Mitgründer ordert Aktien nach Kurssturz Hasso Plattner kauft SAP-Aktien für 250 Millionen Euro

Wer hat, der kann: SAP-Gründer Hasso Plattner hat Aktien für 250 Millionen Euro gekauft - und versucht mit diesem Vertrauensbeweis den Kurs zu stützen
Foto: imago stock/ imago images / STAR-MEDIAKurspflege oder echte Investmentchance: SAP-Aufsichtsratschef Hasso Plattner (76) hat den Kurssturz der Aktien des Softwareherstellers SAP zu einem Großeinkauf genutzt. Der Mitgründer des Dax-Konzerns deckte sich zu Wochenbeginn für insgesamt rund 248,5 Millionen Euro mit Papieren ein, wie aus einer Stimmrechtsmitteilung des Konzerns vom Dienstag hervorgeht. Plattner kaufte demnach zu Kursen von durchschnittlich um die 101 Euro.
Plattner will damit auch ein Vertrauenszeichen setzen, um einen weiteren Kurssturz der SAP-Aktie zu verhindern. Er kann sich einen Zukauf in dieser Größenordnung locker leisten: Plattner ist vor Gründungskompagnon Dietmar Hopp (80) der größte Einzelaktionär des wertvollsten deutschen börsennotierten Unternehmens und hielt zuletzt der Finanznachrichtenagentur Bloomberg zufolge knapp 5,9 Prozent der Anteile - aktuell ist das Paket gut 7 Milliarden Euro wert. Plattner gehört ebenso wie Hopp zu den reichsten Deutschen und zu den Technologie-Milliardären in Deutschland.
Die SAP-Aktie war am Montag wegen eines Strategieschwenks von Vorstandschef Christian Klein (40) um mehr als ein Fünftel auf 97,50 Euro eingebrochen und damit wieder auf den Stand von Anfang April, als sich die Papiere gerade vom Corona-Crash erholten. Dies war der höchste Tagesverlust der Papiere seit den 1990er Jahren, ein Börsenwert von rund 33 Milliarden Euro löste sich in Luft auf. Die SAP-Aktien drehten am Dienstag auf die Nachricht von Plattners Aktienkauf hin ins Plus und notierten zuletzt 2,5 Prozent fester bei 100,60 Euro. Auch Klein und Finanzchef Luka Mucic hatten am Montag Aktien gekauft, allerdings in einem deutlich kleineren Rahmen für gut 102 000 und gut 75 000 Euro.
SAP rechnet bis Mitte kommenden Jahres mit Belastungen durch die Infektionskrankheit, was auch die für 2023 gesetzten Mittelfristziele um ein bis zwei Jahre verschiebt. Wegen des noch schnelleren Umstiegs auf Cloudsoftware müssen sich Anleger nun darauf einstellen, dass SAP bis dahin auch kaum Fortschritte bei der Profitabilität machen wird, wie Klein am Montag mitteilte.
Schock für SAP-Aktionäre
Dass es soweit kommen könnte, war von den wenigsten Anlegern erwartet worden. Bei Investoren herrschte - auch mit Blick auf die starke Performance digitaler US-Großkonzerne wie Amazon, Facebook oder der Google -Mutter Alphabet in der Corona-Krise - bis zuletzt beste Laune, hier und da gar ein bisschen Euphorie. Schließlich verdiene SAP auch digital sein Geld, sei nicht etwa wie Autokonzerne abhängig von globalen Lieferketten und habe schon im zweiten Quartal wieder überraschend gute Zahlen präsentiert. Doch die Wünsche, der Aufschwung werde andauern oder sich sogar beschleunigen, blieben unerfüllt.
So kassierte SAP nun bereits zum zweiten Mal binnen weniger Monate seine Finanzziele. Beim ersten Mal im April ging diese Nachricht in der Hochphase der Corona-Pandemie angesichts einer sowieso im Abschwung befindlichen Weltkonjunktur fast unter - doch nun zog SAP mit seiner Ankündigung große Aufmerksamkeit auf sich.
Umsatz dürfte auf 27 Milliarden Euro fallen
Dieses Jahr rechnet SAP jetzt nur noch mit einem Gesamtumsatz von 27,2 bis 27,8 Milliarden Euro auf Basis konstanter Wechselkurse - also zu Wechselkursen aus dem vergangenen Jahr. Schlägt der starke Euro besonders hart bei der Umrechnung von ausländischen Erlösen zu Buche, sind den Angaben zufolge auch Werte darunter möglich. In der im April aktualisierten Finanzprognose waren noch 27,8 bis 28,5 Milliarden angepeilt worden, davor sogar 29 Milliarden Euro.
Im Vorjahr hatte der Konzern Erlöse von 27,6 Milliarden Euro gemeldet, das heißt: In diesem Jahr könnte letztlich ein Umsatzminus stehen. Auch der operative Gewinn werde nicht mehr so hoch ausfallen wie angepeilt und nur noch bei 8,1 bis 8,5 Milliarden Euro liegen.
