Bücher Schöner lesen
Zum Zweitbuch geht der Trend ja bereits seit Längerem. Doch wer im Zeitalter des Turbokapitalismus richtig punkten will, darf nicht nur zwei Bücher besitzen. Über den müssen mindestens zwei Bücher geschrieben worden sein.
In einer Ära, in der Manager zu Popstars werden, folgt auch der Markt für Wirtschaftsbücher dem Zwang zur Personalisierung. Gefragt ist nicht die abstrakte Studie über den Markt für Ehehygiene. Gefragt ist die Beate-Uhse-Story. Das Schöne an diesem Trend: Die neuen Wirtschaftsbücher lesen sich so spannend, dass sie mehr sind als nur Pflichtlektüre. Sie eignen sich genauso gut zum vergnüglichen Schmökern nach Feierabend.
mm-Rezensent Heinz Metzen stellt auf den folgenden Seiten
die unterhaltsamsten Neu-Erscheinungen der Saison vor. Und
damit die reine Lehre nicht zu kurz kommt, nimmt er auch die wichtigsten Fachbücher zum Thema Wissensmanagement unter die Lupe.
Liebeslektionen
Beate Uhses Biografie - ein Lehrbuch über Markenaufbau.
Uhse, Beate; Kunow, Ilona (Mitarbeit): "Lustvoll in den
Markt";
Haufe, Freiburg 2000, 190 Seiten, 48,80 Mark.
Die Lebensgeschichte von Deutschlands führender Sex-Unternehmerin - ein heikles Thema? Auf den ersten Blick vielleicht. Doch spätestens nach der Lektüre wird klar: Die Mitarbeiter der Beate Uhse AG haben allen Grund, auf ihre Chefin stolz zu sein.
Beate Uhse erzählt in diesem Buch ihre spannende Biografie - von der Pilotin und allein erziehenden Mutter zur Versandhändlerin in Sachen Lust. Und sie gibt Einblick in ihre Erfolgsstrategie: extreme Kundenorientierung,
verbunden mit einer klaren Positionierung des eigenen
Namens als Unternehmensmarke.
Der Turbo-Turnaround
Wendelin Wiedeking hat Porsche auf Touren gebracht mit Zielstrebigkeit und mit Misstrauen gegenüber bequemen Lösungen.
Winter, Stefanie: "Die Porsche-Methode. Die zehn Erfolgsgeheimnisse des unkonventionellen Sportwagenchefs Wendelin Wiedeking";
Ueberreuter, Wien 2000, 202 Seiten, 29,90 Mark.
Stimmt der Titel wirklich? Kann jemand, der dem "Spiegel" zufolge aussieht "wie der Buchhalter einer Rollladenfirma", unkonventionell sein? Und wenn er unkonventionell wäre, würde er dann zehn goldenen Regeln
folgen?
Lesenswert ist dieses Buch weniger wegen der im Titel
versprochenen Erfolgsrezepte. Sondern vielmehr, weil es
eine spannende Geschichte spannend erzählt: Die Autorin
schildert die vergangenen zehn Jahre bei Porsche und
verknüpft die Saga vom Fall und Wiederaufstieg des
Sportwagenbauers mit einem Porträt des
Vorstandsvorsitzenden Wendelin Wiedeking.
Das Buch zeigt die zwei Seiten des erfolgreichen
Porsche-Chefs. Einmal seine unternehmerischen
Grundhaltungen: Zielstrebigkeit, Konzentration,
Veränderungsdrang. Zum anderen seine persönlichen
Kennzeichen: Ehrgeiz, Unzufriedenheit, Misstrauen.
Diese Eigenschaften haben Wiedeking geholfen, sich nicht zu
verzetteln. Er musste radikal durchgreifen - mit
Entlassungen, Hierarchieabbau, Modellstreichungen.
Andernfalls hätte Porsche nicht überlebt. Sein Misstrauen
bewahrte Wiedeking davor, den bequemen Weg zu gehen und
nach einem verfrühten Ausstieg aus dem schmerzhaften
Reformprozess zu suchen.
Jeden wichtigen Schritt, den Wiedeking auf dem
Sanierungspfad gegangen ist, verknüpft die Autorin mit
einem angeblichen Erfolgsgeheimnis. Die Auslagerung von
Arbeitsabläufen an die Zulieferer überschreibt sie mit
"Sich auf das Wesentliche konzentrieren". Wiedekings offene
Kommunikation über die unternehmensinternen Probleme steht
für "Klartext reden". Dass Stefanie Winter das
Porsche-Drama auf diese Weise in zehn Akte aufteilt, macht
die Fülle der geschilderten Details verdaulicher. Ob es
sich bei Wiedekings Managementmethoden tatsächlich um
universal gültige Erfolgsrezepte handelt, muss allerdings
noch bewiesen werden.
Fazit: Der spannende und lehrreiche Bericht über einen
geglückten Turnaround.
Die Akte Bezos
Was treibt den Chef des Internet-Händlers Amazon.com?
Spector, Robert: "Amazon.com. Get Big Fast";
DVA, München 2000, 288 Seiten, 49,90 Mark.
Ist Jeff Bezos lediglich einer jener E-Business-Cowboys, die allzu großzügig das Geld anderer Leute ausgeben? Oder ist der Chef des Internet-Händlers Amazon.com einer der klügsten Strategen unserer Zeit? Die zukünftige Geschäftsentwicklung bei Amazon wird es zeigen.
Robert Spector, der hauptberuflich Business-Bestseller
schreibt, will bereits heute das Rätsel um die Person Jeff
Bezos lösen - und zwar ohne Autorisierung oder auch nur
Unterstützung durch Amazon. Das Ergebnis ist spannend wie
ein Krimi.
Wer sich für die persönlichen Hintergründe beim
Internet-Wunder Amazon interessiert, sollte dieses Buch
unbedingt lesen. Wer sich hingegen detaillierten Aufschluss
über Bezos Geschäftsstrategie erhofft, der wird durch die
Lektüre nicht unbedingt schlauer.
Im Zweifelsfall
Ein moderner Eulenspiegel bestaunt das Wirtschaftsleben.
Saul, John R.: "Von Erdbeeren, Wirtschaftsgipfeln und anderen Zumutungen";
Campus, Frankfurt 2000, 354 Seiten, 39,80 Mark.
Der prominente Essayist und Historiker John Saul hat ein Lexikon über die Irrtümer des modernen Wirtschaftslebens verfasst. Jetzt liegt dieses vergnügliche Kompendium des Skeptikers erstmals in einer deutschen Übersetzung vor.
Sauls Stichwörter reichen von A wie angewandter Korporatismus bis Z wie Zweifel ("Die einzige Tätigkeit des
Menschen, mit der er Machtanwendung unter Kontrolle halten
kann"). Irgendwo in der Mitte heißt es unter M wie Manager:
"Abgeleitet vom französischen ménager, dem Stallknecht, hat
dieser Beruf in jüngster Zeit eine unerhörte Aufwertung
erfahren."
Mit dieser spöttischen Fibel bewährt sich John Saul als
Eulenspiegel des 21. Jahrhunderts.
mm-Autor Holger Rust über ein neues Werk von Matthias Horx