Sommer-Hits in der Stil-Sprechstunde Was geht im Sommer im Büro - und was nicht?

In der Stilberatung ist es ein bisschen wie in einer Arztpraxis: So unterschiedlich und besonders die Menschen auch sind - manche Symptome wiederholen sich, Fragen bleiben und die Antworten darauf ebenfalls. Und während das Strand-Outfit im Büro genauso unpassend ist wie umgekehrt der zugeknöpfte 3-Teiler bei über 30 Grad im Schatten, kommt (anfangs) leise, aber beharrlich die Frage auf, wie er geht - der Sommer-Look, mit dem man auf der sicheren Seite der Professionalität ist.

Katharina Starlay ist Modedesignerin, Imageberaterin und Mitglied im Deutschen Knigge-Rat. In Vorträgen, Seminaren und individuellen Beratungen coacht sie rund um Kleiderstil und Businessknigge. Seit 2002 berät sie auch Unternehmen für deren Außenauftritt und entwickelt Stil-Leitfäden sowie Firmenkleidung. Sie schreibt Bücher (zuletzt erschienen: Erfolgreich über 50: Stilvoll älter werden ) und publiziert über Stilthemen: Starlay.de.
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Im heißen Klima vieler anderer Länder fällt zum Beispiel auf, dass bei Hitze nicht weniger, sondern mehr Kleidung getragen wird, denn Textilien schützen - auch vor Hitze. Bei uns dagegen sinkt der Einsatz von Stoff bei steigenden Temperaturen. Wie bleibt man auch an heißen Tagen cool?
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Hier kommt eine Hit-Liste der Themen, die Stil-Ratsuchende beschäftigen:
Wie kurz darf ein Rock im Büro sein?
Die Rocklänge der Damen entfaltet im Hochsommer etwa die gleiche Attraktivität im Office-Talk wie das Gespräch über Kurzarmhemden zum Anzug: Dürfen die Rocksäume nun klettern oder nicht?
Die Rocklänge hat zwei Aspekte: einen ästhetischen und einen gesellschaftlichen. Die moderne businesstaugliche Längenangabe empfiehlt, den Rock im Stehen kürzestens eine Handbreit oberhalb des Knies enden zu lassen. Das ist der Tribut an die Sachlichkeit. Wenn Sie sich setzen, rutscht der Rock automatisch noch etwas höher, was wiederum voraussetzt, dass Sie auch wissen, wie man elegant sitzt, mit halbwegs geschlossenen Knien nämlich. Kluge Frauen tragen den Rock aber im eigenen Interesse nur dann in dieser Länge, wenn das Bein es hergibt. Viele - gerade besonders schlanke - Frauen haben eher knochige Knie.

Gut ist die Rocklänge immer dann, wenn sie an einer schmalen Stelle des Beins endet, also auf der erwähnten kürzesten Länge, auf Höhe der Kniemulde unterhalb der Kniescheibe oder unterhalb der Wade - wo dann unter dem Saum die schlanke Fessel sichtbar wird. Auf keinen Fall sollte ein Rock aber an einer breitesten Stelle enden, zum Beispiel auf Höhe einer sportlichen Wade. Bitte überprüfen Sie das beim Einkauf, indem Sie sich von hinten betrachten!
Lohnend ist auch ein Blick auf das eigene Bewegungsmuster: Es gibt Rockfrauen und Hosenfrauen. Viele fühlen sich in schmalen (Bleistift-) Röcken überhaupt nicht wohl und strahlen dies auch aus. Einer Rockfrau dagegen gefällt das kleine Kleidungsstück, in dem sie sich entsprechend souverän bewegt. Bildlich gesprochen sollte eine Frau in ihrem Rock elegant gehen, stehen und sich in einen tiefergelegten Porsche hinein setzen können, ohne sich zu entblößen - dann ist die Rocklänge in Ordnung.
Welche Strumpfhosenstärke eignet sich am besten, und ist "ohne Strumpf" im Beruf erlaubt?

