Wall in den roten Zahlen.
"In diesem Jahr werden wir wieder ein ausgeglichenes Ergebnis schaffen", verspricht Hans Wall. Er wünscht sich einen Private-Equity-Investor, der nicht nur die Clear-Channel-Anteile übernimmt, sondern darüber hinaus weitere Aktien der Wall AG kauft und so hilft, die DSM-Übernahme zu finanzieren. Doch die Öffnung des Unternehmens hat Grenzen. Wall: "Die Mehrheit bleibt in der Familie." Sohn Daniel, heute Marketingvorstand bei Wall, soll seinen Vater eines Tages an der Spitze ablösen.
Dass bereits ein Minderheitsaktionär mächtig nerven kann, musste Wall Ende August auf der nicht öffentlichen Hauptversammlung der Wall AG zur Kenntnis nehmen. Clear Channel hatte einen Bevollmächtigten entsandt. Der Vertreter des US-Konzerns traktierte Wall mit einem langen Fragenkatalog, der manager magazin vorliegt.
So erkundigte sich der Bevollmächtigte, ob Bedenken gegen die fachliche Eignung der neuen Aufsichtsräte bestünden und ob die Kontrolleure auf einen einwandfreien Leumund überprüft würden.
Die Antwort lautete: Nein. Friedman konnte ohne Vorlage eines Führungszeugnisses in die Dienste des Toilettenkönigs treten.