Seit 200 Jahren trinken die Münchener ihre kühle Maß Bier im Sommer unter Kastanien. Für Zugereiste eine angenehme Überraschung: Die Brotzeit kann der Gast bis heute selbst mitbringen. Eine Auswahl der schönsten Biergärten in und um München.
Der Biergarten feiert Geburtstag: Seit 200 Jahren trinken die Münchener ihre kühle Maß Bier im Sommer mit Gleichgesinnten
Foto: TMN
München - Ein kühles Bier unter Kastanien und eine mitgebrachte Brotzeit - das gehört in Bayern zur Lebensart. Seit 200 Jahren ist das Recht der Münchener auf ihren Biergarten amtlich: Am 4. Januar 1812 erlaubte König Max I. den Brauern, über ihren Bierkellern den Gerstensaft auszuschenken.
Die Biergarten-Gäste wollten ihre Maß aber nicht auf nüchternen Magen trinken - und so brachten sie ihr Essen kurzerhand mit. Aus der Gewohnheit wurde Tradition - mancher "Zuagroaste" staunt, wenn Einheimische eine Tischdecke entfalten, Wurst, Käse und Radieschen, Salzstreuer und Besteck ausbreiten oder gar ein Kerzchen anzünden. Das Mitbringen von Speisen ist aber inzwischen verbrieftes Recht und macht die Brotzeit im Freien zu einem erschwinglichen Freizeitvergnügen.
Hier ist eine Auswahl der schönsten Biergärten in und um München.
Hirschgarten: Der größte in München
Biergartenbesucher im Hirschgarten: Der größte Biergarten Münchens
Foto: ddp
Hirschgarten: Rund 8000 Plätze - das ist Rekord. Der Biergarten des Königlichen Hirschgarten am Rande des Erholungsparks im Stadtteil Nymphenburg ist der größte Biergarten Münchens, manche sprechen sogar vom größten Europas. Dieser Biergarten entstand nicht über einem Bierkeller, sondern um einen Jagdsitz der Wittelsbacher. In den historischen Räumen des 1791 erbauten Hauses feierten in früheren Jahrhunderten die Wittelsbacher. Heute ist der Biergarten wegen der umliegenden Wiesen bei Hundebesitzern ebenso beliebt wie bei Familien mit Kindern.
Königlicher Hirschgarten, Hirschgarten 1, 80639 München (Neuhausen/Nymphenburg), 089-17999119, geöffnet 9 bis 24 Uhr.
Biergarten am Chinesischen Turm: Trinken in der Morgendämmerung
Platz für 7000 Besucher: Der Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten ist einer der größten in München
Foto: TMN
Biergarten am Chinesischen Turm: Den zweiten Platz in Sachen Größe belegt der Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten. Mit seinen rund 7000 Plätzen ist er auch ein Anziehungspunkt für Touristen. 1789 ließ Kurfürst Carl Theodor den Englischen Garten anlegen; damals hieß er "Theodors Park". 1790 wurde der pagodenähnliche hölzerne Chinesische Turm gebaut, der mehrfach abbrannte. Im Biergarten rund um diesen Turm gibt es Hofbräu-Bier. Jeweils am dritten Sonntag im Juli treffen sich die Münchener hier schon in der Morgendämmerung zum Biertrinken: Der auf das 19. Jahrhundert zurückgehende Kocherlball beginnt um 5.30 Uhr. Die Kocherl - die Hausangestellten - trafen sich damals so früh, weil sie rasch wieder zu Hause sein mussten, um ihrer Herrschaft beim Anziehen für den sonntäglichen Kirchgang zu helfen.
Chinesischer Turm, Englischer Garten 3, 80538 München (Schwabing), 089-38387320, geöffnet (abhängig vom Wetter) 10 bis 23 Uhr.
Hofbräukeller: "A bisserl chic, a bisserl leger"
Im Hofbräukeller in Haidhausen gilt das Motto: "A bisserl chic, a bisserl leger"
Foto: DDP
Hofbräukeller: Mitten im Szenestadtteil Haidhausen lockt der gemütliche Biergarten mit 1700 Plätzen auch viele junge Menschen. "A bisserl chic, a bisserl leger, jeder Gast ist uns ans Herz gewachsen", werben die Wirtsleute, die Geschwister Friedrich Steinberg und Silja Schrank-Steinberg. Das Neurenaissance-Gebäude wurde 1892 am Isarhochufer erbaut. Mächtige Arkaden erinnern daran, dass es früher Stallungen beherbergte. Besonderheit: Es gibt zu bestimmten Zeiten tagsüber eine Kinderbetreuung, damit gestresste Eltern in Ruhe ihr Bier trinken können.
Junge Paare genießen die bayerische Gemütlichkeit an einem Biertisch auf der alten Bierterasse von Kloster Andechs
Foto: Kloster Andechs / Falk Heller
Andechs: Der "Heilige Berg" mit dem Kloster Andechs rund 40 Kilometer westlich von München ist ein Muss für jeden Besucher. Der Biergarten liegt innerhalb der Klostermauern. Zu den Gästen zählen Einheimische, Wallfahrer und Touristen ebenso wie Schulklassen - denn mindestens oberbayerische Schüler wählen Andechs gerne als Ziel für einen Klassenausflug. Lehrer, die sich darauf einlassen und ihre Meute nicht ausreichend unter Kontrolle haben, erleben da schon mal ein regelrecht blaues Wunder. Im Kloster werden sieben Sorten Bier gebraut, mehr als 100.000 Hektoliter insgesamt pro Jahr; der Andechser Doppelbock ist legendär. Der Komponist Carl Orff ("Carmina Burana") ist in der Wallfahrtskirche beerdigt. Jeden Sommer finden in Andechs Orff-Festspiele statt.