Viele SAP-Kunden müssen hart sparen - auch an der Software
Das hat auch etwas mit schlechteren Geschäften in der Pandemie zu tun. Laut einer Erhebung des einflussreichen Anwenderverbandes DSAG, in dem sich Tausende SAP-Kunden zusammengeschlossen haben, klagen fast drei Viertel aller befragten Firmen über zurückgehende Umsätze. Das habe auch Auswirkungen auf die IT-Budgets der SAP-Kunden, sagte DSAG-Chef Jens Hungershausen der Deutschen Presse-Agentur. "Es gibt einen großen Anteil, der sagt: Wir forcieren jetzt unsere IT-Projekte. Aber es gibt fast einen genauso großen Teil, der sagt: Wir bremsen unsere Projekte jetzt ein bisschen ein, verzögern sie. Das dürfte bis Mitte nächsten Jahres erst mal so bleiben."
Klein kassiert McDermotts Versprechen wieder ein
Für zusätzlichen Verdruss bei Anlegern sorgte die Tatsache, dass der Konzern aus Walldorf kurzerhand eines der wichtigen Profitabilitätsziele einkassierte. Vor eineinhalb Jahren hatte Ex-Vorstandschef Bill McDermott versprochen, dass die operative Gewinnspanne - also das, was vom Umsatz als Gewinn vor dem Abzug von Steuern, Zinsen und Sondereffekten bleibt - bis 2023 um rund fünf Prozentpunkte über derjenigen von 2018 (29 Prozent) liegen sollte. McDermotts Nachfolger - die Co-Chefs Christian Klein und Jennifer Morgan - hatten dieses Ziel immer wieder bekräftigt und aufbauend darauf die Werbetrommel für ihr Unternehmen geschlagen.
Hohe Cloud-Kosten: "Opfere den Erfolg unserer Kunden nicht der Marge"
Inzwischen führt Klein die Geschäfte alleine - und setzt nun öffentlichkeitswirksam neue Prioritäten. Bis 2023 werde es kaum Fortschritte bei der Profitabilität geben, kündigte er an. "Ich opfere den Erfolg unserer Kunden nicht der kurzfristigen Optimierung unserer Marge", sagte der Vorstandschef am Montag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Die Kunden fragten verstärkt Software aus der Cloud zur Nutzung über das Internet nach - ein Geschäftsmodell, das jetzt noch schneller ausgebaut werden soll. Das sorgt für neue Kosten, die die Gewinnspanne drücken. Finanzchef Luka Mucic ergänzte, das Management steuere das Unternehmen nicht nach der operativen Marge: "Wir wollen ein Wachstumsunternehmen bleiben."
Zwar wächst der Geschäftsbereich von Software zur Nutzung über das Internet stärker als der schon lange etablierte, in dem es um fest auf der Kunden-IT installierte Programme geht. Doch aktuell bringt der Cloudbereich noch immer nicht so viel ein wie das Geschäft mit einmaligen Lizenzgebühren und dem von SAP angebotenen Support für die Kunden-IT.
Um im Zukunftsbereich Cloudsoftware weiter zu wachsen, will der Konzern jetzt mehr Geld in die technische Infrastruktur stecken. So seien voraussichtlich kommendes und übernächstes Jahr zusätzliche Ausgaben erforderlich. Mucic bezifferte die nötigen Investitionen auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag.
US-Tochter Concur leidet unter der Pandemie
Für das Wachstum mit Cloudsoftware muss SAP auch weiter Geld in die technische Infrastruktur stecken, so seien voraussichtlich kommendes und übernächstes Jahr zusätzliche Investitionen erforderlich, hieß es. "Unser beschleunigter Umstieg in die Cloud wird sicherstellen, dass wir unseren Weg als Cloud-Wachstumsunternehmen fortsetzen, während wir uns gleichzeitig weiterhin auf Kosteneinsparungen konzentrieren", sagte Finanzchef Mucic.
Darunter dürfte vor allem auch der Umsatz mit Cloudsoftware schwächer ausfallen mit 8,0 bis 8,2 Milliarden Euro, hier standen zuvor 8,3 bis 8,7 Milliarden Euro im Plan. Vor allem die US-Tochter Concur, die Kunden Reisekostenmanagement anbietet, leidet unter der Krise. Das Betriebsergebnis dürfte nun zwischen 8,1 und 8,5 Milliarden Euro landen statt zwischen 8,1 und 8,7 Milliarden. Bereits im April hatte SAP die ursprünglichen Jahresziele wegen der Corona-Krise eingedampft.
Weil der Konzern stark auf die Kostenbremse getreten ist, sieht es in diesem Jahr immerhin bei der Entwicklung der Kassenlage besser aus. Statt mit rund vier Milliarden Euro freiem Barmittelzufluss (Free Cashflow) kalkuliert Mucic nun mit über 4,5 Milliarden Euro Zufluss in die Kasse.