Vielflieger erkennen am Flughafen, in welchem Land dieser Erde sie sich befinden. Oder etwa nicht? An der Kleidung jedenfalls kann es nicht liegen - die ist spätestens seit Beginn der Internationalisierung etwa so gleichförmig geworden wie die Logos, die uns begrüßen, wenn wir weltweit Flughäfen und Bahnhöfe verlassen.
Denn vor den Toren zur Welt winken die immer gleichen Marken und laden zu einem Willkommensburger oder -drink im vertrauten Umfeld der Wiedererkennung ein.
Sie tragen dazu bei, dass aus Reisenden schon längst Weltbürger geworden sind, die sich überall zuhause fühlen. Ein ähnliches Wohlbefinden stellt sich offenbar auch ein, wenn Mann in einen Anzug steigt. Oder Frau in ein Kostüm.
Oder etwa nicht? Der Effekt ist gleichermaßen auf die gefühlte Vertrautheit und das Sicherheitsempfinden zurückzuführen, das entsteht, wenn man sich in Uniform kleidet und als Persönlichkeit weniger auffällt.
So gerät man oder Frau aus der Schusslinie von Betrachtern und möglichen Kritikern - da auffallende und individuelle Kleidung ein Statement ist, das Positionen herausfordert. Sie zu vermeiden, scheint sicher.
Nur müssen die Anzüge immer marineblau oder grau sein? Etwas mehr Farbvarianten wären sicherlich überzeugender. Blättert man durch die "Best of" in Scott Schumans "The Sartorialist" - dem Vater aller Streetstyle-Blogs - fällt auf, dass die erwählten gut gekleideten Männer meistens Anzüge aus feinstem Tuch tragen. Aber immer mit dem gewissen Etwas. Und die Frauen keineswegs nur Fashion-Pieces, sondern oft klassische Teile. Aber immer in einer überraschenden Kombination und passend zum Typ.
Ist der global akzeptierte dunkle Anzug also die sichere Nummer? Sicher ist doch nur eines: Dass die Persönlichkeit darin oft zu wenig wahrgenommen wird. Vielleicht ist es an der Zeit, das gute Stück wieder mit etwas mehr Individualität zu versehen.