Privatresidenzen Zweitwohnsitze erster Klasse
Hamburg - Saftige Zuckerrohrhalme wiegen sich in der Brise. Bunte Fischlein sausen durch türkises Wasser, Palmen wogen sanft, der Himmel ist strahlend blau, der Strand eine perfekte Verheißung. Aus dem Off meldet sich eine sanft säuselnde Frauenstimme: Hier auf Mauritius, verspricht sie, sei das Leben ein ständiges Fest, eine Welt des Friedens, der Freiheit und der Träume.
Das ständige Fest allerdings hat seinen Preis, und der beginnt bei 1,3 Millionen Euro. Das bunte Video wendet sich an einen exklusiven Kundenkreis: Auf der schönen Insel im Indischen Ozean entsteht derzeit das Luxusresort "Anahita" - in fünf Bauabschnitten sollen 372 edle Villen und Apartments um ein Fünf-Sterne-Hotel herum errichtet und an Privatleute verkauft werden.
Mitten in der Finanzkrise setzen die Hamburger Nobelmakler Dahler & Company auf ein neues Segment. Der Geschäftsbereich "International Resorts and Residences" soll die Crème der potenziellen Immobilienkäufer abschöpfen, die sich für Zweit-, Dritt- und Viertwohnsitze an den schönsten Plätzen der Welt interessieren und für das eigene Haus gleich den Service eines Luxushotels mitkaufen möchten.
Die Finanzkrise macht Geschäftsführer Björn Dahler keine Sorgen. Bei einer Tasse Tee in der Hamburger Firmenzentrale am vornehmen Neuen Wall, an dem auch Filialen von Gucci und Cartier solventer Kundschaft harren, erläutert der gelernte Jurist seine Geschäftsphilosophie: "Reiche werden weiter Luxus kaufen", ist sein Credo, "wir können bis heute nicht feststellen, dass unsere Zielgruppen zurückhaltender geworden wären. Die sind eher so gepolt, dass sie durch die Krise die Werthaltigkeit einer Immobilieninvestition zu schätzen wissen. Vor zwei oder drei Jahren wurde man noch belächelt, wenn man die Immobilie als Kapitalanlage betrachtete - alle waren ja wie die Lemminge hinter den Finanzinvestoren her. Das ist jetzt anders", sagt Dahler.
Seine Firma will von einem weltweiten Trend profitieren. An Traumstränden, in Luxusorten und in attraktiven Großstädten werden seit wenigen Jahren immer mehr "private residence"-Projekte aufgelegt. Das geht so: Ein Bauträger errichtet auf einem großen Areal ein Fünf-Sterne-Hotel, dessen Betrieb eine gut eingeführte Hotelkette wie etwa Four Seasons oder GHM übernimmt.
In dessen Umkreis werden Villen, manchmal auch Ferienwohnungen, gebaut, für die es optionale Serviceverträge gibt - dabei sollen die Synergieeffekte genutzt werden, die der Hotelbetrieb bietet. Koch, Butler, Gärtner, Putzfrau, private Fitnesstrainer, Personal Shopper - alles ist möglich, und das Hotel kümmert sich auch um die Vermietung der Villa, wenn die Eigentümer nicht vor Ort sind.
Ein Zwölftel Millionärsvilla
Die Käufer erhoffen sich von den Luxusimmobilien verlässliche Werthaltigkeit, denn nach wie vor gilt: Für den Wert eines Hauses zählen vornehmlich drei Kriterien, und das sind Lage, Lage und noch mal Lage. Auch Sicherheit ist ein Thema. Ein allein stehendes Ferienhaus erfordert unter Umständen größere Aufwendungen für Objektschutz und -pflege - in den geschlossenen Anlagen um ein Hotel ist das nötige Personal schon vor Ort, sodass der Verwaltungsaufwand geringer ist als bei Einzelverträgen mit Reinigungs-, Wachschutz- und Hausverwalterfirmen.
"Viele unserer Kunden haben schon Zweit- oder Drittwohnsitze und sind fast ein wenig genervt davon, weil man so in die Organisation eingebunden ist", hat Dahler beobachtet. Seit der neue Geschäftsbereich im Sommer an den Start gegangen ist, wurden acht Projekte in die Vermarktung aufgenommen. In einem Designresort in Portugal etwa kann man für vergleichsweise günstige 345.000 Euro ein Ferienreihenhaus erwerben oder für 1,5 Millionen Euro deutlich großzügiger wohnen.
Auch in Spanien und Italien gibt es vergleichbare Projekte, die die Sehnsucht deutscher Käufer nach einer nicht allzu weit entfernten, aber im sonnigen Süden liegenden Zweitimmobilie bedienen sollen. Für Reiselustigere entstehen im mexikanischen Yucatan an der Riviera Maya Strandvillen, die bis zu acht Millionen Euro kosten sollen. In diesem Jahr sollen Resorts in Österreich und der Schweiz dazukommen, und auch eigene Projekte will Dahler auflegen.
Das Luxussegment nach unten verlängert
Dabei setzt die Firma auch auf das in Deutschland recht neue Konzept des "fractional ownership". In Amerika sei es bereits gang und gäbe, von einer luxuriösen Ferienimmobilie lediglich ein Zehntel oder ein Zwölftel zu erwerben. "Das ist spannend für uns, weil das jetzt erstmals so richtig am deutschen Markt platziert wird", meint Dahler, "die Amerikaner machen es jetzt schon so: Anstatt sich nur eine Immobilie zu kaufen, die sie in Gänze ihr Eigen nennen können, kaufen sie sich dann in ein Haus in der Toskana ein, in eines im Skigebiet von Aspen und in eines auf einer karibischen Insel."
