
Mit dem Speedboat durch den Hamburger Hafen Adrenalinkick vor der Elbphilharmonie
Mit dem Speedboat durch Hamburg: Die RIB-Piraten bieten Sightseeing mit Adrenalinkick. Ihre 300 PS starken Schlauchboote sind für den Offshore-Einsatz konzipiert, knapp acht Meter lang und können bis zu 90 km/h schnell sein.
Bereits der Erstkontakt macht gute Laune: Auf ihrer Basis am City-Sportboothafen verbreiten die RIB-Piraten dezentes Südseefeeling. Eine rustikale Holzhütte mit wetterfesten Planen, eine Bar mit Palmen, ein stattlicher Grill und viele Tische laden zum Hinsetzen und Staunen ein. Neben dem Blick auf die Elbphilharmonie sind es vor allem die drei pechschwarzen RIBs mit Totenkopf-Branding, die Eindruck machen.
Hinter der Geschäftsidee stecken Frank Procopius und Caroline Schmidt, zwei waschechte Abenteurer, die nicht nur privat ein Paar, sondern gemeinsam dem RIB-Fieber verfallen sind. Sie wollten das extreme Speed-Feeling, das sonst nur Rettungskräften, der Polizei, Kampftauchern oder Greenpeace-Aktivisten vorbehalten ist, für jedermann zugänglich machen. Dabei war der Weg zur Lizenz lang und steinig, das kommerzielle Schnellbootfahren im Hafengebiet zu ermöglichen. Die Behörden mussten von der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Unternehmens erst überzeugt werden. Heute sind die RIB-Piraten das einzige Unternehmen, das im Hamburger Hafen regelmäßig fahren darf.
Der in Hamburg geborene Frank Procopius habe immer "verwackelte Hobbies" gehabt, gibt er zu. Er war Fallschirmspringer, Jetski-, Dragster- und Harley-Fahrer sowie Kunstflugpilot. "Heute brauche ich nicht mehr zu arbeiten, denn ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht", sagt er und ergänzt: "Ich hatte eine richtig geile Kindheit, hing meistens mit meinem Vater und seinen beiden Brüdern ab - zwischen Autos, Tankstellen und KFZ-Werkstätten. Ich habe von klein auf Benzin im Blut. Das kommt mir bei den Piraten zugute, ich habe Ahnung von Motoren, und die brauchst du als Bootsbesitzer auch. Unsere Boote warten wir akribisch, denn sie stehen unter hoher Belastung. Wir fahren mit einem RIB bis zu 500 Stunden im Jahr."
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Obwohl bereits sein Vater zur See gefahren ist, begann Frank Procopius selbst erst spät mit dem Wassersport. Seinen Motorbootführerschein erlangte er 2004 im Alter von 41 Jahren, "weil ich mal Wasserflugzeug machen wollte". So richtig Feuer gefangen hat er dann bei seiner ersten RIB-Ralley, an der er 2007 am Roten Meer in Ägypten teilnahm. "Wir sind damals 500 Seemeilen in einer Woche mit dem RIB durch die niederländischen Antillen geheizt. Anschließend musste man sich in vielen anderen sportlichen Disziplinen beweisen. In der Zeit habe ich mich in diesen Bootstyp verliebt. RIBs sind unmittelbar, wendig, schnell und unfassbar robust: reine Arbeitstiere." "Caro habe ich 2008 in Hamburg kennengelernt, sie hat unser Team zu den ABC-Inseln begleitet", so Frank über seine ebenfalls motorsportverrückte Freundin und Geschäftspartnerin Caroline Schmidt. "Dort wurde die Idee geboren, das RIB-Bootfahren im Hamburger Hafen anzubieten.
Safety First - und: kein Stress mit den Behörden
2009 kauften sich Frank und Caro das erste Boot. Auf welche bürokratische Odyssee sie sich einlassen würden, war den beiden Gründern damals noch nicht klar. Zunächst boten sie Touren auf der Nord- und Ostsee an, aber ihr Traum war der Hamburger Hafen. Damals war es noch undenkbar, die Genehmigung dafür zu bekommen. "Das Wasserflugzeug, das hier früher flog, ist zweimal verunfallt. Einmal gab es fünf Tote, einmal zwei Tote. Und dann kommst du mit einer Sache an, die es hier noch nie zuvor gegeben hat. Unsere RIBs sind um ein vielfaches schneller als Barkassen. Das Vertrauen mussten wir uns erst langsam erarbeiten." Anfangs durften sie nur im Schleichtempo durch den Hafen fahren, was sich laut Caro so anfühlte, "als wäre man mit einem Porsche in der Spielstraße unterwegs".

Für das Team der RIB-Piraten gelten daher heute zwei Grundsätze: Safety First - und: kein Stress mit den Behörden. Frank Procopius beobachtet äußerst penibel seine Geschwindigkeitsanzeige, wenn er mit seinem Boot aus dem Hafen fährt. Zur Hafenleitung, der Wasserschutzpolizei und den Barkassen-Kapitänen haben die Piraten ein hervorragendes Verhältnis. Kreuzt man sich, wird einander fröhlich zugewinkt. Auch wenn Piraten im Ursprung die Rüpel der Weltmeere sind - auf Höflichkeit und Diplomatie legen Frank und seine Crew in der realen Welt großen Wert. Im Wasser wie an Land.
