Forum Leserbriefe
Wal-Mart:
Die Unternehmenskultur des US-Handelsriesen (mm 8/1998)
Wieder einmal sind in Ihrer August-Ausgabe die Ursachen des deutschen Dilemmas transparent dargestellt worden: Auf der einen Seite der kundenorientierte Wal-Mart-Konzern, USA, mit Wir-Gefühl, selbstverständlichen 24-Stunden-Öffnungszeiten und freundlichem "Greeter" im Eingangsbereich der Filialen, nur ein paar Seiten vorher die kostensparende Lufthansa, Deutschland, in der man überlegt, wie man Service und Catering noch weiter einschränken kann und sogar wie man noch mehr Sitze in die Flugzeuge schrauben kann. Falscher Ansatz!
Cremlingen
Die Frage, die sich als erstes aufdrängt, ist, was Simon unter Privatisierung versteht.
Sollte er darunter eine echte Eigentümerstellung verstehen, so setzt dies nach meiner Überzeugung einen völligen Umbau unserer Gesellschaft nach amerikanischem Muster voraus. An den Erfolg eines solchen Unternehmens glaube ich nicht. Das wahrscheinliche Ergebnis wäre eine politische und soziale Katastrophe.
Sollte er darunter eine privatrechtliche Form verstehen (etwa eine Stiftung privaten Rechts), so halte ich den Ansatz für interessant, sehe aber dafür keinen realistischen Ansatz in der Politik. Denn dort gilt: Wir geben nur für solche Zwecke Geld, auf deren Struktur wir Einfluß nehmen können. Wofür es übrigens viele gut demokratische Argumente gibt. Ein Gegenargument ist freilich die außeruniversitäre Forschung, die weithin einen privatrechtlichen Status hat. Aber erstens handelt es sich dabei - jedenfalls auf Landesebene - um deutlich weniger Geld. Und zweitens sind hier sehr viel weniger Menschen unmittelbar betroffen.
Jedenfalls ist es apolitisch zu meinen, man könnte in der politischen Debatte die Autonomie der Hochschule und ihre Finanzierung voneinander trennen.
Einmal unterstellt, es gäbe eine politische Mehrheit dafür, die Hochschulen zu Stiftungen privaten Rechts umzugestalten: Dann müßte das vor allem das Recht einschließen, die Studenten auszuwählen. Aus meinen inzwischen achtjährigen Bemühungen weiß ich, gegen welche Wände ich in dieser Frage in Deutschland anrenne - nicht nur bei der SPD, sondern auch bei der Union.
Hier eine politische Änderung herbeizuführen erforderte zunächst, die tiefsitzende Neigung der deutschen Gesellschaft zu überwinden, den generell verbreiteten Individualismus mit Rechtstiteln abzusichern. Gäbe es aber das Auswahlrecht der Hochschulen, dann benötigten wir ein praktikables Modell von Bildungsgutscheinen. Ein solches Modell kenne ich bisher nicht. Und die Vorstellung, die Forschung allein nach dem Kriterium der Leistungsbezogenheit zu finanzieren, halte ich für die Grundlagenforschung für tödlich.
Ganz generell gilt: Ohne eine solide Grundfinanzierung von Lehre und Forschung gibt es auch keine wirkliche Wettbewerbsorientierung. Geld für Wissenschaft und Bildung einzusetzen ist und bleibt eine politische Entscheidung - in meinen Augen die wichtigste überhaupt.
Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Dresden
Berater Hermann Simon schlägt die konsequente Privatisierung der deutschen Hochschulen vor (mm 7/98)
Die Forderung nach Privatisierung der Hochschulen halte ich für gefährlich. Natürlich gibt es unfähige Professoren und unfähige Studenten, die Kapazitäten blockieren und damit unnötig Kapital binden. Das erste Manko könnte durch die selektive Vergabe von Mitteln (Geld für eine Universität erst bei Nachweis von Leistung) und durch die Aufhebung des Beamtenstatus für den gesamten Bildungsbereich gelöst werden. Dadurch würde die Qualität der Universitäten automatisch steigen.
Um das Problem der "Bummelstudenten" zu minimieren, müßte eine Studiengebühr für all diejenigen erhoben werden, die länger als die Regelstudienzeit studieren. Diese Gebühr müßte dem Wert entsprechen, den ein neuer Studienplatz hat, um keine unnötigen Kapazitäten zu blockieren.
