

Ach, der Luxus über den Wolken. Die Marketing-Lyrik über breite Betten und luxuriöse Platzangebote in den oberen Klassen beim Fliegen relativiert sich dann, wenn man das Fliegen einfach mal kühn mit dem Am-Boden-Bleiben vergleicht - was im sozialen Wohnungsbau als schwerste Zumutung gelten würde, geht beim Fliegen locker als schwelgerische Dekadenz durch.
Aber klar, der Raum im Flugzeug ist nun mal beengt (sieht man mal von dem Drei-Zimmer-Apartment über den Wolken ab, das Etihad im A380 einer sehr überschaubaren Anzahl sehr reicher Passagiere bietet). Trotzdem schafft es die Branche, jedes Jahr neue Ideen zu entwickeln, wie das Leiden der Passagiere wenigstens partiell erheblich gelindert werden kann. Sie verleiht einmal im Jahr Preise für gute neue Ideen, die das Fliegen für alle erträglicher machen sollen. Nicht nur für die Passagiere, sondern auch für die Crew, die sich über sinnvolle technische Neuerungen freut.
Bei der Leistungsschau der Innenausstatter, der Aircraft Interiors Expo, die jedes Jahr in Hamburg stattfindet, werden die Crystal Cabin Awards verliehen: Für "Visionäre Konzepte", "Kabinenkonzepte", "Passenger Comfort Hardware", "Grünere Kabine, Gesundheit, Sicherheit und Umwelt", "Materialien und Komponenten" und etliche andere Kategorien.
Es gibt so segensreiche Innovationen wie einen besonders effektiven Luftfilter für die Bordtoilette. Das mag trivial klingen, aber es gab schon Fälle, wo intensive Gerüche zu einer Notlandung führten. Man macht halt viel durch beim Fliegen, das gilt besonders für die Toilette.
Für Passagiere besonders interessant sind natürlich neue Sitz- und Kabinenkonzepte: Ein besonders revolutionäres verabschiedet sich vom Klassendenken und teilt die Kabine statt dessen in Schlaf-, Besprechungs- und Loungeräume auf. Auch ein neuartiges Feuerlöschsystem für den Frachtraum schaffte es ins Wettbewerbs-Finale. Gut, letzteres klingt jetzt nicht so sexy wie das "Boutiquehotel über den Wolken", aber wenn einem erstmal der Frachtraum unter dem Hintern brennt, wünscht man sich vielleicht doch eher eine effektive Löschanlage als einen weicheren Sitz.
First Class: Mit diesem Kabinenkonzept für die Luxusklasse in der Boeing 787 schaffte es Etihad unter die Finalisten des Flugzeugausstatter-Wettbewerbs "Crystal Cabin Awards" - besonders überzeugte...
... die ausgeklügelte Raumnutzung. Trotz des deutlichen kleineren Flugzeugrumpfs kann Etihad hier denselben Komfort bieten wie im Airbus A380. Die Gestaltung stammt von Acumen Design.
Neues Geschäftsmodell: Hier sehen wir das Konzept "First Spaces" der Designagentur Seymour Powell für die First Class. Der Clou dabei: Es gibt...
... Einzel- und Doppelzimmerchen, wobei letztere preiswerter sind als zwei Einzelsitze in der First Class. Das soll ein richtiges Boutique-Hotel-Gefühl aufkommen lassen (halt nur in klein).
Kleinraumvergnügen: Die Designer von Tangerine wollen Virgin Australia als Premium-Carrier positionieren. Hier der Kabinenentwurf.
Smart Galley: Für den Fluggast zählt natürlich nur, was hier herauskommt - für die Crew aber ist das Modul eine interessante Neuerung, denn die Komponenten lassen sich für jeden Flug blitzschnell umkonfigurieren. Ein Entwurf der fränkischen Firma Diehl Service Modules.
Es werde Licht: Das Lichtsystem Viu von B/E Lighting and Integrated Systems kann auch in schwer zugänglichen Bereichen...
... sehr stimmungsvolles Licht erzeugen.
Essen ist fertig: Bei der Verpflegung im Flugzeug, das wissen die meisten Passagiere, ist in der Kategorie "Lecker" noch ziemlich viel Luft nach oben. Lufthansa Technik schaffte es mit dieser Induktionskochplatte unter die Finalisten, mit der sich frische Gerichte zubereiten lassen. Endlich!
Internet to go: Weil man auch dem Himmel so nahe nicht auf Emails und nutzlose Statusmeldungen von Leuten mit zu viel Tagesfreizeit verzichten möchte, muss auch im Low-Cost-Bereich eine Lösung her - Das Board Connect Portable von Lufthansa Systems ist eine All-in-One-Breitband-Router-Lösung zum Mitnehmen auf jeden Flug. Und damit...
