

Ranking der Superjachten Es kommt nicht nur auf die Größe an

Sailing Yacht »A«: Alle zwei Jahre stellt die Fachzeitschrift »Boote Exclusiv« ein Ranking der größten Segeljachten auf. Die 142,81 Meter lange und von Philippe Starck designte »A« des russischen Milliardärs Andrej Melnichenko besetzt immer noch Platz eins – mit einigem Abstand vor Platz zwei.

Probefahrt der »A« 2016 vor Kiel: Der keilförmige Dreimaster wurde von German Naval Yards gebaut. Die Masten sind aus Karbon und etwa 90 Meter hoch, alle Segel werden vollautomatisch gesetzt. Anfang 2017 wurde die »A« in Betrieb genommen.

»Black Pearl« auf Platz zwei: Gebaut von der niederländischen Werft Oceanco, gehörte die 106-Meter-Jacht dem russischen Milliardär Oleg Bulakow, der vor Kurzem an Covid-19 starb. Er wollte eine Segeljacht, die kaum Treibstoff verbraucht.

»EOS«: Auf Platz drei liegt unverändert der auf der Bremer Lürssen-Werft gebaute Dreimaster, der seit 2006 über die Weltmeere segelt.

»Athena«: Imposante Besegelung auch bei der 2004 in Dienst gestellten 90-Meter-Luxusjacht – Platz vier auch in diesem Jahr. Die Bauwerft Perini Navi hat inzwischen Insolvenz angemeldet.

»Maltese Falcon«: Die 88 Meter lange Jacht, gebaut ebenfalls von Perini Navi, wurde erstmals mit einem Dyna-Rigg – einem Rigg mit fest an drehbaren Masten verankerten Segeln – ausgerüstet.

»Sea Eagle II«: Einziger Neuzugang unter den Top Ten ist die mit 81 Metern größte Alu-Segeljacht weltweit – sie kam auf den siebten Platz des Rankings. Sie entstand in der Werft Royal Huisman in den Niederlanden.

»Skorpios« von Nautor’s Swan: Insgesamt gab es unter den Top-200 elf Neulinge. Einer davon ist die 42,62 Meter lange Rennjacht aus Karbon auf Platz 171, die für Hochseeregatten eingesetzt werden soll. 24 Crewmitglieder sind dafür notwendig.

Gewollte Schieflage der »Skorpios«: Immer weniger Segeljacht-Eigner wollten Regatten segeln, sagt »Boote Exclusiv«-Chefredakteur Martin Haber, sie seien lieber auf Weltreise über die Meere unterwegs.

»Path« (Platz 138) von Baltic Yachts: Mehr Komfort als Regatta-Boot bietet der 44,60 Meter lange Einmaster aus Finnland – mittschiffs ist eine Suite platziert, die fast die gesamte Breite von 9,45 Meter füllt.

»Pink Gin« (Platz 54): Eigner Hans Georg Näder will seine 46,30 Meter-Jacht von 2017 verkaufen und hat sie bereits durch eine etwa halb so lange Version ersetzt – die »Pink Gin Verde«, deren Karbonrumpf zur Hälfte aus Flachsfasern besteht. Damit wird er es nicht mehr in das Ranking schaffen.

Farbklecks im blauen Meer: Die »Pink Gin« macht ihrem Namen mit einem pinken Spinnaker alle Ehre. Für 38 Millionen ist sie zurzeit zu haben.

Monaco Yacht Show: Wer einige der Extremjachten live sehen will, kann die Ausstellungen am Mittelmeer besuchen. Im September findet die Show in Monaco statt.

