
Wellness in Brandenburg Moorbad mit Seeblick
Bad Saarow - Ein Moorbad mit Seeblick - das klingt verlockend. Einfach daliegen, die Natur genießen, das Wasser des Scharmützelsees plätschern hören - ein wunderbares Wohlfühl-Angebot. Doch als es konkret wird, kommen mir erste Zweifel. Denn die Wanne steht nicht irgendwo, sondern in einem nur von Tüchern abgeschirmten Pavillon am Rand des Kurparks im brandenburgischen Bad Saarow, direkt am Seeufer, wo am späten Nachmittag noch etliche Passanten unterwegs sind.
Als Michael Köppe den Deckel der Kupferwanne lüftet und ein leicht modriger Geruch in meine Nase steigt, stellen sich weitere Zweifel ein: In diese dunkle Masse soll ich steigen - und bis zum Hals darin versinken? Köppe schaut mich aufmunternd an: "Wenn Sie wollen, können Sie jetzt", sagt der Mitarbeiter der Bad Saarow Kur GmbH. Na gut, erstmal vorsichtig die Hand eintauchen. Wie zäh das Moor ist! Alle fünf Finger sind pechschwarz nach dem Herausheben ? und bleiben es, die Pampe haftet gut. Ich zögere noch immer.
Aber was hilft's. Vorsichtig klettere ich über den hohen Wannenrand. Die Masse scheint unter mir zu brodeln. Aber sie ist zugleich träge und gibt langsamer nach als Wasser. Nach und nach umgibt mich dann eine angenehme Wärme, bis ich langgestreckt und bis zum Kinn in dem rund 40 Grad warmen Moor liege. Zum See hin ist der Blick aus dem Pavillon unverhüllt. Ein Motorboot zieht langsam vorüber. Die Insassen lachen und schauen interessiert herüber, ein paar Enten auch. Ich proste ihnen mit dem Sektglas in der matschverschmierten Hand zu.
Als die Wolken aufreißen und die Sicht auf die untergehende Sonne freigeben, ist die Entspannung perfekt - fast zumindest, denn in der Wanne wird es zunehmend heißer. Mein Kopf glüht - ob das am Sekt liegt oder am wärmespeichernden Moor? Egal. Die Abkühlung ist zum Greifen nah: Der See ist nur ein paar Schritte von meiner Wanne entfernt und an diesem Tag keine 14 Grad warm. Schlammtriefend tapse ich nach 20 Minuten Bad hinunter ans Ufer und finde es im See gar nicht kalt. Nach dem Untertauchen geht es im Bademantel zum richtigen Abduschen in die Therme oben am Hang.
Schlick für zahlungskräftige Kunden
Mooranwendungen haben in Bad Saarow, einer kleinen Gemeinde im Seenland Oder-Spree unweit von Berlin, eine lange Tradition. 1914 wurde das alte, inzwischen nicht mehr genutzte Moorbad errichtet, nachdem man die Moorvorkommen entdeckt hatte. Das Naturprodukt gilt als gesund für Haut und Gelenke, es fördert die Durchblutung und wird meist medizinisch eingesetzt.
In Bad Saarow stehen allerdings in erster Linie Wellness-Anwendungen auf dem Programm. Axel Walter, ehemaliger Bürgermeister und heutiger Geschäftsführer der Bad Saarow Kur GmbH, spricht vom "schwarzen Gold von Bad Saarow", das mit einigem Aufwand an zahlungskräftige Kunden gebracht wird: Für ein Wellness-Paket für zwei Personen mit Moorbad im Park, Kutschfahrt und Picknick veranschlagt Walter rund 300 Euro.
Gewonnen wird die braune Masse aus Moorwiesen unweit vom Kurpark. Einmal in der Woche baggern Mitarbeiter der Kur GmbH dort so viel ab, wie erfahrungsgemäß in den nächsten sieben Tagen verbraucht wird und schaffen sie zur Therme, wo sie vermahlen, gereinigt und einmal verwendet wird.
Die Wiesen sind eingezäunt und abgeschlossen, denn auch wenn das Moor dort nur zwischen einem halben und drei Metern tief ist, besteht Lebensgefahr durch langsames Einsinken. Sich selbst zu befreien, ist nahezu unmöglich. Erst kürzlich hat ein Mitarbeiter dort einen Stiefel verloren, weil er einen unbedachten Schritt gemacht hat. "Das reicht uns als Unglück", sagt Walter.
Schweben auf Thermalsole
Moor ist aber nicht das einzige Naturprodukt, das der Kurort vermarktet. 1927 wurde in 150 Metern Tiefe eine Solequelle entdeckt, die Catharinen-Quelle. Das heute aus 450 Metern Tiefe gewonnene Wasser speist die 1995/96 errichtete Therme. Wer nicht ganz so luftig in der Moorwanne mit Seeblick im Kurpark liegen mag, bekommt im Wellnessbereich der Therme seine Anwendungen oder nutzt die verschiedenen Saunen.
