Burj Al Arab "Es gibt keine Obergrenze"

Es gilt als das luxuriöseste Hotel der Welt: Vor zehn Jahren eröffnete das Burj Al Arab in Dubai. Geleitet wird es von einem Deutschen. Im Gespräch mit manager-magazin.de sagt Geschäftsführer Heinrich Morio, was Luxus ausmacht und wie sich das Haus für die Zukunft aufstellt.

mm.de: Klären wir zu Beginn eine immer wieder gestellte Frage: Ist das Burj Al Arab wirklich ein Sieben-Sterne-Hotel?

Morio: Das Burj Al Arab ist wohl das luxuriöseste Hotel, das Sie im Moment auf unserem Planeten finden können. Sieben Sterne haben wir uns selbst aber nie gegeben. Das wurde von einem Journalisten ins Leben gerufen, der das zur Eröffnung schrieb. Das blieb irgendwie an uns haften. Wir verwenden das selbst nicht, aber wir lehnen es nicht ab, wenn jemand unser Haus so beschreiben möchte. Offiziell sind wir ein Fünf-Sterne-Hotel.

mm.de: Wie definieren Sie Luxus? Wo ist die Obergrenze?

Morio: Es gibt keine Obergrenze. Der Begriff Luxus lässt sich in zwei Bereiche untergliedern. Erstens alles, was man sieht und berühren kann - im Fall des Burj Al Arab sind die Anlagen die großzügigsten, die jemals gebaut wurden. Die Architektur ist einzigartig, ähnlich wie die der Pyramiden oder des Eiffelturms. Es hat nach seiner Eröfffnung vor zehn Jahren ganz schnell den Standard in diesem Segment definiert.

Und zum Zweiten ist Luxus einfach eine Frage danach, wie viel Zeit die Angestellen mit dem Gast verbringen dürfen. Wer als Gast zu uns kommt und das zahlt, was er bei uns zahlen muss, der will, dass unsere Angestellten sich persönlich mit ihm beschäftigen. Er darf nicht schnell abgefertigt werden, weil wir nicht genug Leute haben. Auch in der Luxusindustrie passiert es zu oft, dass Effizienz vor Komfort geht. Natürlich muss ein Unternehmen effizient und profitabel arbeiten, keine Frage. Aber man muss dem Gast zu jeder Zeit, 24 Stunden am Tag, das ultimative Gefühl von Komfort geben. Dann kommt der Rest von allein.

mm.de: Was für einen Personalschlüssel haben Sie denn pro Gast?

Morio: Wir haben etwa 1600 Angestellte für 202 Suiten. Das ist der höchste Personalschlüssel, den es meiner Kenntnis nach je für ein Hotel gegeben hat. Zu dieser hohen Zahl tragen natürlich auch unsere sieben Restaurants und Bars bei.

mm.de: Im Januar wird das Burj Dubai eröffnen, das höchste Gebäude der Welt, in dessen unteren 37 Etagen ein Luxushotel geplant ist. Wie gehen Sie mit der neuen Konkurrenz um?

Morio: Wir heißen den Mitbewerber willkommen. Seit dem Burj Al Arab hat es etliche fantastische Neueröffnungen gegeben - alle haben zum Erfolg von Dubai beigetragen. Das Burj Dubai ist eine großartige Ergänzung der Skyline. Es wird abermals mehr Gäste nach Dubai bringen. Wir betrachten es gar nicht so sehr als Konkurrenz, weil eine solche Ergänzung gut für uns alle ist.

"Wir scheuen keine Kosten"

mm.de: Bei der Immobilienmesse Cityscape in Dubai herrschte kürzlich dennoch ziemlicher Katzenjammer. Etliche Großprojekte wurden auf Eis gelegt, bis zu 15 Prozent der Ausländer haben Dubai verlassen. Wie wirkt sich das auf Ihr Hotelgeschäft aus?

Morio: Unser Geschäft ist sehr stark. Die Klientel für das Luxussegment wird weiter reisen. Sie schaut vielleicht mehr auf das, was sie für ihr Geld bekommt. Sie bucht auch nicht mehr so lange im Voraus. Aber unsere Auslastungsquote ist unvermindert.

mm.de: Sie feiern Anfang Dezember das zehnte Jubiläum des Burj Al Arab. Was wird es Neues geben?

Morio: In den vergangenen zehn Jahren haben wir das Gebäude in tadelloser Verfassung gehalten. Wohin Sie auch schauen: Man sieht ihm nirgendwo an, dass es zehn Jahre alt ist. Für diesen perfekten Zustand haben wir beträchtliche Summen aufgewendet. Aber wir werden in den kommenden Jahren auch neue Akzente setzen und dabei keine Kosten scheuen. Die Spas und die Strandbereiche werden komplett überarbeitet. Derzeit entwickeln wir neue Konzepte für unsere Restaurants.

mm.de: In welche Richtung gehen die?

Morio: Unsere Gäste haben die Erwartung, dass wir immer wieder neue Highlights setzen. Der Stil des Burj Al Arab wird sich nicht verändern. Wir werden also einerseits sehr modern bleiben und andererseits unserem arabischen Erbe treu.

Heutzutage werden die Bereiche, in denen gegessen und getrunken wird, immer mehr zu Zentren der Kommunikation und der Unterhaltung. Sie werden multifunktionell genutzt. Ein Frühstücksrestaurant wandelt sich in einen Lunchroom, dann zum Salon für den High Tea, später wird es zur Lounge, und noch später wird dort vielleicht sogar getanzt.