Bei den Denier-Angaben verhält es sich genau umgekehrt wie bei der Angabe von Wollstoffen, aus denen Kostüme und Anzüge gefertigt werden: Je höher die Zahl, desto dichter der Strumpf. Bei den Materialangaben für Anzüge dagegen gilt: Je höher die Zahl, desto feiner das Garn - und desto leichter der Stoff.
Als simple Faustregel für die Auswahl von Strümpfen gilt: Je heller und/oder kompakter ein Strumpf (bzw. die Strumpfhose), desto kräftiger wirkt das Bein. Je dunkler und/oder feiner der Strumpf, desto schlanker wirkt das Bein. Die Garnstärke ist also sowohl eine Frage der Optik als auch des Dresscodes, denn im klassisch-konservativen Business und kombiniert mit den entsprechenden Business-Looks wirken Denier-Zahlen um 20 Den eleganter, während dickere Strümpfe sportlich wirken.
Tipp: Halbhohe und hohe Schuhe mit Kostümen in Ganzjahresqualitäten mit 20 Denier (oder feiner) zu kombinieren, flachere Schuhe und Stiefel mit Blockabsatz zum Kostüm mit bis zu 40 Denier. Zum Sommerkostüm tragen Sie hautfarbene, möglichst transparente Strümpfe in feiner Qualität, zum Beispiel 15 Denier. (Die ultra-transparenten mit hauchfeinen 8 Denier werden übrigens mit feinen Handschuhen angezogen.)
Extratipp: Ab 40 Denier sind Strumpfwaren rundgestrickt und ziehen deshalb keine Laufmaschen mehr. Das ist in der Stiefelzeit ein wahrer Segen. Und auch Frauen, die im Sommer lieber Hosen tragen, weil Adern sichtbar sind, schätzen die Blickdichte der höheren Den-Zahlen, die sie in dunklen Farben in der kalten Jahreszeit bevorzugen.
Nackte Beine im Business sind international weniger üblich als bei uns: Viele Amerikanerinnen oder Asiatinnen zum Beispiel bevorzugen die Angezogenheit der oben beschriebenen ultraleichten Strümpfe und wissen um das Geheimnis der besseren Optik durch eine gleichmäßige Farbe, besseren Schutz in heftig klimatisierten Räumen und eine verbesserte Bein-Fitness später am Tag, da die unsichtbare Hülle (auch moralisch) leichten Halt gibt und Schuhe am Fuß weniger scheuern.
Fazit: Unter Hosen geht ein unbestrumpftes Bein durchaus, allerdings wird dann die Innensohle der Schuhe relevant, welche hautsympathisch sein sollte. Zum Rock ist ein Strumpf für wichtige Termine und Verhandlungen auch im Hochsommer strategisch richtig - aber der darf es statt einer Strumpfhose ruhig sein (das wissen schließlich nur Sie selbst).
Schwarze Hose - schwarzer Strumpf?

In manchen Teams wird diskutiert, ob eine Frau unter schwarzer Hose auch zwingend einen schwarzen Strumpf tragen sollte. Anhänger der Herrenmode würden dafür plädieren (es sei denn, sie sind Groupies des Bunte-Socken-Trends). In der Fernwirkung sieht das tatsächlich ruhiger aus und lenkt den Blick des Betrachters besser dahin, wo er auch hin soll: Ins Gesicht.
Im Sommer aber und mit leichten Stoffen getragen wirken schwarze Strümpfe bei Damen zu schwer. Sie sollten die Wahl daher von der Jahreszeit und vom Stoff abhängig machen: Wenn Sie eine Hose aus sogenannter Ganzjahresware (280 bis 330 Gramm pro Laufmeter Stoff) tragen, kann der Strumpf dunkel sein. Bei leichten Sommerstoffen wählen Sie hautfarbene Strümpfe und tendenziell auch leichteres Schuhwerk, das aber vorne geschlossen ist. Ohne die genaue Grammzahl zu kennen, entscheiden Sie per Griffprobe, ob Ihr Stoff eine Sommerware oder eine Ganzjahresqualität ist.
Sind Leinenanzüge nur etwas für die Strandpromenade, oder kann ich sie auch im Job tragen?

Bei Leinen fragt sich der Betrachter immer, ob sich der Träger damit einen Gefallen tut. Auch wenn das Material mit dem Slogan "Leinen knittert edel" seine Befürworter hat, gibt es gut begründete Stimmen dagegen. Es ist unmöglich, nach vielen Stunden in einem Leinenanzug noch gepflegt auszusehen, deshalb ist er nichts für lange Zug- oder Autofahrten oder Bewerbungsgespräche. Besser ist ein feiner Wollstoff, eventuell mit einem edlen Oberflächenglanz, oder ein Baumwoll-Mischgewebe.
Leinen zählt wie Baumwolle zu den zellulosischen Naturfasern mit einem relativ hohen Feuchtigkeitsaufnahmevermögen, sprich: der Fähigkeit, Schweiß aufzusaugen. Die etwa 100 bis 120 cm hohe Flachspflanze (Lein) wächst in europäischen gemäßigten Zonen und liefert auch das gleichnamige Öl und den Leinsamen und besticht in der Zucht durch die leuchtend blaue Blüte. Die Redewendung "Fahrt ins Blaue" kommt daher. Beliebt ist das Material wegen seines angenehmen, kühlen Griffs bei dauerhaftem Glanz und einer gewissen Strapazierfähigkeit.
Zurück zum Business: Die lässigen, nur halb gefütterten Sommersakkos und -kostüme aus Leinen verströmen im Geschäftsleben meist zu viel Freizeit-Flair, je nach Branche und Terminlage. Bei gefütterten Modellen muss das Futter passend abgestimmt sein: Die beschriebenen Eigenschaften des Leinens kommen nämlich nur dann zum Tragen, wenn nicht ein synthetisches Futter wieder die ganze luftige Atmungsaktivität zunichte macht.
Kann eine Weste im Sommer das Sakko ersetzen?