Die Thermalsole in Bad Saarow hat einen Salzgehalt von 2,5 Prozent und eignet sich daher unverdünnt als Badewasser. Die Konzentration ist allerdings deutlich niedriger als im knapp 70 Kilometer entfernten Burg im Spreewald, wo sich ein weiterer der insgesamt sieben Thermalbrunnen in Brandenburg befindet. Dort liegt die Sole-Konzentration bei 23,9 Prozent. Das dort in 1350 Metern Tiefe gewonnene Salzwasser wird für die Spreewald-Therme aber auf ebenfalls 2,5 Prozent verdünnt. Nur im Intensivsole-Becken liegt der Gehalt bei 8 Prozent - das erlaubt es den Badenden, im Wasser fast zu schweben.
Das Innere und Äußere der Therme ist dem Spreewald und seinen typischen Merkmalen als Kulturlandschaft nachempfunden: Dünne, leicht schräg stehende Betonpfeiler deuten die hochaufragenden Baumstämme an, Glaselemente in Hell- und Dunkelgrün simulieren das Laub. Reet und Holz als ortstypische Materialien finden sich ebenfalls. Wer mag, setzt sich zur Soleinhalation oder fürs Dampfbad in eines der zwei überdimensionierten Gurkenfässer im Badebereich.
Im Saunabereich gibt es unter anderem Aufgüsse mit Spreewald-Kräutern wie Wasserminze und eine Spreewald-Regendusche. Die eigens kultivierte Alge Scenedesmus Quadricauda aus der Region dient als Bestandteil der hauseigenen Kosmetiklinie. Badegäste können im Bademantel vom benachbarten Thermenhotel über eine verglaste Brücke in den Bade- und Saunabereich gehen. In Bad Saarow ist 2014 Baubeginn für ein ähnliches Projekt.
Träumen unterm Blätterdach
Menschen, die sich lieber nur mit den Füßen ins Wasser begeben, sind im unweit von der Spreewald-Therme gelegenen Barfußpark in Burg womöglich besser aufgehoben. Inhaberin Susanne Fiedermann dreht täglich nach dem Aufstehen auf nackten Sohlen eine Runde über das Areal. Sie führt auch gern Gäste über Stock und Stein vor ihrer Haustür. Erst geht es durch das weiche, vom Regen in der Nacht noch leicht feuchte Gras, dann zur sanften Einstimmung auf größere Herausforderungen über quergelegte, armdicke Baumstämme. Zwischendurch können sich die Sohlen immer wieder auf Gras erholen.
Fiedermann überschreitet zügig zerkleinerte Tannenzapfen, größere und kleinere Kieselsteine, raue Betonstücke, ihre Besucher im Schlepptau. Grobkörniger Sand piekt leicht. "Schauen Sie nicht nach unten, immer nur nach vorn und erfühlen Sie, was Sie unter den Fußsohlen haben", rät sie. Das gilt besonders für die Fläche mit den im Sonnenlicht glitzernden Glasscherben in Blau und Braun. "Viele fürchten sich davor, sagen dann aber, dass es ihnen im Park am besten gefällt."
Verletzungsgefahr besteht nicht, die Kanten sind einigermaßen abgerundet, etwas Überwindung kostet es trotzdem - von dem Gefühl unzähliger Nadelstiche ganz zu schweigen. "Sehen Sie es als natürliche Fußreflexzonenmassage", sagt Fiedermann. Preiswert ist diese Art der Massage ohnehin, denn der Park kostet keinen Eintritt, die Betreiberin setzt auf Spenden.
Zum Abschluss der Barfußtour geht es ins Wassertretbecken: Hosenbeine höher krempeln, und erst Hacke und Spitze des einen Fußes, dann des anderen Fußes eintauchen. Dann ganz hineinsteigen und so darin herumwaten, dass nie beide Füße gleichzeitig im Wasser sind. Ganz schön kalt. Doch beim anschließenden Kaffeetrinken mit trockenen Füßen und wieder in Schuhen merke ich, wie nach und nach die Wärme durch die Gefäße kriecht und auch der letzte Zeh sich angenehm aufgewärmt anfühlt.
Wer gar nicht ins Wasser mag, kann im Spreewald übrigens auch immer noch Kahn fahren, selbst als Wellness-Suchender: Im Kahn der Sinne, der an der Pension "Zum Schlangenkönig" in Burg ablegt, liegt man gemütlich in Decken eingepackt im Boot und erlebt Tier- und Pflanzenwelt in der Horizontalen. Und kann die Gedanken durchs überwölbende Blätterdach gen Himmel schweifen lassen, während der Kahn fast lautlos übers Wasser gleitet.