Die innenarchitektonischen Details müssen darauf ausgerichtet sein, sehr gemütlich zu sein und alle Sinne anzusprechen. Die Küchen müssen sichtbar sein - das trägt zum Unterhaltungsfaktor bei. Natürlich möchten sich die Leute in einer luxuriösen Umgebung aufhalten. Aber sie wollen auch und vor allem in einer behaglichen Umgebung sein. Es soll nicht zu formell sein, auch wenn der Luxus spürbar sein muss.

mm.de: Wäre ein Konzept wie das Burj Al Arab, das Luxus so opulent zur Schau stellt, auch in Europa denkbar?

Morio: Luxus geht immer und überall. In Europa wäre es trotzdem nicht dasselbe - der Rahmen ist dort ja ein ganz anderer, und diesem Rahmen muss man sich anpassen. Möglich wäre es dennoch. Die Frage ist, wie viel man dafür zu zahlen bereit wäre und ob man es überhaupt betreiben könnte - unser Konzept ist ja extrem personalintensiv. Ich bin nicht sicher, ob das in Europa möglich wäre. Immerhin eröffnet die Jumeirah Group, zu der auch das Burj Al Arab gehört, im kommenden Jahr das Jumeirah Frankfurt - das wird sicherlich neue Standards setzen.

"Jeder Gast will im Grunde das Gleiche"

mm.de: Hat der internationale Jetset einen gemeinsamen Luxusbegriff? Oder gibt es, in Bezug auf die Herkunft Ihrer Gäste, Besonderheiten?

Morio: Jeder Gast, egal, woher er kommt, welcher Rasse oder Religion er angehört, will im Grunde das Gleiche. Da unterscheidet sich das Luxussegment auch nicht vom Mittelklassesektor. Die Leute wollen als willkommene Gäste behandelt werden. Sie wollen menschliche Wärme spüren. Wir alle wollen als Individuen behandelt werden. Wenn man das schafft, ob als Super-Luxushotel oder als Mittelklassehotel, dann wird man erfolgreich sein.

mm.de: Wir würden ja gerne mal einen Blick in Ihr Nähkästchen werfen. Was waren die ungewöhnlichsten Gästewünsche im Burj Al Arab?

Morio: Wir tun alles für unsere Gäste, solange es legal und moralisch vertretbar ist. Wie definiert man ungewöhnlich? Nach 30 Jahren im Geschäft bin ich da vielleicht auch ein wenig abgestumpft. Was für Sie und mich ungewöhnlich ist, ist für die Person, die danach fragt, vielleicht etwas ganz Alltägliches. Etwas völlig Abstruses ist mir allerdings noch nie begegnet. In dieser Hinsicht ist meine Karriere im Gastgewerbe relativ ereignislos. Oder ich bin, wie unsere Gäste, einfach verwöhnt und kann nicht mehr zwischen dem Normalen und dem Außergewöhnlichen unterscheiden.

mm.de: In Einkaufszentren in Dubai hängen seit Neuestem Schilder, die darauf hinweisen, dass kurze Röcke und Spaghettiträger unerwünscht sind. Ein britisches Pärchen kam im vergangenen Jahr ins Gefängnis, weil es am Strand Sex hatte. Wandelt sich die Stimmung in Dubai?

Morio: Nein. Dubai ist ein sehr tolerantes muslimisches Land. Aber wir müssen die hiesige Kultur respektieren. Das hat sich nicht verändert, ob heute oder vor fünf oder vor zehn Jahren. Man muss als Reisender seinen gesunden Menschenverstand benutzen und aufgeschlossen dafür sein, was in welchem Land akzeptabel ist und was nicht. Das war vor dreißig Jahren auf den griechischen Ferieninseln nicht anders als heute in Dubai. Manche Dinge tut man einfach nicht.

mm.de: Welche Erfahrungen haben Sie als deutscher Manager in Dubai gemacht? Was ist anders in der Geschäftskultur?

Morio: In der arabischen Welt ist das Wichtigste nicht das Geschäft. Das Wichtigste ist, wer man als Person ist. Als Europäer, besonders als Deutsche, haben wir die Tendenz, geradewegs auf den Punkt zu kommen. Wenn wir Geschäfte machen, sind wir gar nicht so sehr daran interessiert, wer uns da gegenübersitzt - wir wollen viel lieber wissen, was diese Person in geschäftlicher Hinsicht beizutragen hat.

Hier ist es dagegen sehr wichtig, sein Gegenüber kennenzulernen. Man kann zwei Stunden lang mit jemandem in einem Meeting sitzen, ohne über das Geschäft zu sprechen. Man spricht über viele andere Dinge, aber nicht über Geschäftliches. Und dann, in den letzten fünf Minuten, fallen die Entscheidungen - und die basieren dann aber auf den vorangegangenen zwei Stunden und hängen davon ab, ob Ihr arabischer Geschäftspartner Vertrauen zu Ihnen gefasst hat.

Der wichtigste Aspekt einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung in der arabischen Welt ist Vertrauen, und dieses Vertrauen basiert auf gegenseitigem Kennenlernen. Das ist etwas sehr Angenehmes und Erfreuliches.

mm.de: Wo sehen Sie den Standort Dubai in zehn Jahren?

Morio: Der Standort ist der begehrenswerteste der Welt, weil er so zentral zwischen Europa und Asien liegt. Die meisten Leute sind sich dessen gar nicht bewusst: Wenn man um Dubai einen Kreis zieht, der eine Entfernung von acht Flugstunden umfasst, leben mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung in diesem Kreis. Dubai ist sehr gut für die Zukunft als internationales Geschäftszentrum aufgestellt.

Dubais Wahrzeichen: Das Burj Al Arab in Bildern

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