Westen zum Anzug waren traditionell nur Accessoire, zum Beispiel, wenn sie bei förmlichen Anlässen in der britischen Tradition als festliche Weste unter Cut oder Frack oder als (hellgraue oder beige) Weste unter dem meist dunkleren Morning Coat getragen wurden. Erst seitdem sich um 1930 Anzüge als klassische Businessbekleidung etabliert haben, werden Westen im identischen Stoff wie der Anzug gefertigt.
Sie sind eine gute Möglichkeit, "angezogen" und nicht zu formell zu wirken. Wichtig ist, dass Ihre Westen, wenn sie ohne Sakko oder Jacke darüber getragen werden, einen Stoffrücken haben. Der Futterrücken bleibt den Westen aus Dreiteilern vorbehalten und sieht ohne Sakko darüber schnell "kellnermäßig" aus. (Nichts gegen Kellner, das ist ein sehr anspruchsvoller Beruf.)
Außerdem sollte Ihre Weste eng anliegen und nie zu weit sein. Das heißt automatisch auch, dass Hemd oder Bluse darunter nicht zu weit geschnitten sein dürfen, da der Stoff sonst unter der Weste faltig liegt (was die Silhouette verdirbt) und zu bauschig aus den Ärmellöchern heraus kommt. Gerade Damen sollten darauf achten, dass der Taillenabnäher der Weste perfekt sitzt, die engste Stelle der Weste also in der Taille liegt.
Wenn auf einer Einladung "sommerlich-elegante Garderobe" gefragt ist, was ziehe ich am besten an?

Für die große und festliche Abendveranstaltung, womöglich noch mit internationalen Stars, gibt es tatsächlich keinen Dresscode, der die Frage nach der korrekten Bekleidung ausreichend beantworten würde. Normalerweise sind für gehobene Veranstaltungen die festlichen Dresscodes gültig. "Sommerlich-elegant" ist aber, zum Beispiel als Firmenjubiläum, ein definitiv beruflicher Event. Die Wahl der Farbe ist eine stilistische, gefühlsmäßige und geschmackliche Frage.

Die Formalität des Anzugs sollte allerdings mindestens einem Dresscode Smart Business entsprechen: Als Herr tragen Sie also einen dreiteiligen Anzug mit Weste - letztere brauchen Sie, wenn Sie sich später des Sakkos entledigen.
Ihre Begleiterin trägt mindestens einen festlichen Anzug, zum Beispiel aus Seide, mit hohen Absätzen (sofern sie darin gehen kann) und festlichem Schmuck, ein Cocktailkleid oder eine schlicht-elegante Abendrobe in einer Farbe, die ihr wirklich steht. Ein weißer oder heller Anzug ist für so einen Anlass angemessen, wenn Sie der Typ dafür sind.
Hellhäutige, blonde Männer wirken in einem hellen Anzug definitiv zu blass, während südländische, dunkle Hauttypen mit dunklem Haar darin sehr apart aussehen. Alternativ können Sie auch eine dunkle Hose mit einer fein gemusterten Weste tragen, die einen optischen Übergang zum hellen Sakko - analog einem Dinner-Jacket - schafft. Dazu ein festliches Hemd, das heute nicht mehr zwingend mit Fliege oder Krawatte kombiniert werden muss. Auf Nummer Sicher gehen Sie aber, wenn Sie zunächst damit erscheinen und sie immer noch ablegen können.
Die Frage "hell oder dunkel" hängt außerdem vom Zeitpunkt der Veranstaltung ab. In den hellen Monaten von März bis September (Tag- und Nachtgleiche) sind auch hellere Farben schön, in den Wintermonaten dagegen wirken sie oft deplatziert.