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Baselworld 2017: Das sind die neuen Luxusuhren

Foto: Patek Philippe

Die neuen Luxusuhren zur Baselworld Auftakt für die Uhren-Elite

Von Michelle Mussler
Luxus-Bausatz: Die Connected Modular 45 von Tag Heuer

Luxus-Bausatz: Die Connected Modular 45 von Tag Heuer

Foto: Tag Heuer

Mit einem Paukenschlag eröffnet Jean-Claude Biver die Baselworld als weltgrößte Luxusuhrenmesse quasi schon eine Woche vor dem offiziellen Beginn. Am Dienstagmorgen präsentiert der Uhrenchef des Luxuskonzerns LVMH die zweite Version der smartesten Luxusuhr der Welt - die 'Connected Modular 45' von Tag Heuer.

Der Clou dabei: zwei Uhrenmodule lassen sich austauschen, womit sich die Smartwatch in eine Mechanikuhr umrüsten lässt. Möglich macht das ein durchdachtes Klippsystem am Gehäuse, wodurch das elektronische Modul entfernt und von einem Chronographen-Tourbillon samt Automatikkaliber ersetzt wird. Die smarte Variante also für den Sport oder fürs Musikhören, die mechanische für das stilbewusste Auftreten im Business.

"Sie ist die Spitze der neuesten verfügbaren Technologie aus dem Silicon Valley und zugleich eine ehrliche Schweizer Uhr", wirbt Biver. Um alle 'Swiss Made' Kriterien bei der Smartwatch zu erfüllen, ließ er eine neue Produktionsabteilung bei Tag Heuer in der Schweiz errichten. Zudem lässt sich der Zeitmesser wie ein Deluxe-Baukasten individuell aus verschiedenen Farben und Materialien zusammenstellen - bis zu 56 Varianten sind möglich. Beide Zeitmesser kosten zusammen ab 18.500 Euro.

Wettlauf um Aufmerksamkeit

Die Messlatte für die diesjährige Baselworld, die am 23. März offiziell startet, ist also weit oben angelegt. Dafür ziehen die Marken alle Register: Hublot lässt Depeche Mode auf der Messe antanzen, Chronoswiss lockt verheißungsvoll mit Shades of Grey, Chopard appelliert mit Fairmined-Gold an das gute Gewissen der Kunden.

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Omega fährt eine ganze Armada zum 60. Geburtstag seiner Ikone Speedmaster auf; bei Zenith kann die Zeit nicht schnell genug schwingen - die Manufaktur präsentiert eine Weiterentwicklung des Chronographenkalibers El Primero mit höherer Taktung.

Die Branche steht trotz kriselnder Zeiten nicht still. Hublot-CEO Ricardo Guadalupe glaubt, dass die Talsohle überschritten ist: "Während es letztes Jahr in der Uhrenindustrie durchschnittlich um über zehn Prozent zurückging, sind wir sogar um fünf Prozent gewachsen." Für 2017 sieht er eine Stabilisierung der Märkte: "Einige werden etwas besser abschneiden können als 2016. Vor allem für Hublot wird es ein rasantes Ferrari-Jahr. Die Automarke feiert ihr 70-jähriges Jubiläum und wir kreieren dafür die Uhren." Die Branche schaltet in den Ralley-Modus.

Manche Auftragsbücher sind für Jahre voll

Und mit welchen Modelle werden Patek Philippe und Rolex auf der Baselworld an den Start gehen? Die beiden Manufakturen lassen sich vorab nie in die Karten schauen, was die Gerüchteküche umso mehr schürt. Man muss aber kein Prophet sein, um zu ahnen, dass Rolex zum 50-jährigen Jubiläum seiner legendären Taucheruhr Sea-Dweller mit einer Neuauflage kommt.

Relativ sicher wird auch die neue Datejust Linie mit 41 Millimeter Diagonale erweitert. Einige Uhrenfans wetten, dass auch die begehrte Daytona in neuen Farben vorgestellt wird. Ein Trugschluss. Rolex kommt kaum mit der Fertigung seiner Neuauflage von 2016 hinterher. Die Auftragsbücher sind für Jahre voll, weshalb es fatal wäre, noch mehr Begehrlichkeiten zu schüren.