... das Internet ruckelfrei läuft, haben auch die Kollegen des amerikanischen Unternehmens Gogo sich Gedanken gemacht und diese spacige Doppelantenne fürs Flugzeugdach ersonnen. Eine "2ku-Technologie". Wow.
Herumtippen auf dem Vordermann: Beim "Digital Sky" von Thales, in Kooperation mit B/E Aerospace, wird fast die gesamte Rückenlehne zum Touch-Bildschirm. Man könnte noch überlegen, die Druckempfindlichkeit extra niedrig zu halten, damit man dem Vordermann das Konzept auch noch als Massagesitz (gegen Aufpreis) verkaufen kann.
Vernünftig: Gut, das ist jetzt optisch nicht so der Knaller. Aber den Forschern des Fraunhofer-Instituts aus dem deutschen Teltow ist es gelungen, ein umweltschonendes Recycling-Verfahren für Verbundstoffe in Flugzeugkabinen zu entwickeln. Das ist mindestens so wichtig, wie immer neues Zeug zu entwickeln, das kein Mensch recyceln kann.
Neuartiges Feuerlöschsystem: Wichtig, wenn der Frachtraum brennt - das kann den Komfort an Bord sonst erheblich mindern. Im Ernstfall versprüht das System eine schlaue Mischung aus Wasser und Stickstoff...
... die Brände besonders umweltschonend und effektiv löschen kann. Bravo.
Innovativ: Boeing hat eine besonders hygienische Bordtoilette entwickelt, mit einem neuartigen Luftfilter. Aus Gründen. Das sieht...
... nicht nur okay aus, sondern stinkt auch weniger.
Und zack: : Der Präzisionsteilehersteller AWP hat in zwei Jahren Entwicklungszeit ein besonders leichtes, kraftsparendes und zentral abschaltbares elektronisches Verstellsystem zum Entriegeln der Rückenlehnen ersonnen.
Mit Parkett: Bisher musste man beim Fliegen auf Holzfußböden verzichten. Für Leute, die ihre luxussanierten Altbauwohnungen nur für Fernreisen verlassen, war das bisher eine wirkliche Zumutung. Die Firma F. List hat nun endlich Abhilfe geschaffen und stellt den ersten jemals für die Luftfahrt zertifizierten Holzfußboden für die Flugzeugkabine vor.
Endlich auch in geblümt: Sekisui SPI stellt ein thermoplastisches Oberflächendesign vor, mit dem sich Kabinenelemente wie Sitzschalen und Trennwände deutlich kreativer bedrucken lassen. Wenn es zu kreativ wird, gibt es ja noch die gute alte Schlafbrille.
Nah dran an der virtuellen Realität: Diehl Aerospace hat das "Dandelion"-Konzept ersonnen, mit dem sich Bilder und Filme an Kabinensegmente projizieren lassen, etwa um entspannende Lichtstimmungen zu erzeugen. Wenn man einen etwas schrägen Humor hätte, könnte man als Stewardess damit auch locker ein flammendes Inferno erzeugen, aber das würde einen wahrscheinlich den Arbeitsplatz kosten.
Behaglich: Der neue Waterfront Seat von Teague ist nicht nur bequem für den Passagier, sondern auch für dessen Smartphone, das zum Aufladen einfach nur auf eine Induktionsfläche gelegt werden muss.
Get up, stand up: Bei diesem neuartigen Economy-Class-Sitz von Rebel.Aero lässt sich die Sitzfläche nach oben klappen und so die Position während des Fluges variieren.
Scheuklappen für Passagiere: Das Nackenhörnchen ist vom Aussterben bedroht, wenn es nach Zodiac Aerospace geht - der ausklappbare Headrest bietet Passagieren in der Economy-Class wenigstens minimale Rückzugsmöglichkeiten und ein bisschen Anlehnung.
Ruckzuck ausgetauscht: Diese modulare Galley "Modulair" von der TU Delft überzeugte die Jury in der Kategorie "Universität" ebenso...
... wie die multimediale Bordlounge "Fio".
Oberklasse und Unterklasse: Der Clou bei dem visionären Entwurf von Formation Design liegt in einer mehrstöckigen Platzausnutzung - die First-Class-Passagiere liegen natürlich über denen der Business Class.
Sitz-Sponsoring: Das Konzept "Poppi" von Teague bietet Unternehmen Patenschaften für ungeliebte Mittelsitze an, mit denen sie sich bei Passagieren so beliebt machen können. Vor dem Flug können die Passagiere einander in einem sozialen Netzwerk kennenlernen.
Spacig: Zodiac Aerospaces verabschiedet sich in diesem Entwurf vom Mehrklassen-Denken und ordnet den einzelnen Bereichen stattdessen Funktionen wie Sitzen, Schlafen oder Business zu.