Vietnam Die Bucht der 3000 Inseln
Halong City - Träge schleicht feiner Nebel über das grünblaue Meerwasser. Die langsam untergehende Sonne wirft sechs Kajak-Fahrern ihr warmes Licht ins Gesicht. Mit regelmäßigen Paddelschlägen gleiten sie über das ruhige Wasser, hin zu den kargen Felsformationen, die wie Zuckerhüte aus dem Meer herausragen.
Lediglich das gemütliche Plätschern der Paddel durchbricht die vorabendliche Stille in der Halong-Bucht im Norden Vietnams. "Wenn ihr dort vorne durch die Steinhöhle paddelt, erreicht ihr eine von Felsen umgebene Bucht", hat der einheimische Führer Thoc den sechs Paddlern zuvor erklärt.
Er selbst und einige weitere Reisende sind auf dem nicht weit entfernten großen Holzboot geblieben, einer Dschunke mit acht Doppelkabinen für die kommende Nacht. Die Drachensegel, die den Touristenbooten in der Halong-Bucht ihr unverkennbares Aussehen verleihen, sind bereits eingerollt, im Unterdeck bereiten zwei vietnamesische Köche das Abendessen vor.
Wie Messerspitzen im Meer
Doch noch ist es nicht ganz Abend, und die Sonne bietet genug Licht, um die Halong-Bucht per Kajak zu erkunden. Tausende Kalksteininseln machen die Bucht zu einem Naturspektakel. Sie ragen wie scharfe Messerspitzen aus dem Meer oder scheinen wie Steinhütten auf dem feinen Nebel zu schweben, der der Halong-Bucht oft eine mystische Stimmung verleiht.
Der Legende nach schickte der Himmel einen Drachen, als das Volk der Viet einst angegriffen wurde. Dieser zermalmte die Feinde mit seinem Schwanz und riss dabei tiefe Furchen ins Land. Als der Drache später im Meer abtauchte, stieg das Wasser an und überflutete die Furchen. Zurück blieben die Spitzen der aufgewühlten Erde - die heutige Halong-Bucht.
Reiseführer Thoc erzählt diese Geschichte gleich zu Beginn des Ausflugs: "Ha Long heißt "Bucht des herabsteigenden Drachen", sagt er, "und viele Vietnamesen sind sich sicher: Die Drachen sind noch da." Das grünblaue Meer unter sich, denken die sechs Kajak-Fahrer an die Drachenlegende, während sie der Felsenbucht immer näher kommen.
Meer aus rund 3000 Inseln
Meer aus rund 3000 Inseln
Der dunkelgraue Kalkstein und die grünen Hänge sehen von nahem noch gewaltiger aus. Der Felstunnel, der in die kleine Bucht führt, ist kaum zehn Meter breit und etwa ebenso lang. Eingehüllt von der Stille lassen sich die Paddler in die Bucht treiben. Nur vereinzelt fliegt ein Greifvogel in das windgeschützte Refugium.
Kaum eine der rund 3000 Inseln in der Halong-Bucht ist für Menschen bewohnbar - zu steil sind ihre Küsten, zu karg der Boden. Damit die Fischer nicht Dutzende Kilometer vom Festland bis zur Bucht fahren müssen, blieben sie irgendwann einfach auf dem Meer.
Noch überleben die Fischer mit ihren selbst genähten Netzen und kleinen Holzbooten. Doch die Konkurrenz vom nördlichen Nachbarn China rückt näher. Dort fahren bereits zehnmal so große Fischerboote aufs Meer.
Doch noch verströmt die Halong-Bucht den Charme vergangener Jahrhunderte. Umgeben von den Felsen, die wie unfertige Skulpturen aus dem Meer herausragen, trinken die zurückgekehrten Kajak-Fahrer mit dem Rest der 16-köpfigen Reisegruppe auf dem Sonnendeck der Dschunke ein Bier und erzählen von ihrem Ausflug.
"Vietnam ist so entspannt und locker"
Mehr als vier Millionen ausländische Touristen kamen nach Angaben der staatlichen Tourismusbehörde im vergangenen Jahr nach Vietnam.Zusammen mit den Besuchern aus dem eigenen Land zählte die Halong-Bucht allein im ersten Halbjahr 2007 mehr als zwei Millionen Touristen. Rund 90 Prozent der internationalen Vietnam-Reisenden machen einen Stopp in der Halong-Bucht, sagt Reiseführer Thoc.
Auch die insgesamt 16 Touristen auf dem Bootsdeck sind sich sicher, solch eine beeindruckende Szenerie noch nicht gesehen zu haben. Einige von ihnen sind weit gereist. Neben Rucksack-Touristen und Pauschalurlaubern sind auch Weltreisende dabei.
"Vietnam ist so entspannt und locker. Hier ist es noch so ursprünglich", sagt die US-Amerikanerin Tiffany. "Es ist einfach wunderschön, schau mal, wie die Sonne zwischen den Felsen untergeht", schwärmt Daniel aus Dänemark.
Und während die Sonne nun tatsächlich den Horizont erreicht, die Kajaks sicher verstaut auf dem Unterdeck trocknen und der Kapitän für die Nacht den Anker auswirft, freuen sich die Reisenden bereits auf den nächsten Tag in der Bucht.
Vivien Leue, dpa
Die Halong-Bucht in Vietnam
Die Halong-Bucht in Vietnam
Anreise: Lufthansa und Vietnam Airlines bieten Direktflüge von Frankfurt/Main nach Hanoi im Norden Vietnams an. Von dort dauert es etwa drei Stunden per Bus, bis Halong City, das Tor zur Halong-Bucht, erreicht ist. Zwei- bis dreitägige Touren durch die Bucht mit Übernachtungen auf Dschunken können in Hanoi und von Deutschland aus über Reisebüros gebucht werden. In Hanoi kosten die Touren ab etwa 50 Euro für zwei Tage inklusive Transfer, Übernachtung und Vollpension.
Formalitäten: Vietnam-Reisende brauchen ein Visum. Es kann nicht bei der Einreise am Flughafen eingeholt werden, sondern muss bei den vietnamesischen Botschaft in Berlin, dem Generalkonsulat in Frankfurt/Main oder über das Reisebüro beantragt werden. Für Touristen wird das Visum in der Regel für vier Wochen ausgestellt.
Klima und Reisezeit: Die Temperaturen sinken im Norden Vietnams im Winter merklich. Von Dezember bis Februar bewegen sie sich um 20 Grad, nachts kann es bis zu 15 Grad frisch werden. Während der Sommermonate steigt das Thermometer tagsüber auf mehr als 30 Grad.
Informationen: Botschaft der Sozialistischen Republik Vietnam, Elsenstraße 3, 12435 Berlin (E-Mail: info@vietnambotschaft.org ). www.vietnambotschaft.org , www.vietnamtourism.gov.vn , www.halong.com .
Die Halong-Bucht: Ein Naturspektakel in Bildern