Entrepreneure des Jahres Fit mit Fun (III)
Die Freunde schneller Entscheidungen sind naturgemäß risikofreudiger. Das ist ihnen auch völlig bewußt. "Der Mittelständler setzt oft alles auf eine Karte", weiß Lambertz-Chef Bühlbecker. Da kann eine Sechs-Millionen-Mark-Investition für eine Produktionsstraße von Dominosteinen schon fast existenzgefährdend sein. So wie damals, als Bühlbecker mit 27 Jahren ins Familienunternehmen einstieg und beschloß, die Produktpalette des Printenbäckers systematisch zu erweitern.
Die Entrepreneure sind zwar gewiß keine Hasardeure, aber sie haben durchaus etwas von Spielertypen: "Bei großen Investitionen will ich ein Kribbeln im Bauch spüren. Ohne Netz am Trapez zu sein, das fasziniert", beschreibt zum Beispiel Heribert Trunk seine Gefühlslage, wenn es gilt, wichtige strategische Entscheidungen zu fällen.
Mit allem, was sie haben, verfolgen Entrepreneure eine Produktidee: entweder top oder flop. Beispiel Bruno Banani. Im Herbst 1993 wollte Wolfgang Jassner (57), über 16 Jahre angestellter Geschäftsführer in der Textilindustrie, endlich seine Idee umsetzen: die Produktion von Designerunterwäsche und das auch noch im deutschen Osten, in einem ehemaligen VEB-Betrieb.
Tote Hose, dachten damals viele sogenannte Branchenkenner. Nicht doch, sagte Jassner. Er kratzte zwei Millionen Mark zusammen, belieh sein Haus und legte los. Heute ist Bruno Banani neben Calvin Klein führend im von Jassner kreierten Segment für Designerunterwäsche. Aufgrund seines hohen Bekanntheitsgrades kann er bereits Lizenzen vergeben.
Jassner war felsenfest davon überzeugt, daß es diese Marktnische gibt. Er war geradezu besessen von seiner Idee. So ist es häufig bei Entrepreneuren: Missionarisches verbindet sich mit Visionärem.
Sie erkennen Märkte früher als andere. Zum Beispiel Michael Raum (33), Gründer der Sellbytel in Nürnberg und Entrepreneur des Jahres im Bereich Dienstleistung. Vor elf Jahren damals war er gerade mal 22 Jahre alt hat er ein Call-Center gegründet, als viele noch dachten, hinter dem Begriff verberge sich eine Bleibe für Callgirls. Inzwischen ist Sellbytel einer der Branchenführer (750 Beschäftigte, 46 Millionen Mark Umsatz).
Oder Erich Lejeune (55), Sieger im Bereich Handel. Er hat vor über 20 Jahren mit seiner CE Consumer Electronic AG den Handel mit Computerchips begonnen. Das war damals ein Novum. Lejeune erinnert sich: "Die Leute sagten: Der hat doch einen Schuß." Heute macht CE 46 Millionen Mark Umsatz und ist an der Börse rund eine Milliarde Mark schwer. Die neuen Macher sind innovativ und kreativ, jederzeit offen für neue und ungewöhnliche Ideen. Sie sind Meister im Improvisieren, handeln nach der Devise: "Geht nicht gibt es nicht."
Die Kreativität beschränkt sich nicht auf neue Produkte, sie zieht sich durch die gesamte Wertschöpfungskette. Weil Bühlbeckers Gebäckfirma Lambertz wenig Geld für Werbung ausgeben will, setzt der Chef auf Public Relations.
Bühlbecker sponsert das Kanzlerfest und den Ball des Sports, er macht Aktionen mit Prominenten wie Lindenstraßen-Mutter Beimer. Das zahlt sich aus: Lambertz ist fast so bekannt wie Konzernkonkurrent Bahlsen, der 100 Millionen Mark Werbegelder für einen neuen Schokoriegel namens "Pick up" ausgibt.
Innovativ sind Entrepreneure auch in der Organisation. Sie bilden virtuelle Netzwerke. Bruno Banani zum Beispiel hat fast alles ausgelagert: PR, Vertrieb, ja selbst das Kernstück des Unternehmens das Design.
Friedrich von Bohlen und Halbach (36), Entrepreneur des Jahres in der Kategorie Start-up, bezeichnet sein Konzept als strategisches Kooperationsmodell. In seiner Branche könne er nicht alles selbst erfinden, meint der Chef des Heidelberger Bioinformatikunternehmens Lion Bioscience. Er gehe gezielt Partnerschaften mit anderen Unternehmen ein und forme damit einen virtuellen Firmenverbund.
So kooperiert von Bohlen mit der Firma Infogen, die eine Datenbank mit den Genanalysen von 50 000 Patienten aufgebaut hat. Mit der Software von Lion können diese klinischen Daten interpretiert werden. Pharmafirmen bekommen auf diese Weise zum Beispiel gezielt Informationen darüber, welche Gene die Wirksamkeit eines Medikaments beeinflussen.
Fit mit Fun (IV): Der Kunde ist König
Zurük zur Einleitung: Fit mit Fun (I)