
San Francisco: Die Golden Gate Bridge wird 75
Golden Gate Bridge Eine Party für die Ingenieurs-Ikone
San Francisco - Für seinen 75. Geburtstag wirft sich das Wahrzeichen von San Francisco in Schale. Erstmals seit der Einweihung der Golden Gate Brücke im Jahr 1937 werden die beiden Hauptkabel auf der ganzen Länge von 2332 Metern frisch angestrichen. Rechtzeitig bis zum 27. Mai schaffen es die Brückenmaler allerdings nicht. Der im letzten Sommer begonnene Facelift für die im Durchmesser knapp einen Meter dicken Drahtseile mit der berühmten Farbe "International Orange" wird mehrere Jahre dauern.
"Es ist ein anstrengender Job, aber wir sind alle sehr stolz darauf, dass wir uns um eine weltberühmte Ikone kümmern", begeistert sich Dennis "Rocky" Dellarocca. Das tut der 58-jährige Kalifornier seit nunmehr 28 Jahren. Anfangs selbst mit Malerrolle und Sprühgeräten, inzwischen leitet er ein 40-Mann-Team, das mit frischer Farbe unermüdlich gegen Rost und Abnutzung kämpft.
Bei Wind und Nebel sind die Maler unterwegs, von der Autotrasse bis zu den beiden Turmspitzen 227 Meter hoch über dem Pazifik, auf schwingenden Kabeln bis zum Fuß der Stahlträger, die von riesigen Zementfüßen im Meer gehalten werden. "Ich träume in International Orange", grinst Rocky.
Es ist nicht nur das unverkennbare Rotorange zwischen den weißen Schaumkronen des Pazifiks und dem stahlblauen kalifornischen Himmel, das die Golden Gate zur schönsten und meist fotografierten Brücke der Welt macht. Auch die eleganten Art-Déco-Formen, die das "Goldene Tor" zwischen San Francisco und den grünen Hügeln von Marin County im Norden überspannen, locken jedes Jahr rund zehn Millionen Menschen aus aller Welt an.
Ein 2737 Meter langer Spaziergang über den Abgrund
In 45 Minuten kann man gemütlich 2737 Meter von einem zum anderen Ende schlendern. Dabei teilt man den drei Meter breiten Gehweg an der Ostseite der Brücke mit Joggern, Rollschuhfahrern und Radfahrern.
Beim Fotografieren und Bummeln zu den Stoßzeiten kann es eng werden. Wer schwindelfrei ist, läuft am besten am Geländer lang. Das reicht den meisten gerade bis zur Brust, gleich dahinter geht es 70 Meter in die Tiefe. Wer mit dem Mietfahrrad von San Francisco aus die Brücke bezwingt, muss aufpassen. Heftige Windböen machen das mitunter zu einem wackelig-anstrengenden Vergnügen.
Mit einem Fußgänger-Tag war die Brücke am 27. Mai 1937 feierlich eingeweiht worden. Der nur 1,60 Meter große schmächtige Bauherr Joseph Baermann Strauss, Nachfahre deutscher Einwanderer, erklärte stolz: "Das mächtige Werk ist vollbracht." Nach nur vierjähriger Bauzeit mit einem Budget von 35 Millionen Dollar zeigte der Ingenieur ein architektonisches und ästhetisches Wunder vor.
Mit einer Spannweite von 1280 Metern zwischen den beiden Pfeilern war es die längste Hängebrücke der Welt. Erst 1964 stahl ihr New Yorks Verrazano Narrows Bridge den Titel. Seit 1998 hat die japanische Akashi-Kaikyo-Brücke mit 1991 Metern Spannweite die Nase vorn.
Die kühne Konstruktion bog sich unter Menschenmassen
200.000 Menschen spazierten bei der Eröffnung über die Golden Gate Brücke, rund 50.000 Hotdogs wurden an die hungrigen Schaulustigen verkauft, listet das Archiv der Brückenverwaltung auf. Beim Auftakt für den Autoverkehr tags darauf wurden mehr als 30.000 Limousinen gezählt. Eine Woche lang feierte die Stadt, seitdem gab es für die Brücke keine ruhige Minute.
Die größte Belastungsprobe kam am 50. Geburtstag, als 300.000 Menschen morgens um sechs Uhr von beiden Seiten auf die Brücke strömten, weit mehr als erwartet. Die gewöhnlich leicht nach oben gebogene Fahrtrasse drückte sich unter ihrer Masse durch. Die kühne Konstruktion hielt Stand, doch die Verantwortlichen zitterten.
"Diesmal machen wir es anders", stellt Brücken-Sprecherin Mary Currie sofort klar. "An ihrem 75. Jubiläum ist die Brücke nicht die Bühne, sondern nur Kulisse." Für Fußgänger wird die Golden Gate am Sonntag, 27. Mai, gesperrt, nur der Autoverkehr läuft weiter. Gefeiert wird am Wochenende entlang der Uferpromenade, von dem historischen Fort Point am Fuß der Brücke bis zum Pier 39 in San Franciscos Fisherman's Wharf, sechs Kilometer entfernt.
Sie lebt und vibriert
Als Ständchen für das Geburtstagskind sind Ausstellungen, Bootsparaden, Musik und Tänze in Kostümen der 1930er Jahre geplant. Es fängt mit Yoga auf der Brücke bei Sonnenaufgang am Tag vor dem Jubiläum an. Mit einem riesigen Feuerwerk am Sonntagabend soll es gebührend ausklingen.
Für die Gäste gibt es noch ein dauerhaftes Geschenk. Auf dem Brückenvorplatz entsteht ein Besucherpavillon, "wo es auf alle Fragen zur Golden Gate Brücke erstmals eine Antwort gibt", erzählt Mary Currie. Neu sind auch nächtliche Brücken-Touren und eine Fotoattraktion mit witzigen Schnappschüssen, etwa von sich auf der Turmspitze. "Vor allem bei Nebel ist das praktisch, denn da ist oft nichts von der echten Brücke zu sehen", meint Currie.
Zum Jubiläum am langen Memorial-Feiertagswochenende werden Hunderttausende Menschen in San Francisco erwartet. Wer es zur Party nicht rechtzeitig schafft, kann nachfeiern. Viele Ausstellungen gehen weiter, bis zum Jahresende zeigt das Fort Point einen Film über den Bau der Golden Gate Bridge. Brückenmaler Rocky gibt einen Tipp mit auf den Weg: "Du musst die Brücke fühlen, wie sie lebt und vibriert. Jacke einpacken und drüberlaufen". Nur am 75. Geburtstag ist ihr eine kleine Ruhepause von dem täglichen Ansturm der Fans vergönnt.