

Jetzt ist sie wieder da - die Zeit der festlichen Events, sei es bei der Berlinale, sei es beim Wiener Opernball, bei Messeempfängen oder Firmenevents. Anders als beim fröhlich-entspannten Look einer Feier im privaten Kreis aber stellt sich hier die besondere Aufgabe der sensiblen Positionierung. Denn kaum etwas fühlt sich auf gesellschaftlichem Parkett so unangenehm an wie hoffnungslos "overdressed" oder "underdressed" zu sein.
Katharina Starlay ist Modedesignerin, Imageberaterin und Mitglied im Deutschen Knigge-Rat. In Vorträgen, Seminaren und individuellen Beratungen coacht sie rund um Kleiderstil und Businessknigge. Seit 2002 berät sie auch Unternehmen für deren Außenauftritt und entwickelt Stil-Leitfäden sowie Firmenkleidung. Sie schreibt Bücher (zuletzt erschienen: Erfolgreich über 50: Stilvoll älter werden ) und publiziert über Stilthemen: Starlay.de.
Mehr Informationen
Dabei machen es einem die Gastgeber nicht immer leicht: Zwar lässt der Bekleidungsvermerk so mancher Einladung keinen Zweifel an der guten Absicht - nur sind Formulierungen oft vage und lassen zu viel Spielraum für den nach Antwort suchenden Gast.
Wo die Spielregeln früher von White Tie, Black Tie und Cocktail bis zu Smart Business glasklar schienen - zumindest für den Herrn, an dessen Kleidung sich die Ausdrücke ja orientieren - schlittert ein immer internationaler werdendes Publikum zwischen "Festliche Kleidung" und "Dunkler Anzug" manchmal in die Dresscode-Falle. Selbst auf dem roten Teppich scheint sich gelegentlich Verwirrung einzustellen.
Helfen Sie Ihren Gästen bei der Kleiderwahl
Für Sie als Gastgeber bedeutet dies, dass Sie sich zunächst einmal klar darüber sein sollten, welches Bild und welche Stimmung die Fotos und Filme in der Öffentlichkeit später abgeben sollen. Gerade von Newcomern kann niemand erwarten, dass sie die ungeschriebenen Gesetze einer Branche beherrschen.
Viele Menschen nehmen sich heute nicht mehr die Zeit, sich mit den Dresscodes und ihren Bedeutungen zu befassen oder sich stilistisch auf Veranstaltungen vorzubereiten. Es ist Ihre Aufgabe, das zu steuern. Je wichtiger Ihnen das Gelingen Ihres Events - und das Wohlbefinden Ihrer Gäste ist - desto mehr: Platzieren Sie also den Bekleidungsvermerk nicht schüchtern als Fußnote oder in einem Nebensatz, sondern gleichwertig neben Zeit und Ort der Veranstaltung.
Originelle Eventorganisatoren möchten den gewünschten Dresscode vielleicht mit einem geheimnisvollen "Save the date" verschicken und liefern die weiteren Veranstaltungsdetails erst später. Gerade private große Feste profitieren, je präziser und unmissverständlicher der Kleiderwunsch formuliert ist, zum Beispiel im Dresscode Smart Casual: "Sabine wird 50 und möchte Euch mit einem Abend im Grand Hotel xy so richtig verwöhnen. Cocktailkleid, Euer bester Schmuck und ein dunkler Anzug mit Fliege oder Krawatte sind gerade richtig."
Denken Sie auch im umgekehrten Fall voraus, wenn Sie zum Beispiel einen Dresscode lockern wollen. Wenn Sie etwa ankündigen, dass "auf die Krawatte verzichtet werden darf" könnte der eine oder andere Einladungsempfänger in Versuchung geraten, gleich im Polohemd zu erscheinen. Geben Sie Ihren Gästen Bilder mit - eventuell sogar reale, die Sie mit einem Augenzwinkern mit der Einladung verschicken und aus denen ersichtlich wird, was Sie unter "schick" verstehen.
Lesen Sie auch:
So managen Sie Ihr Leben: Zehn Fragen, mit denen Sie Ihren Stil verbessern können
Der Starlay-Express: Warum Firmen Dresscodes brauchen
Der Starlay-Express: Wie finde ich meine Überlebensgarderobe?
Der Starlay-Express: Geht auch mal ein bisschen Abwechslung?
Der Starlay-Express: Was ziehe ich an bei "Business Casual"?