Kloster Andechs Biergarten, Bergstraße 2, 82346 Erling-Andechs, 08152- 3760, geöffnet unter der Woche bei schönem Wetter von 10 bis 18 Uhr, an Wochenenden bis 20 Uhr.
Paulaner am Nockherberg: Fastenbier und Derblecken
Sonnenschein und Dirndl: Anstoßen mit Starkbier im Biergarten am Nockherberg in München
Foto: DPA
Paulaner am Nockherberg: Hochpolitisch geht es einmal im Jahr im Paulaner am Nockherberg am Ostufer der Isar zu: Zwar nicht im Biergarten - dafür wäre es im März noch zu kalt - jedoch im Saal versammelt sich zur traditionellen Starkbierprobe Politprominenz aus Deutschland zum "Derblecken", sprich: zur satirischen Kritik. Das zu dieser Zeit ausgeschenkte Salvator Bier ist ein starkes dunkles Fastenbier, das nach einer mehr als 200 Jahre alten Grundrezeptur gebraut wird. Im Biergarten mit mehr als 2000 Plätzen erinnert ein Brunnen mit Mönchskopf an die Geschichte: Die Paulaner Mönche hatten im damaligen Kloster um 1634 mit dem Bierbrauen begonnen. Aber nur die Mönche selbst durften das Bier trinken. Ein kurfürstliches Mandat erlaubte 1751 den öffentlichen Ausschank am Festtag des Ordensgründers, des Heiligen Franz von Paula, am 2. April. Erst 1780 wurde der Ausschank in der Bierhalle namens Salvator-Keller uneingeschränkt erlaubt.
Paulaner am Nockherberg, Hochstraße 77, 81541 München (Giesing), 089-4599130, geöffnet 12 bis 24 Uhr, an Wochenenden ab 11 Uhr.
Biergarten am Viktualienmarkt: Alle sechs Wochen ist Bierwechsel
Anziehungspunkt auch für Touristen: Am Viktualienmarkt kommt jeder Besucher Münchens fast zwangsläufig vorbei
Foto: TMN
Biergarten am Viktualienmarkt: Am Viktualienmarkt kommt der München-Besucher fast zwangsweise vorbei. Nur ein paar Schritte weiter liegt der Marienplatz mit dem Glockenspiel, das Isartor mit dem Valentin-Karlstadt-Musäum. Den Biergarten auf dem Viktualienmarkt mit seinen malerischen Buden gibt es erst seit 1970. Er lockt vor allem Touristen an und Münchener, die nach dem Einkaufen auf dem Markt noch etwas trinken wollen oder zur Mittagspause hergeeilt sind. Viele Gäste holen ihre Brotzeit an den umliegenden Buden. Alle sechs Wochen wird das Bier einer anderen Münchener Brauerei ausgeschenkt. Die sechs großen Brauereien sind Augustiner, Hacker-Pschorr, Löwenbräu, Hofbräu, Paulaner und Spaten.
Biergarten am Viktualienmarkt, Viktualienmarkt 6, 80331 München (Innenstadt), 089-297545, geöffnet 9.30 bis 22, am Wochenende 9 bis 22 Uhr.
Klosterbrauerei Reutberg: Saftiges Alpenpanorama
Biergarten mit Aussicht auf die Tegernseer Berge: Ansturm auf der Terrasse des Bräu-Stüberls des Klosters Reutberg bei Bad Toelz
Foto: DPA
Bier am Klosterberg: Ein weiter Blick über saftige Wiesen mit fantastischem Alpenpanorama - die Klosterbrauerei Reutberg liegt idyllisch rund knapp 50 Kilometer südlich von München am Kirchsee, einem moorigen warmen Badesee. Auf dem Reutberg leben bis heute Klosterschwestern. Die Brauerei braut nach alten Rezepturen und dem Reinheitsgebot von 1516 elf Biersorten, insgesamt rund 18.000 Hektoliter pro Jahr. Es gibt traditionelle bayerische Schmankerl vom Schweinsbraten bis zum Apfelstrudel - genau genommen geht aber nur ein Teil der beliebten Ausflugsgaststätte als echter Biergärten durch. Nicht im gesamten Garten, sondern nur in einem Teilbereich darf man die Brotzeit mitbringen.
Klosterbrauerei Reutberg, Am Reutberg 3, 83679 Sachsenkam, 08021-258, geöffnet ab 10 Uhr, warme Küche von 11.30 bis 21.30 Uhr.
Augustiner: Hier wird aus dem Holzfass gezapft
Frühlingserwachen im Augustinerbiergarten in München
Foto: dapd
Augustiner: Der Augustinerbiergarten in der Arnulfstraße ist nach Betreiber-Angaben der älteste Biergarten Münchens und zählt mit 5000 Plätzen unter mehr als 100 Kastanien ebenfalls zu den größten. Erstmals erwähnt wurde der Biergarten den Angaben zufolge schon im Münchener Stadtplan von 1812; seit 1895 hat sich an seinem äußeren Bild nichts mehr verändert. Augustiner ist die einzige Brauerei, die das Bier bis heute im Holzfass liefert. Für viele Kenner macht das einen entscheidenden Unterschied zum Bier etwa aus Metalltanks.