

Ausgeben und Ausatmen mit Andreas Müller Geerdeter Luxus
Je älter ich werde, umso kostbarer erscheint mir die Zeit. Ich interessiere mich für Architektur – das Bauhaus insbesondere. Ich mag es, in Museen und auf Reisen zu gehen. In Hongkong etwa bin ich gern, dort gibt es das "Lin Heung Tea House", ein 90 Jahre altes Dim-Sum-Restaurant, in dem nur alte Chinesen sitzen und man sehr laut schreien muss, um von der Dame mit Servierwagen etwas zu bekommen.

Bessere Zeiten: Eng beieinander und offen zueinander: Das "Lin Heung Tea House" im Jahr 2018, als China Hongkong noch nicht unterdrückt hatte
Foto: Anthony Wallace / AFP / Getty ImagesMit meiner Familie habe ich vor den Toren Danzigs eine Ferienwohnung in dem Badeort Sopot an der Ostsee. Meine Lebensgefährtin stammt von dort. Wir schauen oft vom Café "M15" auf den Strand, gehen ins "Bistro Sztuczka", das eine tolle Fusion aus polnischer und internationaler Küche bietet. Im Sommer besuchen wir die Open-Air-Konzerte des Musikfestivals.
Luxus bedeutet für mich auch, geerdet zu sein. Im Sommer im See oder im Fluss zu baden, die Natur erleben. Die Leipziger Seen wie der Störmthaler oder der Cospudener See sind wunderschöne Ziele. Oder in der Erde wühlen. Während der Corona-Krise habe ich einen Nutzgarten angelegt, habe am Ende unserer Straße ein Stück Land gekauft und Kartoffeln, Salat sowie sehr viele unterschiedliche Beeren angepflanzt. Wenn ich im Garten gearbeitet habe, geht es mir einfach besser. Ich lerne viel, meinen Kindern macht es Spaß.
Ich schätze Produkte, die ursprünglich sind und handgefertigt, gerade habe ich einen Kirschbrand entdeckt von einem Brenner aus der Schweiz, ein Geheimtipp.
Hongkong
"Lin Heung Tea House", Tsang Chiu Ho Building, Wellington Street 160-164
Sopot
Sopot Music Festival, festivalgroup.pl
Strandbar "M15" (von der Seebrücke Molo 800 Meter Richtung Gdynia), Mamuszki 15
"Bistro Sztuczka", Ul. Generała Józefa Bema 6
Leipzig
Leipziger Seen: www.leipzigseen.de
Stetten
Spirituosen: Basler Langstieler Kirschbrand von Lorenz Humbel, www.humbel.ch
Und natürlich lese ich gern. In meinen Studienjahren in Leipzig ging ich in die Thomas-Buchhandlung. Gerade habe ich wieder mit Hermann Hesses "Siddhartha" angefangen. Seine Sprache ist so schön, so eingängig, er kleidet Gefühle in die richtigen Worte, schafft Bewusstsein. Das Christentum ist für mich wie ein Stück kondensierte Weisheit. Ich glaube, wenn man Dankbarkeit empfinden kann dem Leben gegenüber, so wie es ist – das ist der Schlüssel zum Glück. Sich nicht vergleichen. Sich besinnen darauf, was zählt. Ich bete jeden Abend mit meinen Kindern, und dann überlegen wir, wofür wir heute dankbar sein können.