Yachting Festival Cannes: Ebenfalls im September treffen sich die Bauwerften – und ihre potenziellen Auftraggeber – in dem französischen Hafenort. Die »Path« von Baltic Yachts lässt sich gleich auf beiden Ausstellungen sehen.
»Yacht for Sale: Pink Gin VI«, so bewirbt der Jachten-Broker Fraser eine der größten Segeljachten der Welt. Der dazugehörige Werbefilm zeigt einen schlanken Einmaster, der elegant durchs Wasser pflügt, auf dem Außendeck baumeln schwarze Kronleuchter, auf Deckstühlen räkeln sich drei blonde Frauen. Für 38 Millionen Euro bietet der Eigner Hans Georg Näder, Chef des Duderstädter Medizintechnikriesen Otto Bock, das 53,9 Meter lange Luxusschiff an, im vergangenen September rief er noch 45 Millionen auf.
Dass Näder, kurz HGN, die 2017 übernommene »Pink Gin VI« offenbar nicht aus den Händen gerissen wird, liegt nicht an der mangelnden Nachfrage nach Luxusjachten überhaupt. Nach kurzer Corona-Schockpause boomt der Markt der Motor- und Segeljachten, sagt Martin Hager, Chefredakteur von »Boote Exclusiv« . In der Pandemie hat der Wunsch nach Privatsphäre und Abstand nicht nur die Nachfrage nach Wohnmobilen, sondern auch nach Luxusjachten angeheizt. Die Kaufbereitschaft sei vor allem im deutschsprachigen Raum groß. Und Geld ist vorhanden: Weltweit ist die Zahl der Milliardäre sprunghaft gestiegen.
Dass die »Pink Gin VI« noch nicht den Besitzer gewechselt hat, liege vielmehr an den Ansprüchen der betuchten Klientel: Wer sich diese Geldsumme leisten kann, will auch eine Jacht, die von Mast- bis Bugspitze ganz seinen Vorstellungen entspricht. Die meist technisch versierten Segler gingen daher eher zu einer Werft ihres Vertrauens, sagt Hager, statt sich mit Secondhand-Schiffen zufriedenzugeben – ganz anders als Motorjachtfans. Im Allgemeinen aber sei auch der Secondhand-Markt bei Motor- und Segeljachten zurzeit leer gefegt.
Die »A« bleibt an der Spitze
Die »Pink Gin VI« aus Karbon und mit pinkfarbenem Spinnaker liegt auf Platz 54 im Ranking der 200 größten Segelschiffe der Welt, das die Bootszeitschrift alle zwei Jahre erstellt. Unter den Top Ten hat sich fast nichts getan:
Mit viel Abstand dominiert immer noch die 142,81 Meter lange und von Philippe Starck designte »A« des russischen Milliardärs Andrej Melnichenko, deren Bau und Fertigstellung 2017 große Aufmerksamkeit auf sich zog. 300 bis 400 Millionen Euro soll die »A« gekostet haben, heißt es, verifizieren lässt sich diese Summe jedoch nicht. »Über Preise wird in der Superjachtindustrie grundsätzlich nicht gesprochen«, sagt Hager.
Auf Platz zwei folgt die 106 Meter lange »Black Pearl«, die mit nur 20 Liter Treibstoff den Atlantik überqueren kann. Das Ökoschiff hatte der Russe Oleg Bulakow in Auftrag gegeben und mitentwickelt, der im Juni an Covid-19 gestorben ist.
Im Ranking folgen die »EOS« aus der Bremer Lürssen-Werft,
die »Athena«, gebaut von Royal Huisman in den Niederlanden;
und die 88 Meter lange »Maltese Falcon«. Die Jacht wurde im Auftrag des ebenfalls inzwischen gestorbenen US-Unternehmers Tom Perkins entwickelt und erstmals mit einem Dyna-Rigg – einem Rigg mit fest an drehbaren Masten verankerten Segeln – ausgerüstet.
Einziger Neuzugang unter den ersten zehn ist die »Sea Eagle II« auf Platz sieben; sie ist ebenfalls bei Royal Huisman in Vollenhove entstanden. 81 Meter lang und mit einer Amwind-Segelfläche von 3050 Quadratmetern, ist sie die größte Alu-Segeljacht weltweit. Masten, Rollbäume, Aufbauten und Ruderblatt sind aus Karbon gefertigt, Eigner ist der Milliardär Samuel Yin aus Taiwan.
