Quartalsberichte Gravierende Mängel
Wendelin Wiedeking wehrte sich bis zuletzt. Quartalsberichte, argumentierte der Porsche-Lenker noch vor wenigen Wochen, dienten doch in erster Linie dazu, die Anleger zum ständigen Kaufen und Verkaufen zu bewegen. Diese "Kasino-Mentalität" dürfe sein Unternehmen nicht unterstützen.
Geholfen hat alles nichts. Anfang August warf die Deutsche Börse AG das Porsche-Papier aus dem Aktienindex M-Dax, der zweiten Garde börsennotierter deutscher Unternehmen. Seit diesem Jahr verlangen die Börsenverantwortlichen von allen Indexmitgliedern eine vierteljährliche Zahlenvorlage.
Nicht zu Unrecht. Quartalsberichte haben sich als wichtige Informationsgrundlage für Aktionäre international etabliert. Anders als Porsche hat sich das Gros der deutschen Aktiengesellschaften den Anforderungen der Investorenschaft längst gebeugt und berichtet im Dreimonatsrhythmus.
Allerdings mit teilweise gravierenden Mängeln. Das zeigt eine Untersuchung der Quartalsberichte aus dem Dax, die manager magazin in diesem Jahr erstmals veröffentlicht. Viele deutsche Topunternehmen, so die Analyse der Universität Münster, werden den international üblichen Anforderungen an die vierteljährliche Zahlenvorlage kaum gerecht.
Die Experten unter der Leitung von Professor Jörg Baetge prüften die Dax-Berichte für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2000/2001. Untersucht wurde unter anderem, ob die Lage und die Entwicklung des Unternehmens ausführlich dargestellt werden und ob Prognosen über Umsatz, Ergebnis und Risiken vorliegen.
Resultat: Lediglich die Commerzbank, DaimlerChrysler, die Münchener Rück und RWE erhielten für ihre Berichterstattung die Note "gut". Zwölf Dax-Firmen schnitten zumindest mit "befriedigend" ab.
Kein Ruhmesblatt
Die Qualität der Quartalsberichte der DAX-30-Unternehmen im mm-Test
Unternehmen | Urteil* |
DaimlerChrysler | gut |
RWE | gut |
Münchener Rück | gut |
Commerzbank | gut |
HypoVereinsbank | befriedigend |
EON | befriedigend |
Allianz | befriedigend |
Deutsche Telekom | befriedigend |
Bayer | befriedigend |
Deutsche Bank | befriedigend |
Dresdner Bank | befriedigend |
Preussag | befriedigend |
BASF | befriedigend |
Deutsche Post | befriedigend |
Schering | befriedigend |
BMW | befriedigend |
Degussa | ausreichend |
Lufthansa | ausreichend |
MAN | ausreichend |
Fresenius Med. Care | ausreichend |
Metro | ausreichend |
Volkswagen | ausreichend |
Henkel | ausreichend |
SAP | ausreichend |
Linde | ausreichend |
Epcos | ausreichend |
Adidas-Salomon | ausreichend |
Infineon | ausreichend |
Siemens | mangelhaft |
ThyssenKrupp | k. A. |
Die Quartalsberichte von weiteren zwölf der größten deutschen Aktiengesellschaften, darunter die Lufthansa, MAN, Volkswagen und SAP, wurden dagegen nur mit "ausreichend" bewertet. Die Lufthansa verzichtete im Zwischenbericht sogar darauf, wenigstens eine verkürzte Bilanz darzulegen.
Siemens erhielt von den Prüfern die Note "mangelhaft". Der Elektroriese begnügte sich im Vorfeld seines US-Börsengangs mit einer zehnseitigen Pressenotiz ohne Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung. Einen ausführlichen Zwischenbericht präsentierte Siemens den Anlegern erst für das zweite Quartal, nach der Notierung in New York.
Die anderen Dax-Unternehmen nannten zumindest die nackten Zahlen. Vertiefende Erläuterungen gab es dagegen in den seltensten Fällen ebenso wenig wie detaillierte Angaben zur künftigen Geschäftsentwicklung. Für den "besten" Prognosebericht erhielt RWE gerade einmal die Note "ausreichend", alle anderen Dax-Unternehmen schnitten mangelhaft ab.
Im Vergleich zu ihren inhaltlich meist hochwertigen Jahresreports geben sich die Dax-Firmen beim Quartalsbericht offenbar wenig Mühe. Nur ein Unternehmen die Commerzbank erhielt für den Zwischenbericht eine bessere Bewertung als für den Jahresreport.
Ein Konzern konnte sogar überhaupt nicht bewertet werden: ThyssenKrupp hielt es wie Porsche und machte sich nicht die Mühe, einen separaten Bericht für das erste Quartal zu erstellen. Das Düsseldorfer Stahlunternehmen, dessen Geschäftsjahr am 1. Oktober beginnt, nutzte die letzte Möglichkeit, der lästigen Pflicht doch noch zu entgehen: Denn die Auflage der Deutsche Börse AG gilt erst seit Beginn des Kalenderjahres 2001.