Modekritik: Die 30 Dax-Chefs im Stilcheck
Dresscodes: So halten es die Dax-Unternehmen
Einladungsgrund und -zeit: Großartige Anlässe gehen mit einem langen zeitlichen Vorlauf einher. Wenn eine Einladung also zwischen drei und sechs Monate vorher bei Ihnen eintrifft, ruft das in der Regel nach einem edlen Outfit - meist Smoking für den Herrn und ein langes Kleid für die Dame, wie es hier Brad Pitt und Angelina Jolie zeigten. Es gibt auch Anlässe...
... wie die Gala des Metropolitan Museum of Art, bei der Stars wie Rihanna es richtig krachen lassen. Da wäre der Spruch "Weniger ist mehr" sehr, sehr fehl am Platze. Dresscodes...
... sind für manche aber dennoch ein ziemlicher Balanceakt - den Derek Hough im vergangenen Jahr bei den Creative Arts Emmy Awards mit Bravour (und passend gekleidet) meisterte.
Rahmen/ Location: Je gehobener der Veranstaltungsort ist, desto festlicher sollte die Kleidung sein. Recherche bewahrt vor Stil-Unfällen. Beim Wiener Opernball dürften allerdings die meisten Gäste auch so wissen, dass Jeans irgendwie fehl am Platze sind.
Einladungsvermerk "Festliche Kleidung": Von Smoking bis zum dunklen Anzug mit passenden Accessoires sind Sie auf der sicheren Seite. Den Smoking erkennen Sie am Satinrevers oder -schalkragen und den Satinstreifen (Galons) entlang der seitlichen Hosennähte. Zum Schalkragensmoking wird auch ein Kummerbund getragen. Viele Herren greifen bei diesem Dresscode aber auch zum dunklen (dreiteiligen) Anzug mit Weste und ergänzen ein festliches Hemd mit Bisen oder verdeckter Knopfleiste, Umschlagmanschette, Manschettenknöpfen und Einstecktuch. Als Dame tragen Sie ein längeres und festliches Kleid, dazu Schuhe mit möglichst hohen und unbedingt schmalen Absätzen und eine festliche Frisur mit Make-up.
Einladungsvermerk "Cocktail" oder "Dunkler Anzug": Der Anzug ist natürlich dunkel, also Schwarz oder ein tiefes Nachtblau und gerne 3-teilig. Graue Anzugstoffe werden meist als Melange-Ware (also mit changierenden Weiß-Anteilen) angeboten, was nicht festlich wirkt. Konservative Gastgeber bestehen auf Krawatte, ansonsten sind Einstecktuch und Manschettenknöpfe ein Manschettenknopf mit Stein statt Stahl angebracht. Als Frau kommen Sie im festlichen Kleid, das klassischerweise etwa Knielänge hat, mit entsprechenden Schuhen. Hier dürfen Sie sehr feminin auftreten - es sei denn, Sie haben noch Verhandlungspunkte offen.
Einladungsvermerk "Smart Business": Der Anzug ist auch hier dunkler und gerne dreiteilig. Krawatte muss sein. Für Damen ...
... passt ein edles Businesskostüm mit festlicheren Accessoires und höheren Absätzen oder ein Cocktail-Kleid mit Jacke. Vorsicht mit nackten Armen!
Betrachten Sie sich einmal ausgiebig im Spiegel, von jeder Seite: Ein Anzug soll sich ihrer Figur anpassen, niemals umgekehrt. Nur Sie können das beurteilen und dementsprechend Ihre Ansprüche geltend machen.
Suchen Sie sich einen Anzug mit ganz simpler Linien- und Schnittführung und natürlicher Konstruktion; er wird Jahre halten und sich im Laufe der Zeit an ihren Körper anpassen.
Eine Weste als Stilaccessoire sorgt für Aplomb. Speziell bei formellen Anlässen.
Einen Anzug kann man mit oder ohne Krawatte tragen; keine Pflicht. Das hängt nur vom Anlass ab. Wenn man das Hemd ohne Krawatte trägt, empfiehlt sich ein kleiner Kragen.
Ein Hemd ist der auserwählte Partner zu einem Anzug. Falls Sie T-Shirts bevorzugen, die gehen am besten mit sogenannten dekonstruierten Anzügen, also solchen ohne Polster, Futter und Ausstattungs-Schnickschnack. Der Fachbegriff dafür heißt dégagé.
Wenn man die Krawatte weglässt gilt: Der Hemdkragen darf nie die Revers überlappen. Die 1970er sind längst vorbei.
In dieser Saison schlage ich vor: ein Blouson-Hemd zum Anzug, eins ohne Kragen oder ein Pyjama-Hemd, um Klasse ein Ideechen Exzentrisches zu geben. Hemden in Nadelstreif zeigen einen leicht exzentrischen Touch, perfekt für die anspruchsvollsten formellen Anlässe.
