Bücher Deutschstunde
Der Deutsche ist missmutig. "Kalter, lähmender Nebel legt sich über das Land", konstatiert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Schule, Arbeitsmarkt, Sozialversicherung, Steuersystem, Bundeswehr: alles marode, im Niedergang begriffen, nicht zukunftsfähig. Der publizistische Mainstream sieht schwarz.
Gleich zwei Autoren haben jetzt die Chance ergriffen, einen Gegentrend auszurufen. Bereits die Titel dieser Neuerscheinungen sind Balsam für verzagte Zeitungsleser: "Wie Gott in Deutschland" heißt das Buch des früheren VW-Managers und jetzigen Managementdozenten Daniel Goeudevert (61); "Vorbild Deutschland" die Querdenker-Story des Journalisten Detlef Gürtler (38).
Franzose Goeudevert, beliebter Talkshow-Gast und Buchautor mit vorzeigbaren Erfolgen ("Der Horizont hat Flügel") schwatzt leicht und seicht über Liebe und Leben in Deutschland im Allgemeinen und über das gute Leben des Daniel Goeudevert im Besonderen. Leider hält der Autor keine Anekdote aus seinem Leben für zu banal, um sie seiner Fangemeinde aufzutischen. Wer das Bedürfnis hat, zur eigenen Aufmunterung Bekenntnisse eines rundum zufriedenen Menschen zu lesen, der das deutsche Volk liebt und seine Dichter und Denker klug zu zitieren weiß, wird auch an diesem Goeudevert-Werk Freude haben.
Detlef Gürtler, ein renommierter Wirtschafts- redakteur, bohrt thematisch tiefer. Sein Thema: Standort Bundesrepublik. Mit flotter Schreibe knüppelt der Autor jede Kritik an unserer Wirtschaftsordnung nieder und singt das Hohe Lied des Sozialstaats.
Seine These von der Überlegenheit unseres Systems hält der Autor derart stur durch, dass selbst interessante Reformansätze als unseriös dargestellt werden. Gürtler ist eben ein Meister der Schwarz-Weiß-Malerei: Bosse sind schlecht, Arbeitnehmer gut, FDP-Politiker zum Kotzen und die USA ein Schurkenstaat auf Talfahrt. Jetzt kommen wir, die Deutschen!
Die Schlusslichtposition der Bundesrepublik bei ökonomischen Kennzahlen ist für Gürtler ein leicht behebbarer Durchhänger. Sein wirtschaftspolitisches Drehbuch: Gewerkschaften stärken, Probleme im Konsens lösen, den Mittelstand zur Eroberung der Welt animieren und als Deutsche sendungsbewusst im Ausland auftreten. Die Bundesrepublik habe beste Chancen, in sieben Jahren (warum sieben?) zum "Musterknaben" zu avancieren. Ende des Drehbuchs.
Bei einer Wirtschaftspolitik à la Gürtler würde vor Ablauf dieser Frist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Film reißen.
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