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Jugendherberge: Prora-Koloss nimmt Gäste auf

Foto: Stefan Sauer/ picture alliance / dpa

NS-Mammutbau Prora-Koloss als Jugendherberge eröffnet

Einst war der Bau als "Seebad der 20.000" von den Nationalsozialisten geplant. Nun wurde eine Jugendherberge im Koloss von Rügen in Prora eröffnet. Die Herberge ist die sechstgrößte in Deutschland.

Prora - Im NS-Baukoloss in Prora auf Rügen zieht wieder Leben ein. Am Montag wurde in einem ersten sanierten Abschnitt der 4,5 Kilometer langen, unmittelbar an der Ostseeküste gelegenen Anlage eine Jugendherberge eröffnet. Für 16,4 Millionen Euro wurde ein 152 Meter langer Teil der von den Nationalsozialisten als "Seebad der 20.000" geplanten Anlage ausgebaut. Mit der Inbetriebnahme der Jugendherberge sei ein neues Kapitel in der Geschichte des Bauwerks aufgeschlagen worden, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) zur Eröffnung. "In den grauen, vom Verfall bedrohten Mauern kehrt jetzt buntes Leben ein."

Im Nordende der von 1936 an erbauten uniformen Anlage, die im Zweiten Weltkrieg und zu DDR-Zeiten militärisch genutzt wurde, entstanden unter Einhaltung der Vorgaben des Denkmalschutzes 96 Zimmer mit insgesamt 402 Betten. Damit ist die Herberge die größte in Mecklenburg-Vorpommern und die sechstgrößte bundesweit. Drei weitere je 500 Meter lange Blöcke des von der "Kraft durch Freude"-Organisation konzipierten Mammutbaus sind zwischen 2004 und 2006 vom Bund an private Investoren verkauft worden, warten aber noch auf eine Sanierung. Für einen vierten Block läuft aktuell ein Bieterverfahren.

Bauherr der Jugendherberge ist der Landkreis Rügen, der das geschichtsträchtige Objekt vom Bund erwarb und nun für 40 Jahre an das Deutsche Jugendherbergswerk verpachtet. "Wir werden alles dafür tun, dass kein braunes Gedankengut hier Fuß fassen kann", sagte Rügens Landrätin Kerstin Kassner (Linke). In rechten Internetforen war die Eröffnung in den vergangenen Tagen als Fortsetzung der nationalsozialistischen Ursprungsidee, billigen Urlaub für ein Massenpublikum zu bieten, gelobt worden.

Impuls für Kinder- und Jugendtourismus

Die Jugendherberge will sich als internationale Jugendbegegnungsstätte profilieren, wie Herbergsleiter Dennis Brosseit sagte. "Unser Credo ist: bunt statt braun." Im benachbarten Teil des Kolosses von Rügen soll bis 2013 eine Bildungsstätte entstehen. Noch fehlt jedoch für die drei Millionen Euro teure Sanierung das Geld. Zusammen mit dem Verein Prora-Zentrum werden bereits jetzt Führungen und Seminare über die Anlage angeboten. Zwischen 1982 und 1989 waren in dem Abschnitt Bausoldaten untergebracht worden. Sie hatten den Dienst an der Waffe verweigert und machten einen Ersatzdienst.

Der Landestourismusverband erhofft sich mit der Jugendherberge einen weiteren Impuls für den Kinder- und Jugendtourismus in Mecklenburg-Vorpommern, der aktuell einen Anteil von 10 Prozent am gesamten Tourismusvolumen des Landes hält. Bereits jetzt sei der Nordosten das beliebteste innerdeutsche Reiseziel für Kinder und Jugendliche, sagte Tourismusverbandspräsidentin Sylvia Bretschneider. Zudem soll die Jugendherberge ausländische Gäste nach Mecklenburg-Vorpommern locken. Der Anteil ausländischer Gäste liegt unter 5 Prozent.

Alle Zimmer der Herberge sind bis auf die Betreuerunterkünfte zum Meer ausgerichtet. Zwei Drittel der Unterkünfte verfügen über eine eigene Dusche und Toilette. In der Herberge sind 35 Mitarbeiter beschäftigt. Die Sommermonate seien bereits komplett ausgebucht. Auch für 2013 liegen bereits Bestellungen vor. Als erste Gäste nach der Eröffnung bezieht eine Gruppe von 350 Magdeburger Schülern die Herberge.

Martina Rathke, dpa

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