Der Mix-und-Match-Anzug könnte eine coole Alternative sein, also Jackett und Hosen aus unterschiedlichen Materialien in gleicher Farbe - besonders chic!
Ein eng geschnittener Anzug signalisiert eine "lean and mean"-Allure; der coole Effekt ist allerdings beim Teufel, wenn der Anzug zu hautnah und kneifend eng geschnitten ist. Nur tragen, wenn Sie einen durchtrainierten und athletischen Körper haben.
Selbst wenn Sie athletisch gebaut sind: Slim fit sollte man nie übertreiben, das Jackett sollte nicht so eng sein, dass sich die Nähte dehnen und dass es Falten schlägt; die Hose darf nicht zu kurz sein.
Das Jackett kann geschlossen oder offen getragen werden, aber immer mit Haltung und Nonchalance - wenn man sich hinsetzt, öffnet man immer die Knöpfe.
Die Hosen sollten den Rist der Schuhe leicht berühren. Aufschläge sind ok, aber keinesfalls am Abend.
Die Länge des Jacketts ist eine kniffelige Sache; sie erfordert Augenmerk. Zu lang macht es mühselig und beladen aussehend und alt. Zu kurz sieht man damit albern und affig aus. Immer wieder überprüfen und beim Schneider ändern lassen.
Maßgeschneidertes sitzt absolut perfekt, vor allem, wenn es kleine Unregelmäßigkeiten wie schiefe Schultern etc. zu kaschieren gilt. Faustregel: Zwischen zugeknöpftes Jackett und Brust sollte immer eine Faust passen. Nicht mehr, nicht weniger.
Ärmel enden exakt am Handgelenk. Ein Zentimeter der Manschette blitzt hervor.
Schnürschuhe, ein schlichter Gürtel und eine klassische Armbanduhr sind die einzigen Accessoires, die man zu einem Anzug tragen sollte. Sportuhren gehören ins Gym.
Ein Einstecktuch gibt den Gentleman-Touch. Farbempfehlung: Aus der gleichen Palette wie die Krawatte, jedoch mit unterschiedlichem Muster.
Der Inbegriff der Eleganz: ein weißer Anzug im Sommer. Wagen Sie es nicht einen zu tragen, bevor Sie sich dafür nicht reif fühlen!
Ein Jackett, auf nackter Haut getragen ist die blanke Provokation; wenn man es lässig tut, ist das speziell im Sommer eine hervorragende Idee.
Das ideale Feeling stellt sich ein, wenn man einen Anzug wie ein Jogging-Outfit trägt: Er sollte die eigenen Bewegungen mitmachen und nicht behindern oder einschränken. Weich fallende Hosen zu einem scharf geschnittenen Jackett machen immer eine elegante Silhouette.
Freilich sollte ein Anzug die Ewigkeit überdauern. Er braucht aber ständig Nachbesserung und Pflege. In der Männermode machen schon Millimeter den großen Unterschied.
Basis meines Stils ist immer Praktikabilität: Deshalb sind die Anzugtaschen nie zugenäht, so dass es nicht die Silhouette zerstört, wenn man etwas hineinsteckt. Zugenähte Taschen immer auftrennen.
Allzeit bereit: Jeder Mann sollte unbedingt mindestens einen Smoking im Kleiderschrank haben; perfekt für jede Art Roter-Teppich-Gelegenheit und ähnlich festlichen Anlässen. Natürlich nie im Büro.
Einen Smoking trägt man nur, wenn es ausdrücklich auf der Einladung steht oder gewünscht ist: Black tie ist der code. Andernfalls fühlt man sich voll daneben. (Dieses und die folgenden Bilder: Evening capsule collection von Armani)
Die klassische Smokingfarbe ist schwarz, aber man sollte eine dunkelblaue Variante in Betracht ziehen das ist die absolute Eleganz. Deshalb habe ich einen für meine Evening Capsule Collection kreiert.
Ein Smoking verlangt nach kontrastierenden Details. Ich empfehle Satin, Rips oder Samt, je nach persönlicher Vorliebe.
Den elegantesten Look geben strukturierte Tuche und Stoffoberflächen mit Textur.
Das Hemd muss makellos sein, ob mit oder ohne Diplomaten-Kragen. Es steht frei, den Smoking mit Fliege oder Krawatte zu tragen.
Ohne viel Tamtam kann man einen Smoking auch etwas herunter tunen: Mit klassischen statt Lack-Schuhen. Sneakers überlassen Sie aber besser den Rockstars.
Zu einem Smoking trägt man keine Armbanduhr, sondern eine Taschenuhr: Bei Nacht fließt die Zeit anders dahin.