
Neue Luxushäfen Wo die Reichen ankern
Montenegro - In der Antike galten schwarze Segel als Boten schlechter Nachrichten, doch wenn die "Beluga 1" vor der Küste von Montenegro Fahrt aufnimmt, denkt niemand an einen Trauerfall. Ganz im Gegenteil: Wer auch immer mit dem Zwei-Master auf Reisen geht, darf sich auf eine äußerst angenehme Zeit freuen. Das Schiff - es handelt sich um einen 28 Meter langen, türkischen Gulet - gehört Lady Anouska Weinberg, Hotelier und Inneneinrichterin aus London, die es komplett umgebaut und stilvoll eingerichtet hat.
Wenn die "Beluga 1" nicht auf hoher See ist, dann liegt sie im Hafenbecken von Porto Montenegro, oft genug neben "Golden Eagle", der 40-Meter-Motoryacht von Peter Munk, Milliardär und Erfinder der derzeit wohl angesagtesten Marina der Welt. Spätestens seit im vergangenen Sommer Nat Rothschild hier mit 400 Gästen seinen 40. Geburtstag feierte, hat der winzige Balkanstaat einen Platz auf dem Radar der Superreichen erobert, die vorher kaum wussten, dass es zwischen Kroatien und Albanien noch etwas zu sehen gibt.
Dabei war Montenegro schon in den 1960er Jahren ein Ferienziel für Hollywoodstars, Brigitte Bardot, Sophia Loren und Catherine Deneuve zählten zu den Besuchern. Kein Wunder: Wenn es um natürliche Schönheit geht, dann gibt es im südlichen Mittelmeer wenige Küstenabschnitte, die es mit dem Golf von Kotor aufnehmen können. Das erkannte auch die Unesco, die die spektakulär ins Meer abfallenden Karsteinfelsen, das natürliche Fjord und die zwei vorgelagerten Inselchen zum Weltkulturerbe erklärte.
Als Peter Munk 2006 im Helikopter über den Hafen von Tivat flog, waren es jedoch vor allem vier breite, mehrere hundert Meter lange Beton-Piers, die seine Aufmerksamkeit erregten. Der Gründer des weltgrößten Goldproduzenten "Barrick" kaufte dem Staat die Überreste des Österreichisch-Ungarischen Marinestützpunkt mitsamt rostender Militärschiffe, Raketenwerfer und Öllachen für einen Betrag, der je nach Quelle zwischen fünf und 155 Millionen Euro variiert, ab, und beschloss, hier ein neues Monte Carlo entstehen zu lassen.
Ein Penthouse am Hafen für drei Millionen Euro
Er fand finanzkräftige Partner - darunter Bernard Arnauld (LVMH), Lord Rothschild und Sohn Nathanial, sowie den russischen Oligarchen Oleg Deripaska - die mit ihm zusammen rund 600 Millionen Euro zur Verfügung stellten, und bescherte der verwahrlosten Anlage eine bemerkenswerte Metamorphose. Heute sonnen sich Gäste am 200 Meter langen Infinity Pool, uniformierte Kellner bringen ihnen eisgekühlten Taittinger an die Liegestühle.
Die Jettys sind in Adria Grigio-Stein gepflastert und mit Königspalmen bepflanzt, die ersten 185 Liegeplätze für Yachten sind fertig, weitere 465 in Planung. In Rufweite zu den Schiffen sind elegante Wohnanlagen entstanden, ein Dachterrassen-Penthouse kann locker drei Millionen Euro kosten, ein Studio ist schon für 200.000 zu haben.
Käufer kommen vor allem aus Russland, England und dem ehemaligen Jugoslawien, die meisten bringen ihre Yachten mit. "Die Boote werden immer größer, aber die alten Häfen wachsen nicht" sagt Peter Munk, und erklärt damit den Erfolg seiner Anlage. Schicke Boutiquen und Restaurants sowie die Eröffnung des Purobeach Porto Montenegro in diesem Juni tragen dazu bei, aus dem ehemaligen Militärhafen einen neuen Hot Spot am Mittelmeer zu machen.
Dass dort, wo Mega-Yachten kreuzen, Bedarf an eleganten Unterkünften, feinen Restaurants, schönen Geschäften und coolen Bars besteht, ist eigentlich ein nahe liegender Gedanke. Trotzdem haben erst in den letzten Jahren mutige Investoren damit begonnen, um Hafenbecken herum eine Welt zu gestalten, die den Ansprüchen jener Gäste entspricht, die mit wertvollen Drei-Mastern einen Parkplatz suchen.
Die alten Häfen sind zu klein, zu voll und zu teuer
Weil die schönen Häfen dieser Welt bereits bebaut sind, mussten attraktive Alternativen geschaffen werden - Saint Tropez, Saint Barth oder Portofino sind längst zu klein, zu voll und auch zu teuer geworden. Lustigerweise war es ein meeresferner Elsässer mit Schweizer Wurzeln, der den Prototyp einer Luxus-Marina erfand. Das mediterrane Hafendorf Port Grimaud wurde bereits in den 1960er Jahren von François Spoerry auf dem Reißbrett entworfen und später mehrfach vergrößert.
Immerhin sind die ältesten Bauten nun auch schon ein halbes Jahrhundert alt, und deshalb irgendwie "echt" geworden. Dass Port Grimaud als künstliche Retortenstadt entstanden ist, spielt jedenfalls keine Rolle mehr, nur dass die zu jeder Wohneinheit gehörenden Boot-Liegeplätze für große Yachten zu klein sind, trübt die Kauflust der Superreichen. Sie müssen ausweichen, und zwar an Orte, die bislang eher abseits ihrer Routen lagen.
