
Nationalparks in Colorado Rote Felsen, schwarze Schluchten, gelbe Dünen
Der Südwesten von Colorado in den USA geizt nicht mit Farben. In drei Nationalparks kommen Besucher der Berglandschaft auf verschiedene Weise nahe. Wild und ungezähmt bleibt die Natur fast überall. Benannt ist der US-Bundesstaat in den Rocky Mountains nach dem Rio Colorado, der dort entspringt und sich seinen Weg in Richtung Pazifik sucht.
Wer heute nach Colorado mit seiner Hauptstadt Denver reist, der wird rasch feststellen, dass diese - auch kulturell und gesellschaftlich recht bunte - Region im Westen der USA eine enorme Vielfalt bietet. In der Natur sorgen kraftvolle Töne für eindrucksvolle Bilder, die Urlaubern lange im Gedächtnis bleiben. Wenige Stunden Fahrt trennen Landschaften, die von sehr verschiedenen Farben geprägt sind. Oft herrscht das Grün der Wälder vor, aber auch Schwarz, Gelb oder Rot kann der Farbton Nummer eins sein, zeigt ein Besuch in drei Nationalparks in Colorados Südwesten.
Rot: Colorado National Monument
Was für ein Ausblick! Durch enge Kurven und zwei Tunnel windet sich die Straße über gut 330 Höhenmeter nach dem Westeingang des Colorado National Monument, oft nahe an steilen, rot-orangen Felsen entlang. Nun steht der Wagen auf dem Campingplatz am Saddlehorn, die letzten 50 Meter bis zur Abbruchkante des Plateaus sind zu Fuß zurückgelegt - und ein gewaltiges Panorama breitet sich aus. Der Blick reicht über spitze Felsnadeln, den Colorado River und den Ort Fruita bis hin zu einer Bergkette weit entfernt im Nordosten.
Das Hochplateau des Colorado National Monument fällt zum Colorado River hin steil ab und formt mit seinen Canyons eine von vielen Millionen Jahren der Erosion geprägte Kulisse. Sie erinnert mit ihren Sandsteintürmen manchmal an das Monument Valley, das Filmfans aus alten Western kennen.
Mit einer Tour auf dem 37 Kilometer langen Rim Rock Drive lässt sich das Naturspektakel leicht erschließen. Viele Motorrad- und Radfahrer sind hier unterwegs. Immer wieder verleiten Aussichtspunkte zu einer Unterbrechung der Fahrt, etwa am Upper Ute Canyon Overlook. Hier lässt sich testen, wie lange ein verblüffend starkes Echo braucht, um von der rotbraunen Canyonwand zurück zu schallen.
Kurze Pfade führen an Felsformationen heran, die Window Rock oder Coke Ovens heißen. Die meistfotografierte ist das steile, gut 135 Meter hohe Independence Monument. John Otto, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich dafür sorgte, dass die US-Regierung diese Canyons unter Naturschutz stellte, hat den Sandsteinbrocken im Jahr 1911 gleich zweimal erklettert - am 6. Juni und dann vier Wochen später noch einmal am Unabhängigkeitstag. Er hat damals den Anfang der Unabhängigkeitserklärung der USA im Fuß des Felsens verewigt und auf dessen Gipfel zum ersten Mal die US-Flagge gehisst. Noch heute bezwingen Kletterer das Independence Monument jedes Jahr wieder am 4. Juli und lassen dort das Sternenbanner wehen.
Schwarz: Black Canyon of the Gunnison Nationalpark
Echte Wildnis, größtenteils vollkommen unzugänglich in einer engen, hunderte Meter tiefen Schlucht mit rasend schnellem Wasser: Das ist der Black Canyon of the Gunnison. Touristen bekommen einen kleinen Eindruck, wenn sie vom Ort Montrose aus 25 Kilometer nach Nordosten fahren, ihr Auto am Besucherzentrum an der South Rim parken und an einem der Aussichtspunkte den Blick in die Tiefe richten.
Das Wasser des Gunnison River hat sich hier über eine Distanz von 85 Kilometern einen schmalen Weg durch ein felsiges Plateau gefressen. Die Wände der schwarzen Schlucht stehen sich sehr nahe gegenüber, an der engsten Stelle sind sie nur zwölf Meter voneinander entfernt. Das führt dazu, dass das Sonnenlicht an vielen Punkten nie den Grund des Canyons erreicht. Oberhalb des Flusslaufs wirken die Wände dort wie schwarz - was dem Black Canyon of the Gunnison den Namen einbrachte.