Ein RIB mit seinen 300 PS auszureizen, will gelernt sein. Alle Fahrer werden seit Gründung der RIB-Piraten eigens ausgebildet. "Auch wer ein großes Patent hat, oder wer Schlepper fährt, kann nicht unbedingt Schlauchboot fahren," erklärt Frank. Alle Piraten sind daher entweder Ausbilder bei einer Behörde, hauptberufliche Kapitäne mit einem Unlimited Patent und im Hamburger Hafen auf Seeschiffen unterwegs, oder haben einen militärischen Schifffahrtshintergrund. So entsprechen sie laut Procopius dem höchsten Sicherheitsstandard, der in Deutschland möglich ist.
Die Piraten-Flotte besteht derzeit aus drei Festrumpf-Schlauchbooten, sogenannten "Rigid Inflatable Boats", kurz RIBs. Zwei italienische Exemplare der Marke "Capelli" und ein britisches aus dem Haus "Ribcraft". Spricht der Chef über seine Boote, gerät er ins Schwärmen: "Die RIBs sind für den harten Offshore-Einsatz konzipiert und werden unter anderem von den Navy S.E.A.L.s oder von Sea Shepherd bei ihren Aktionen auf offener See eingesetzt. Aus gutem Grunde: Der Bootstyp ist unverwüstlich und geht mit dem Rumpf durch die Wellen wie das warme Messer durch die Butter."
Die wendigen Speed-Boote wiegen zwischen 1,9 und 2,5 Tonnen, sind knapp acht Meter lang und mit bis zu 300 PS ausgerüstet. Damit erreichen die Boote Geschwindigkeiten im beladenen Zustand von bis zu 90 km/h. Dass er außerhalb der Stadtgrenzen auf über 50 Knoten beschleunigt, ist für Frank normal. Von der Elbphilharmonie geht es zunächst in gemütlichem Tempo Richtung Landungsbrücken. Nachdem die Boote den Fischmarkt und das Hamburg Cruise Center Altona passiert haben, verdoppeln sie ihre Geschwindigkeit und düsen am schönsten Strand Hamburgs mit dem beliebten Café "Strandperle" vorbei.
"Gerade wenn das Wetter eckig ist, macht das RIB-Fahren Spaß"
Ab Teufelsbrück wird das Tempo noch einmal gesteigert, und es geht am Blankeneser Elbufer mit dem Treppenviertel entlang. Den meisten Landratten stehen jetzt schon die Haare zu Berge, dabei war das erst der Anfang. An der Hafengrenze werden die Boote gestoppt und die Gäste vom Bootsführer auf den Highspeed-Teil sensibilisiert. Dann erst geht es richtig los: mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Altes Land. Jede Welle ein Vergnügen, wenn die Landschaft vorbeirast und das Boot Kurven fährt, bei denen sich auch erfahrene Wassersportler an den Haltegriffen festklammern.
Nachdem die Boote und Piloten ausgiebig gezeigt haben, was sie können, wird auf der Südseite der Elbe zurück Richtung Hamburg gefahren: vorbei am Airbus-Werk, den Container-Brücken, Blohm + Voss Dock und dem Musicaltheater "König der Löwen". Container-Riesen aus aller Welt scheinen dabei zum Greifen nah. Insgesamt werden bei einer Tour rund 50 Kilometer zurückgelegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine gut gekämmte Frisur die Tour unbeschadet überlebt, ist weniger als gering.
"Gerade wenn das Wetter eckig ist, macht das RIB-Fahren Spaß", meint Frank. "Die schönsten Touren haben wir manchmal im Februar, wenn es eiskalt ist, und wenn es stürmt. Dann haben unsere Kunden einen dichten Kontakt zu den Elementen und kommen in der Regel mit einem tierischen Grinsen von Bord." Dabei brauchen sich die Gäste auf die Tour nicht vorzubereiten: "Unsere Passagiere werden von uns mit sehr guten, extrem wetterfesten Jacken und Hosen unseres Gründungspartners Helly Hansen ausgestattet. Dass jeder Passagier eine automatisch auslösende Rettungsweste trägt, ist genauso Standard wie die Sicherheitseinweisung vor jeder Fahrt."
"Wellengang und raues Wetter machen den Schlauchbooten nichts aus", schwärmt Frank, "Dieser Bootstyp ist Kummer gewohnt und lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Unsere RIBs vertragen laut Hersteller zehn Windstärken. Die brauchen kein Chichi und kein Teak-Deck, um Männerherzen höher schlagen zu lassen. Und unser Piratenschwarz sieht natürlich richtig schön böse aus. Dabei sind die so robust - so ein Ding im Hamburger Hafen auf die Seite zu legen ist unmöglich."
Die Wendigkeit der Schnellboote hilft auch anderen: Fünf bis zehn Mal im Jahr kommt es vor, dass Frank und seine Crew Menschen aus Notlagen retten. Havarierte Segler, gekenterte Boote, Sportboote mit Motorschaden - wenn auf der Elbe etwas passiert, sind die Piraten durch ihre wendigen Speed-Boote häufig schnell vor Ort. "Ich sehe schon am leicht panischen Blick, wenn die Leute mit ihren Booten im Fahrwasser liegen, dass ich helfen muss. Ich habe schon so viele Segel- und Motorboote geschleppt. Erst neulich habe ich ein Power-Boot angehängt, das schlappgemacht hatte, ich habe den kurz nach der Rumpfgeschwindigkeit seines Bootes gefragt und ihn dann in seinen Hafen direkt in seine Box zurückgebracht."