Wellness Baden und baden lassen
Wohlfühl-Zentrum: Seit 2000 Jahren werden an den warmen Quellen der traditionsreichen Kur- und Spaßstadt Baden-Baden Körper und Seele erquickt. Und die Wellness wird immer wieder neu erfunden.
Blitzlichtgewitter, Prominente in Partystimmung, livrierte Hoteldienstleute beflissen drumherum. Welch ein Glück, jetzt ist es raus: Michelle Hunziker heißt die Wellness-Queen in diesem Jahr. Nach Veronica Ferres, Iris Berben und Heidi Klum wieder eine von jenen anziehenden Damen, die im Ruf stehen, sich mit besonderem Aufwand um ihr leibliches Wohl und Wehe zu besorgen, sei es durch Training oder Peeling, durch anmutige Gymnastik-Exerzitien oder ausgeklügelte Badekuren.

Spa lautet das neue Zauberwort der Wellness-Bewegung. Abgeleitet von dem lateinischen "sanus per aquam", gesund durch Wasser, erinnernd an den belgischen Badeort gleichen Namens, dient es, vor allem in der angelsächsischen Welt, als Bezeichnung des aufgefrischten, gehobenen Kurbetriebs von ehedem. Und so ist der Society-Auftrieb in Baden-Baden, der heimlichen Hauptstadt der Wellness-Bewegung, zugleich Teil einer umfassenden Verjüngungskur, die sich der traditionsreiche Kurort verordnet hat.
Seitdem ruchbar wurde, dass es mit der Wellness des Badeortes nicht zum Besten stehe, werden hier um die Wette neue Wohlfühlprogramme entwickelt, trumpfen - auch neue - Hotels mit immer opulenteren Entspannungsanlagen auf.
Die Kleinstadt in den nördlichen Ausläufern des Schwarzwaldes war einst Residenz der badischen Markgrafen und ist seit jeher abonniert auf eine exklusive Mischung aus gediegener Gesundheitssorge, obsessiver Dekadenz und vornehmer Diskretion. Sie darf durchaus als deutsche Wiegenstätte des Wohlseins gelten. Ein Ruf, der verpflichtet.
Doch die schöne Fassade zeigte unlängst Falten und Risse. "Wohin sind die Reichen und jungen Schönen verschwunden?" barmte sogar die links-alternative "Tageszeitung". "Verstecken sie sich in ihren Villen? Wovor haben sie Angst? In Baden-Baden?"
Ausgerechnet an der Schwelle zum neuen, ihrem dritten Jahrtausend war die stolze alte Dame ins Straucheln geraten. Die Gäste, vor allem die betuchten, strömten nicht mehr so zahlreich; Umsätze in der Hotellerie, in der Spielbank und auf dem Rennplatz bröckelten. Heftige Frühjahrsüberschwemmungen und der Orkan Lothar zausten das Weichbild. Der tollkühne Bau eines überdimensionierten Festspielhauses, zweitgrößtes in Europa, brachte die Wellness-Heimstatt auch finanziell aus dem Tritt.
© manager magazin 4/2002
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