Drei Weintipps vom Sommelier
Winterweine zum Festessen
Wer in diesem Jahr einsamer feiert, muss deswegen nicht schlechter trinken: Sommelier Jan Konetzki empfiehlt drei Lockdown-Tröster aus dem Wallis, von Sizilien und aus Frankreich.
Als Jacques Granges 2016 mit 69 Jahren bei einem Arbeitsunfall in seinem Weinberg im Wallis starb, trauerte die Gemeinde. Der Walliser war ein Visionär, hat biodynamisch produziert, als es noch nicht im Trend lag, und das auf einem der höchstgelegenen Weingüter Europas, auf fast 900 Metern.
Man muss zu Fuß hoch oder die hauseigene Seilbahn nehmen. Seine Frau und seine drei Töchter führen alles weiter – auch die Vorliebe für obskure Rebsorten wie Diolinoir. Erinnert an Pinot Noir, steinig, kühl, leicht ledrig, etwas Holz, energetisch, mit frischer, süßsaurer Kirschnote, feinen Tanninen. Kein wilder Biowein, sehr sauber, sehr elegant, nicht zu teuer, etwas für Burgunderliebhaber. Passt gut zu Wild jeder Art.
Jan Konetzki
ist gefeierter deutscher Sommelier und Director of Wine im Londoner "Four Seasons" und "Ten Trinity Square Private Club".
2. Entdecken: Marsala - zu schade für die Soße
Marsala ist viel mehr als nur Kochwein, jedenfalls wenn er aus dem Hause Marco De Bartoli kommt. Schon der Name erzeugt bei Sommeliers Gänsehaut. Marsala ähnelt Sherry, wird nur in und um die Stadt im Westen Siziliens abgefüllt, im Arabischen "Marsa Allah" (Hafen Allahs).
Einer der jüngsten Likörweine, der in den 60ern, 70ern, 80ern unheimlich beliebt war, dann gestrig – bis Marco De Bartoli ihn wieder mit Glanz versah. Sein Superiore ist goldorange, mit komplexen Noten von Haselnüssen, Orangenschale, etwas Salz, Karamell, mit guter Säure, fruchtig-pikant. Kühler trinken (zwölf Grad), dann schmeckt er weniger süß – spannend zu Blauschimmelkäse, Crème brûlée.
3. Versacken: Garagenwein aus Frankreichs wildem Süden
In den 80ern kam aus dem Languedoc-Roussillon Landwein für die Massen. Heute ist das eine coole Ecke, heiß, trocken, rau. Zieht junge Weinmacher an, die nicht viel Geld haben, aber auch Aussteiger mit Geld: Banker oder Anwälte, die im Sonnenland an der Grenze zu Spanien Käse machen oder Fleischer werden.
Am Fuß der Pyrenäen baut eine Freundin von mir Syrah und Grenache an: Saskia van der Horst hat mit mir als Sommelière im "Claridge's" gearbeitet, hat im Burgund das Weinmachen gelernt. Ich wusste immer, dass sie nicht im Restaurant bleibt, sie hatte schon mit Mitte 20 diese schwere Stimme, großen Charakter – wie ihre Weine. Sie sind in Fiberglas vergoren, man riecht und schmeckt alles, was passiert. Ihr Syrah hat Kraft, in altem Barrique gereift, ungefiltert, in einer Lagerhalle abgefüllt, sehr wenige Flaschen, toll zu Gulasch, Gegrilltem, Lamm.