Diese sehr verkürzt geschilderte Alternative scheint mir ein besserer Lösungsansatz als der von Simon zu sein, da verhindert wird, daß diejenigen bevorzugt werden, die einen Förderverein zur Beschaffung privater Mittel besonders gut bezuschussen.
Außerdem wird das Bewußtsein geschärft, daß das Gut Bildung nicht wertlos ist, da fair bestimmt wird, was eine Ausbildung kostet und wie hoch der eigene Anteil daran ist.
Köln
Gehaltsfindung: Kundenorientierung spielt keine Rolle (mm 8/1998)
Schon in der Produktentwicklung (neun von zehn Neuentwicklungen im Lebensmittelbereich floppen) können teure Fehler vermieden werden, ließe man den Kunden schon frühzeitig, etwa durch Tests, am Entwicklungsprozeß teilnehmen (das Produkt "von außen" statt "von innen" entwickeln). Außerdem würde das Marketing bei der Zielgruppendefinition unterstützt. Und schließlich wird langfristige Kundenbindung gefördert, denn durch die Frage nach der Zufriedenheit wird dem Kunden Wertschätzung signalisiert (seine Meinung ist wichtig), und der Verbesserungsprozeß läßt sich einfacher kommunizieren.
Wertheim
Titel Euro-Start: Die attraktivsten Standorte für Investitionen (mm 8/1998)
Ihr Bericht bezüglich der Beurteilung europäischer Investitionsstandorte durch Führungskräfte deutscher Unternehmen hat viele interessante Aspekte. Erstaunlich ist jedoch, daß neben nordischen Ländern wie Schweden und Dänemark nicht auch Finnland genannt wurde, das, obgleich Mitglied der EU, kaum auf der Karte des Kontinents zu sehen ist.
Tatsächlich hat sich das neue Wirtschaftszentrum um Helsinki über die vergangenen fünf Jahre zu einem interessanten Standort entwickelt. Dafür sprechen bereits die ökonomischen Eckdaten des Landes: Nach einem überdurchschnittlichen Wachstum in den vergangenen Jahren prognostiziert das finnische Finanzministerium für 1998 einen Anstieg des BSP von mindestens 4,5 Prozent.
Zudem erfüllte das Land, das als einziger nordischer Teilnehmer zu den Pionieren der EWU gehört, rund ein Jahr vor dem eigentlichen Stichtag sämtliche Maastricht-Kriterien.
Unternehmen, die sich für den nordischen Standort interessieren, können über das "Invest in Finland Bureau" in Hamburg Informationen über Investitionsbedingungen in Finnland erhalten sowie Kontakte zu möglichen Kooperationspartnern knüpfen.
Hamburg
Interview mit Masaaki Imai, Erfinder des Kaizen (mm 9/1998)
Sicher hat Masaaki Imai völlig recht, daß viele Unternehmen vorhandene Ressourcen sträflich vernachlässigen. Andererseits ist seine pauschale Aussage nach meinen Erfahrungen so nicht nachvollziehbar, viel zu drastisch und für deutsche Unternehmen ein echter Gesichtsverlust.
Bei dem geringen Einfühlungsvermögen, das Imai in dem Interview an den Tag legt, wage ich zu bezweifeln, ob er in der Lage ist, seine eigene Managementphilosophie des Kaizen tatsächlich dem jeweiligen Unternehmen entsprechend umzusetzen, sich in vorhandene Ressourcen einzuarbeiten und sie für das Unternehmen gewinnbringend zu aktivieren, ohne die Brechstange einzusetzen, die bekanntlich häufig mehr Schaden als Nutzen bringt.
Ich bin überzeugt davon, daß viele Unternehmen seit ihrer Gründung Kaizen betreiben, nur hat es bei uns naheliegenderweise andere Namen: Entwicklungs-, Produktions- und Kostenmanagement, Effektivität, das ganze prämienunterstützte Verbesserungswesen durch Mitarbeitervorschläge und nicht selten auch die wenig beachtete und hoffentlich unauffällige Führung von unten.
München
Bürogestaltung: Das Office der Zukunft (mm 8/1998)
Mit Interesse habe ich Ihren Beitrag gelesen. Denkansätze, die über direkte ökonomische Interessen bei der Definition zukünftiger Arbeitswelten hinausgehen, sind aufgrund ihrer Seltenheit immer erfrischend.
Universität Karlsruhe
Die Redaktion behält sich vor, Leserzuschriften zu kürzen.