Nordindien Auf Buddhas Spuren

Prächtige Tempel, einsame Klöster und bunte Gebetsfahnen - der Norden Indiens ist eine der ärmsten Gegenden des Landes, kulturell aber eine der reichsten. Stätten wie Buddhas "Ort der Erleuchtung" oder sein im nur wenige Kilometer von der Grenze liegender nepalesischer Geburstort Lumbini sind nicht nur für Pilger eine Reise wert.

Bodhgaya - In kaum einem anderen Teil Indiens liegen wirtschaftliche Armut und spiritueller Reichtum so nah beieinander wie in Bihar im Norden des Landes. Die holprige Fahrt über die Landstraßen voller Schlaglöcher des ärmsten Bundesstaates lässt den kulturellen Reichtum nur schwer erahnen, der sich an vielen historischen Städten wie Bodhgaya - auf Deutsch "Ort der Erleuchtung" - in seiner ganzen Fülle zeigt. Touristen und Buddhisten aus der ganzen Welt pilgern hierher zum 50 Meter hohen Mahabodhi-Tempel: an die Stelle, wo einst Buddha um das Jahr 534 vor Christus erleuchtet worden sein soll und die heute zum Unesco-Weltkulturerbe zählt.

Aus Sri Lanka kommen die Gläubigen genauso wie aus Japan, China, Amerika oder Europa, um unter dem Bodhi-Baum gleich hinter dem Tempel zu sitzen und zu meditieren. Der Bodhi-Baum soll ein Nachkomme des Baumes sein, unter dem Siddharta Gautama einst erleuchtet wurde. Der Tempel selbst wurde im 6. Jahrhundert nach Christus an der Stelle errichtet, an der indische Kaiser Ashoka fast 800 Jahre zuvor einen Tempel hatte erbauen lassen.

Nachdem muslimische Invasoren den Tempel im 11. Jahrhundert zerstört hatten, ist er wieder aufgebaut und mehrfach restauriert worden. Im Inneren begrüßt eine große, vergoldete Buddha-Statue die Pilger. Egal ob als Tourist oder Pilger, besonders zum Sonnenuntergang kommen sie alle, um die Atmosphäre des Ortes aufzusaugen und den Mönchen zuzuschauen oder um selbst zu meditieren.

Etwas nordöstlich von Bodhgaya liegt Nalanda. Einige Stunden lassen sich leicht zwischen den Ruinen auf dem riesigen Gelände der im 5. Jahrhundert vor Christus gegründeten Universität verbringen: Inmitten von Rosenduft und in friedlicher Atmosphäre können die Überreste einer der bedeutendsten Universitäten der Antike besichtigt werden. Im 7. Jahrhundert nach Christus sollen hier rund 10.000 Mönche und Studenten gelebt haben, die sich mit Theologie, Astronomie, Metaphysik, Medizin und Philosophie beschäftigt haben und von mehr als 1000 Professoren unterrichtet wurden.

Wehende Gebetsfahnen

Wehende Gebetsfahnen

Zur Universität zählten früher mehrere neunstöckige Bauten sowie sechs Tempel und sieben Klöster. Die drei Bibliotheken von Nalanda waren mit mehr als neun Millionen Büchern so umfangreich, dass sie sechs Monate lang gebrannt haben sollen, als die Afghanen die Universität im 12. Jahrhundert plünderten.

Wer in Bihar reist, der sollte auch den Weg nach Rajgir - übersetzt "das Haus des Königs" - unweit von Nalanda nicht versäumen. Hoch oben vom Geierhügel nahe der Stadt lässt sich inmitten von tibetischen Gebetsfahnen nicht nur der Ausblick auf die hügelige Landschaft genießen. Unverhofft kann man manchmal Mönchen beim Rezitieren buddhistischer Texte lauschen. Hier soll Buddha einst seinen Schülern wichtige Belehrungen wie das so genannte Herz-Sutra gegeben haben.

Für alle Indienliebhaber, die sich in Bihar zu den historischen Sehenswürdigkeiten aufgemacht haben, lohnt sich ein kurzer Abstecher nach Nepal, genauer nach Lumbini, das nur wenige Kilometer von der indisch-nepalesischen Grenze entfernt liegt. Die Stadt ist der Geburtstort Buddhas und liegt unmittelbar am Fuß des Himalaya, eingerahmt von der Bergkulisse. Buddhisten aus der ganzen Welt zieht es hierher, um die Stille und den Frieden in den Gärten von Lumbini zu genießen. Das bedeutsamste archäologische Fundstück ist eine 6,5 Meter hohe Steinsäule, die 245 vor Christus von Kaiser Ashoka errichtet wurde.

Die Anhänger verschiedener buddhistischer Richtungen haben auf dem Gelände ihre Tempel gebaut - sie alle stehen für Besucher offen. Wer Glück hat und die Atmosphäre noch etwas intensiver genießen will, findet ein Zimmer im Guest House in einem der Klöster am Ort. Die Unesco hat die Bedeutung des spirituellen und inzwischen fast international gewordenes Ortes längt anerkannt: Er gehört ebenfalls zum Weltkulturerbe.

Antje Schmid, dpa

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