Vom Besucherzentrum aus führt die elf Kilometer lange South Rim Road zu weiteren Aussichtspunkten. Am Painted Wall View stehen Touristen dabei vor der höchsten Felswand Colorados, die jenseits des Canyons 685 Meter in die Höhe ragt. Endpunkt der Straße ist der High Point, an dem sich eine etwa 90-minütige Wanderung beginnen lässt. Vorbei an niedrigen Pinyon-Kiefern und Wacholderbüschen schlängelt sich ein schmaler Pfad dabei zum Warner Point, dem westlichsten Aussichtspunkt in die Schlucht. Kiefernhäher flattern dort vorbei, ein leichter Wind pfeift einem um die Ohren, und von tief unten rauscht der Fluss.
Am Warner Point könnte man auch in die Schlucht hinabsteigen, um den Canyon mal vom Flussbett aus zu sehen. Dafür brauchen Wanderer aber eine Genehmigung der Nationalparkbehörde, täglich werden davon nur 50 erteilt. Für Ab- und Aufstieg sind fünf Stunden zu kalkulieren - ein ganz besonderes Wildniserlebnis für alle, die fit genug dafür sind.
Je nach Jahreszeit steigt der Gunnison River unterschiedlich hoch in die Schlucht. Nach der Schneeschmelze im Frühjahr können pro Sekunde 340 Kubikmeter Wasser durch den Canyon schießen - mit genug Kraft, um Felsbrocken von 1,20 Meter Durchmesser wie Treibholz mitzureißen. Im Winter sinkt der Durchfluss auf manchmal 8,5 Kubikmeter pro Sekunde ab. Wild bleibt das Wasser in der schwarzen Schlucht aber auch dann.
Gelb: Great Sand Dunes Nationalpark
Wer Nordamerikas höchste Dünen sehen möchte, wenn das Licht frühmorgens und spätnachmittags am schönsten ist, sollte sich rechtzeitig um eine Reservierung für den Pinon-Flats-Campingplatz in Sichtweite der Sandberge kümmern. Denn die Anfahrt zu den Great Sand Dunes dauert lang und führt durch eine endlos scheinende Grasebene. Da freut sich jeder, der schon dort ist, wenn die Sonne aufgeht oder in der Abenddämmerung Wapitihirsche über den Campingplatz streifen und bei der Futtersuche nahe an die Zelte und Wohnmobile herankommen.
Der Sand der Dünen stammt ursprünglich aus der Region der mehr als 100 Kilometer weiter westlich gelegenen San-Juan-Berge. Starke Winde haben ihn über Tausende von Jahren nach und nach herübergeweht und vor den mehr als 4000 Meter hohen Sangre-de-Cristo-Bergen abgelegt, die sich nördlich und östlich der gelben Sandlandschaft auftürmen.
Viele Besucher beschränken sich auf einen Fotostopp zu Füßen der Dünen oder fahren mit dem Sandboard, ähnlich einem Snowboard auf Schnee, immer wieder ein paar steile Stellen hinunter. Doch man kann die Dünen auch erwandern - und ist dann rasch in einer anderen Welt.
Markierungen gibt es nicht, jeder muss sich seinen Weg selbst suchen. Der Wind verändert Details in der Landschaft jeden Tag, deshalb gibt es auch keine Karten als Hilfsmittel. Nur das Ziel ist klar an diesem Morgen: der Gipfel der High Dune, 213 Meter über der Ebene, die zweithöchste Erhebung im Dünenfeld und die höchste in der ersten Reihe, die von der einzigen Zufahrtsstraße aus noch sichtbar ist.
Schnell merkt man: Es ist besser, auf den Kämmen zu wandern, als die einzelnen Hügel frontal anzugehen. Mit jedem Schritt auf den steilen Anstiegen rutscht Sand nach hinten weg, und der Fuß im Wanderschuh verliert an Halt - Wandern auf Dünen kann viel anstrengender sein als auf anderen Bergen. Für viele Touristen, die sich auf den Weg machen, ist die High Dune daher so etwas wie der persönliche Mount Everest auf dieser Reise. Insgesamt zweieinhalb Stunden sind für die Tour anzusetzen, runter geht es dabei fünf Mal so schnell wie hinauf.
Ganz oben auf der High Dune macht eine Gruppe Franzosen gerade Fotos. Trotz aller Warnungen, im heißen Sand geschlossene Schuhe zu tragen, sind sie gerade alle barfuß. Zwei junge Amerikaner kommen vorbei, schütteln den Kopf und ziehen bald darauf weiter. Ihr Ziel ist die tiefer im Terrain gelegene Star Dune, deren Kamm weitere 17 Meter höher verläuft und die damit die höchste Düne im Nationalpark ist. Einen Kompass zur Navigation haben sie dabei, doch auch die Gipfel der Sangre-de-Christo-Berge, die von jeder Anhöhe sichtbar sind, helfen ihnen bei der Orientierung in dieser hellgelben Wildnis.