Grund für die wenigen Änderungen unter den Top 50 des Rankings sei auch die Insolvenz von zwei Werften, Alloy Yachts in Neuseeland und zuletzt Perini Navi in Italien, die lange Zeit jedes Jahr zwei, drei 50-Meter-plus-Jachten auf den Markt brachten, sagt Hager – »große Stahl-Alu-Schiffe, sehr voluminös, schwer und träge – ganz anderer Stil als heute«. Zurzeit würden eher 30- bis 45-Meter-Jachten in Auftrag gegeben, etwa bei den drei großen Playern des Markts, den Werften Baltic Yachts und Nautor's Swan in Finnland sowie Southern Wind Shipyard in Kapstadt.
Insgesamt befinden sich unter den 200 Riesenjachten des Rankings immerhin noch elf Neulinge. Darunter zum Beispiel das extrem schnelle und spartanisch eingerichtete Hochseeregatta-Boot »Skorpios« (Platz 171) von Nautor's Swan, das bei Windgeschwindigkeit bis zu 14 Knoten von einer 24-köpfigen Crew gesegelt werden kann. Oder – um einiges komfortabler – die »Path« (Platz 138) von Baltic Yachts mit Kohlefaser-Badewanne, 2,70-Meter-Videowand, Titananker und Solarpaneelen, die das Deckshaus komplett bedecken.
Kleiner und grüner ist der Trend
Die knapp 36 Meter lange »Path« lässt sich im September auf dem Cannes Yachting Festival in Port Canto und der Monaco Yacht Show sehen, wie auch etwa hundert andere Segeljachten. Wer einen Kaufwunsch und mehrere Millionen Euro übrig hat, kann hier bei den ausstellenden Werften shoppen gehen – alle anderen nutzen die Gelegenheit zum Jacht-Spotting. Die Côte d'Azur sowie Korsika oder Sardinien seien gute Orte, um im Sommer einige der Top-200-Schiffe in Fahrt zu erspähen, sagt »Boote Exclusiv«-Fachmann Hager, und vor allem in mallorquinischen Häfen hätten viele deutsche Eigner ihre Jachten liegen.
Hans Georg Näder, der auch Haupteigentümer der finnischen Werft Baltic Yachts ist, hat sich schon Ersatz für seine »Pink Gin VI« beschafft: Er ließ sich die »Pink Gin Verde« bauen, »nur« 22,66 Meter lang, mit elektrischem Antrieb und einem Karbonrumpf, der zur Hälfte aus Flachsfasern besteht. Der 59-Jährige liegt damit im Trend: »Kleiner und grüner« sei jetzt gefragt, sagt Chefredakteur Hager. Umweltfreundlichkeit sei vor allem den zunehmend jüngeren Eignern wichtig, die mit ihren Schiffen eher um die Welt als Regatten segeln wollten. Bestellt würden E-Antrieb und E-Winschen, Solarpaneele und Batterien.
Dennoch kündigt sich schon eine neue Nummer zwei und damit ein Umsturz auf dem Siegertreppchen der Giganten an. Amazon-Gründer Jeff Bezos lasse zurzeit einen 127-Meter-Dreimaster bei Oceanco in den Niederlanden bauen, Projektname »Y721«, berichtete Bloomberg im Mai und schätzt die Kosten auf etwa 500 Millionen Dollar (425 Millionen Euro). Begleitet werden soll die neue Rekordjacht von einer ebenso luxuriösen Motorjacht samt Helikopterlandeplatz. Trend Umweltfreundlichkeit? An Bezos scheint er vorbeizugehen.
Top Ten der längsten Segeljachten der Welt
Platz | Name | Länge [m] | Ablieferung | Bauwerft | Konstrukteure sowie Exterior- und Interiordesigner | Amwind-Segelfläche [qm] |
1 | »A« | 142,81 | 2017 | Nobiskrug (DEU) | Philippe Starck, Dykstra Naval Architects, Dölker + Voges | 4500 |
2 | »Black Pearl« | 106,00 | 2017 | Oceanco (NLD) | Nuvolari Lenard, Ken Freivokh, Gerard Villatte, Dykstra | 2900 |
3 | »EOS« | 92,92 | 2006 | Lürssen-Werft (DEU) | Lürssen, Bill Langan, François Catroux | 2500 |
4 | »Athena« | 90,00 | 2004 | Royal Huisman (NLD) | Gerard Dijkstra, Pieter Beeldsnijder | 2474 |
5 | »Maltese Falcon« | 88,00 | 2006 | Perini Navi (TUR) | Perini Navi, Gerard Dijkstra, Ken Freivokh | 2400 |
6 | »Aquijo« | 85,00 | 2016 | – Oceanco, Vitters (NLD) | Bill Tripp, Dölker + Voges | 3343 |
7 | »Sea Eagle II« | 81,00 | 2020 | Royal Huisman (NLD) | Dykstra, Mark Whiteley | 3050 |
8 | »M5« | 78,00 | 2004 | Vosper Thornycroft (GBR) | Ron Holland, T.-J. Canavaggio, Refit: RWD | 3380 |
9 | »Badis 1« | 70,00 | 2016 | Perini Navi (ITA) | Perini Navi, Philippe Briand, PH Design | 3045 |
10 | »Atlantic« | 69,24 | 2010 | Van der Graaf, Graafship (NLD) | William Gardner (1903), Doug Peterson | 1721 |
Quelle: »Boote Exclusiv« 5/21