Anders als beim eher umstrittenen Timesharing wird man durch ein Fractional zum im Grundbuch eingetragenen Mitbesitzer. Das Konzept verlängert so das Luxussegment nach unten. Ein Zehntel einer Luxusvilla in der Toskana kostet eben auch nur ein Zehntel; Rotationssysteme sollen sicherstellen, dass jeder der Käufer für einen festgelegten Zeitraum im Jahr die Immobilie nutzen kann. "Diese Idee müssen wir hier einführen, und dann werden wir erst sehen können: Wie reagiert der Deutsche darauf?", meint Dahler, "diese Produkte sind ja zum Teil kompliziert und hierzulande noch nicht üblich."
Vor 15 Jahren gründeten der Jurist Björn und die Immobilienbetriebswirtin Kirsten Dahler ihr Unternehmen - damals unterstützt von einer Halbtagskraft. Mitgründer der Firma ist der Verlegererbe John Jahr Jr. Der Kundenbestand wurde mit Karteikarten verwaltet, denn die Dahlers scheuten die Investition in einen Computer. Heute ist die Gruppe mit 155 Mitarbeitern in 17 deutschen und österreichischen Städten aktiv und unterhält 30 Vor-Ort-Büros - eigene Niederlassungen und Franchisepartner.
Häuser für die oberen Zehntausend
Trotzdem bleibt der Kundenkreis für die Privatresidenzen überschaubar. "Die Zielgruppen für die Destinationen, die sehr weit weg sind, sind klein - das sind Leute, die sehr unabhängig sind und zeitlich nicht sehr in ihren Job eingebunden sind, die vielleicht mal ein Unternehmen gehabt und das verkauft haben", sagt Dahler, "auch die Gruppe der Erben spielt eine Rolle." Das Marktvolumen sei noch nicht abschätzbar.
Verschiedenen Studien wie dem World Wealth Report und der jährlichen Capgemini-Untersuchung zu High Net Worth Individuals zufolge gibt es in Deutschland zwischen 760.000 und 800.000 Euro-Millionäre. Und laut einer Studie der Dresdner-Bank-Tochter Degi aus dem Jahr 2007 verfügen etwa 1,6 Millionen Deutsche bereits über eine Ferienimmobilie - darunter dürften sich allerdings nur wenige Luxusresidenzen befinden. "Unsere Kernzielgruppe dürften 10.000 Haushalte sein, für die das, was wir hier anbieten, interessant ist", schätzt Dahler, "entweder neben dem, was sie schon haben, oder anstelle dessen."
Diese Klientel stellt hohe Ansprüche, weiß Stefanie Smithuis, die das internationale Projektmarketing bei Dahler leitet. Wichtige Kriterien sind neben guter Erreichbarkeit, politischer Stabilität des Urlaubslandes und der strand- und versorgungsnahen Lage der Immobilie Serviceleistungen wie Hausreinigung, Vermietungsbetreuung, Gärtner und Sportangebote. Ganz oben auf der Liste: Ein guter Golfplatz, am besten nur wenige Schritte von der Haustür entfernt.
Kroatien als Emerging Market
"Unsere Einschätzung ist, dass der Deutsche den Service nicht bis zum Exzess nutzt", hat Smithuis beobachtet. Viele Deutsche seien über ein Grundpaket an Serviceleistungen froh, aber Einkaufshilfen oder einen Touchscreen im Apartment, mittels dessen man den Wagenmeister anweisen kann, schon einmal den Wagen vorzufahren, empfänden sie eher als überkandidelt - Amerikaner seien da anders.
Das Geschäft mit den Rundum-sorglos-Residenzen ist so neu, dass Dahler über weitere Entwicklungen noch keine Prognose abgeben will. "Wir sind davon überzeugt, dass das Potenzial in jedem Fall lohnt, so einen Bereich zu unterhalten", meint er, "ob wir 20 oder 50 Objekte verkaufen, beides wäre völlig in Ordnung. Es rechnet sich schon ziemlich früh, weil wir stark Synergien zu unserem angestammten Kerngeschäft nutzen können." Das ist der Handel mit gehobenen Wohnimmobilien wie etwa den Luxusapartments im gerade im Bau befindlichen Marco Polo Tower in der Hamburger Hafencity, schicken Villen in Berlin und Potsdam oder auf Sylt; zusätzlich befasst sich die Firma mit Immobilienmanagement und Projektmarketing.
Als kommenden Markt für Zweitimmobilien sieht Dahler vor allem europäische Standorte. "Österreich und die Schweiz sind nach wie vor interessant", befindet Dahler. Trotz der Immobilienkrise seien auch Objekte an ausgewählten Orten in Spanien gut zu vermarkten, ebenso in Italien und Frankreich. "Was kommen wird, ist Kroatien", ist Dahler überzeugt, "da ist der Tisch gedeckt. Die gesamte Infrastruktur ist schon da - und das Land hat etwas sehr Italienisches und wird den Deutschen schnell vertraut sein. Die Leute sind nett, das Land ist gut erreichbar und klimatisch wunderbar. Das ist auf jeden Fall ein Emerging Market."
Private Residences: Luxusvillen mit Hotelservice