Limassol auf Zypern etwa. Die 228.000-Einwohner-Stadt besticht nicht durch Schönheit: Breite Straßen, unattraktive Wohnblocks, ein schmaler Strand und eine kümmerliche Altstadt haben bislang kaum Besucher angelockt. Doch das könnte sich ändern. Ein Immobilien-Konsortium aus Bauunternehmern und Investoren versenkt gerade rund 350 Millionen Euro in den Meeresgrund.
Bis zum Herbst dieses Jahres soll der erster Teil der Limassol Marina fertig werden, gebaut wird nach Plänen des französischen Architekten Xavier Bohl, ein ehemaliger Mitarbeiter von François Spoerry, der in Port Grimaud lebt und arbeitet. Die Ähnlichkeit im Baustil ist nicht zu übersehen, allerdings hat Xavier Bohl aus den Unzulänglichkeiten von Port Grimaud gelernt und für Limassol eine weitaus weniger labyrinthische Wasserwelt entworfen, in der auch 115-Meter-Yachten drehen, und Boote von bis zu 60 Metern Länge bequem vor der eigenen Haustür vertäut werden können.
Ein Drei-Milliarden-Projekt auf den Bahamas
Insgesamt sind 650 Liegeplätze vorgesehen, dazu 94 Apartments und Penthouses zu Preisen von 428.000 Euro bis gut 2 Millionen. 40 Prozent davon sind bereits verkauft, die ersten Bewohner werden im November erwartet. Als Highlight gelten die 41 frei stehenden Villen mit unverbautem Blick aufs Meer. Eine der beiden größten wurde kürzlich für 13 Millionen Euro vom Plan weg verkauft.
Auf der anderen Seite des Atlantiks sind die ersten "cottages" der Albany Marina bereits fertig. Hinter dem Drei-Milliarden-Dollar-Projekt auf New Providence Island in den Bahamas steht der Brite Joe Lewis, laut Forbes-Liste auf Platz Nr. 7 der Reichsten im Vereinigten Königreich. Mitinvestoren sind die Golflegenden Tiger Woods und Ernie Els, und so ist es kein Wunder, dass Albany auch über einen 18-Loch-Golfplatz verfügt.
Überhaupt ist das im Oktober 2010 offiziell eröffnete Albany ein Projekt der Top-Kategorie: Das zweieinhalb Quadratkilometer große Areal liegt an einer wunderschönen Karibik-Küste mit Puderzucker-Strand, die Häuser wirken wie aus der "Raffaello"-Werbung, die Marina mit Platz für 71 Yachten ist vergleichsweise intim und trotzdem die größte der Karibik.
Bewohnbar sind bislang nur die Hotel-Cottages, drei bis fünf Schlafzimmer-Villen, die zum Marina-Resort gehören. Im Bau und größtenteils bereits verkauft sind rund 350 Privatresidenzen, verteilt auf Golfplatz-, Strand- und Marina-Lagen. Wer mit Blick auf den Hafen wohnen möchte, muss mit Preisen ab vier Millionen Dollar rechnen, ein 4000-Quadratmeter-Grundstück direkt am Meer mit Liegeplatz für eine 75-Meter-Yacht kostet 11 Millionen.
Der Luxus an Land kennt kein Ende
Deutlich günstiger kommt man in Mombasa weg. Dort investieren derzeit die Brüder Alnoor und Amyn Kanji knapp 60 Millionen Dollar in einen 16.000 Quadratmeter langen Küstenstreifen. An einer Bucht mit schönem Sandstrand und Blick auf die Altstadt Mombasas soll zum Jahresende die ultra-moderne EnglishPoint Marina eröffnen, mit 88 Yacht-Liegeplätzen, 99 Apartments und acht Penthouses, einem 26-Zimmer-Hotel, Cafés, Restaurants, Läden und einem Casino. Die großräumigen Wohnungen (154 bis 190 Quadratmeter) kosten ab eine halbe Million Dollar, dafür bekommt man im Mega-Yacht-Bereich (ab 35 Metern Länge) gerade einmal einen halben Schiffs-Meter.
Wer sich nicht vorstellen kann, welchen Reiz das Leben im Rahmen einer schicken Marina haben kann, muss nur eine der neun Wohneinheiten des 2011 eröffneten Marina di Scarlino Yacht Club & Residences in der schönen Maremma buchen. Die wie ein Hotel geführte Anlage gehört der Familie Ferragamo, zu deren "Lungarno Collection" bereits Hotels in Florenz und Rom gehören. Leonardo Ferragamo ist selbst ein passionierter Segler, seine elegante 30-Meter-Yacht "Solleone" liegt in der Marina und kann sogar gechartert werden.
Auch die Marina di Scarlino zählt zu den neuen Luxus-Häfen, ihr toskanischer Standort macht den Nachteil wett, dass an die 566 Liegeplätze nur Yachten bis zu 36 Metern passen, und dass sich das Gastronomie- und Shopping-Angebot in überschaubaren Grenzen hält. Dafür gibt es hier 39 zauberhaft gestaltete Residenzen, 60 bis 120 Quadratmeter groß, mit prächtigen Terrassen sowie Hafen- und Meer-Blick. 20 davon sind noch zu haben, die kleinsten für 320.000 Euro.
Schon zeichnet sich das nächste Luxus-Projekt mit Hafen-Flair ab: Die Schweizer Orascom Development Holding plant westlich von Tivat auf der Lustica Peninsula ein 1,1 Milliarden Euro Urlaubs-Paradies mit 2350 Wohnungen und Villen, acht Hotels, Thalasso Center, Golfplatz, Läden und natürlich einer Marina. Baubeginn ist noch in diesem Jahr, 2015 sollen die ersten Gäste kommen. Dann wird es eng im kleinen Montenegro.