Hinter den Kulissen rumort es gewaltig

Eterna, die zur chinesischen Citychamp Watch & Jewellery Group gehört, bezahlt seit Monaten die Rechnungen der Zulieferer nicht und will ohne CEO, der kurzfristig von Bord ging, zur Messe antreten. Die Swatch Group hat für seine zugelieferten Eta-Kaliber die Preise um sieben und bei Nivarox, dem Weltmarktführer für Unruhspiralen, um happige 14,8 Prozent im Januar erhöht.

Vor allem Marken im niedrigeren und mittleren Preissegment trifft das hart, da sie von Zulieferungen abhängig sind und besonders in der aktuellen Krise um jeden Cent feilschen müssen. Zu Boomzeiten hätte sie die Preiserhöhung an die Kunden weitergeben können, jedoch schlägt momentan das Pendel eher Richtung Preisreduzierung aus.

Tissot lanciert eine Automatikuhr sogar mit Silizium-Spirale für um die 1000 Euro. Hermès stellt eine Dress-Watch-Linie mit manufaktureigenem Automatikwerk für unter 5000 Euro vor, dort siedelt sich auch Tag Heuer mit einem komplett selbstgefertigten Chronographen an. Vor zwei Jahren wäre das noch undenkbar gewesen.

Bei Chopard sind die neuen Mille Miglia Chronographen sogar etwa 1000 Euro günstiger als noch 2015. Oris schafft es weiterhin, solide Chronographen unter 3000 Euro zu platzieren.

Kurzum, die Preise werden wieder fairer oder geben teilweise nach. Einige Neuheiten werden sogar zu Köderpreisen angeboten, um das schleppende Business wiederzubeleben. Dieser Trend kündigte sich schon im Januar auf der Luxusuhrenmesse SIHH in Genf an.

Neuer Hype mit digitalem Guerilla-Marketing

In dem Preiskampf schlagen sich deutsche Uhrenmarken besonders wacker. Junghans, die Marke, die für ihre schwäbische Preispolitik auch bei jüngeren Uhren-Einsteigern beliebt ist, unterbietet sich dieses Jahr sogar selbst: für die neuen Drei-Zeiger-Puristen mit Automatikwerk werden unschlagbare 840 Euro aufgerufen.

Ähnlich erfreulich lockt Mühle-Glashütte mit einem Sport-Chronographen für etwa 3000 Euro und bei Bruno & Söhnle sind automatische Dress Watches mit Großdatum für unter 2000 Euro zu finden.

Obendrein bricht Nomos Glashütte alle eigenen Rekorde: als Deutschlands größter Produzent mechanischer Uhren brillierten die Sachsen 2016 mit einer gestiegenen Produktion von 23 und einem Umsatzplus von 24 Prozent.

Allerdings scheint der Erfolg auch zu verwöhnen - Nomos erhöhte im Januar als eine der wenigen Marken seine Preise und möchte auf der Baselworld den 25. Geburtstag seiner Klassiker Tangente, Ludwig, Orion und Tetra gebührend feiern.

Um das Geschäft anzukurbeln, werden zudem neue Vertriebskanäle aufgetan - und Kunden müssen lernen, besonders flott zu klicken. In der jüngsten Deloitte-Studie zur Uhrenindustrie kündigen über 50 Prozent der Produzenten an, dass sie verstärkt auf E-Commerce setzen. Wie sich zeigt, nicht nur über eigene Online-Shops, sondern auch mit exklusiven Kooperationen und Limitierungen.

Mit digitalem Guerilla-Marketing landete Omega im Januar einen Coup: erst wurden Uhrenfans über Blogs angeheizt, schließlich bot die Marke 2012 Exemplare des Sondermodells "Speedy Tuesday" für je 5800 Franken (etwa 5450 Euro) über seine Instagram-Seite an. Totaler Ausverkauf nach nur 4 Stunden - und über elf Millionen Euro Umsatz ganz ohne Händlerbeteiligung.

Prompt taucht ein Novum beim Richemont-Konzern auf: IWC offeriert einige seiner SIHH-Neuheiten beim Fashionportal Net-a-Porter. Das Luxusportal gehört anteilig zum Konzern, verfehlte zuletzt seine Geschäftsziele und braucht Umsatz - mit Uhren für ein paar Tausend Euro geht das eben flotter. Offensichtlich steckt die neue Richemont-Position für 'Uhrenproduktion, Marketing und Digital' dahinter, die Georges Kern ab April bekleidet und bis dahin noch als CEO von IWC agiert.

Blaue Stunden sind omnipräsent - und "Pandas"

In das digitale Windhundrennen stieg kürzlich sogar Richemonts Nobelmanufaktur Vacheron Constantin ein: Über das Uhrenportal Hodinkee bot sie 36 Exemplare eines Edelstahl-Chronographen zu wahnwitzigen 45.000 Dollar (etwa 42.500 Euro) an. In kürzester Zeit war die Auflage ausverkauft. Kunden freuen sich begehrte, Sondereditionen ergattern zu können, sollten sich jedoch vor blindem Aktionismus hüten. "Die wenigsten Uhren erfahren eine Preissteigerung", meint Stefan Muser vom Auktionshaus Dr. Crott.

"Reverse Panda": Die Intra-Matic 68 Auto Chrono von Hamilton

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Foto: Hamilton

Zudem greifen nicht die Verbraucherschutzrechte der EU. "Da die Uhr in den USA erworben wird, treten US Verbraucherschutzrechte in Kraft", heißt es auf Nachfrage bei Vacheron Constantin. Gewinner sind eindeutig die Marken, die schnelles Geld mit wesentlich geringeren Händlermargen erzielen.

Auch die Portale verdienen daran und erzielen zudem höhere Reichweite. Eine Win-Win-Situation für alle, möchte man meinen. Von wegen. Die bisherigen Konzessionäre mit hohen Ladenmieten und geschultem Personal schäumen vor Wut. Ebenso sind etablierte Uhrensammler not amused.

Guter Stil kennt keine Zeit

Nicht nur charmante Preise und digitaler Hype sind das Motto der Stunde. Ob galanter Gentleman, Tough Guy, vielreisender Geschäftsmann oder lässiger Yucci - jeder Herr kann seinem Habitus zeitgemäß frönen. Das Neuheiten-Sortiment ist so vielseitig wie selten: ob bei Omega, Longines oder Hamilton, häufig erinnern die Uhren an die guten alten Zeiten der 1950er, 60er und 70er-Jahre.

Entweder kombiniert mit klassischem Purismus als Dress Watch, wie bei Bulgari und Hermès, oder als sportiver Chronograph mit testosteronschwangerem Military-Style wie Breitling und Oris. Leichte Titangehäuse machen ebenso das Rennen wie charismatische Bronze-Gehäuse. Als stilbewusster Herr schmeißt man sich auch wieder mit Gelbgold in Schale, darunter mit auffälligen Gold-Zifferblättern, wie beispielsweise bei Carl F. Bucherer.

Von Alpina bis Zenith - blaue Stunden nach wie vor sind omnipräsent. Vermehrt haben graue Zifferblätter ihren Auftritt und symbolisieren zeitgemäßes Understatement. Auffällig: Auf vielen Zifferblätten grinsen Pandabären. So nennen Insider das Chronographen-Design aus dunklen Totalisatoren auf einem hellen Zifferblatt, ist es umgekehrt sprechen sie von 'Reverse Panda'.

Erstmals trat der Panda-Style Ende der 1950er-Jahre auf und findet sich jetzt in Retro-Modellen von Tag Heuer, Omega, Hamilton und Zenith. Der Retro-Trend erfasst sogar die Baselworld selbst: Vor hundert Jahren, während des Ersten Weltkriegs, eröffnete sie am 14. April 1917 erstmals als Schweizer Mustermesse Basel (MUBA). Gezeigt wurden Textilien, Lebensmittel, Spiel- und Metallwaren sowie Uhren. Sie sollte als nationale Leistungsschau ermutigen und "den Überlebenswillen der Schweiz und die landeseigenen Produkte stärken". Und irgendwie kommen einem solche Töne hoch aktuell vor.

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