Australia Day Sydney im Partyfieber
Sydney - Im Sommer 2006 war Deutschland in ein Meer aus Schwarz-Rot-Gold getaucht. Doch die Fußball-WM ist vorbei, und die meisten Flaggen sind wieder eingerollt. In anderen Ländern wäre das kaum passiert - die US-Amerikaner etwa präsentieren ihre Stars and Stripes gerne das ganze Jahr, und auch in Australien sind der Union Jack und das Kreuz des Südens auf blauem Grund ständig fast überall zu sehen.
Besonders intensiv Flagge zeigen die "Aussies" an ihrem Nationalfeiertag, dem Australia Day am 26. Januar. Das ganze Land schmeißt dann ein rauschendes Fest. Touristen, die mitfeiern wollen, finden die größte Party in der größten Stadt des Landes: in Sydney.
Büros und Werkhallen sind geschlossen, doch viele Sydneysider sind auch heute früh auf den Beinen. Schon um 7.45 Uhr bildet sich im Zentrum ein Konvoi aus Oldtimern, die mit Luftballons geschmückt sind. Fast jeder trägt die "Aussie"-Flagge mit sich herum: als Kopftuch oder Schirmmütze, in den Händen oder auf die Wangen gemalt. T-Shirts in den Down-under-Farben gibt es an jeder Ecke zu kaufen.
Der Australia Day erinnert an das Eintreffen der "First Fleet" mit den ersten deportierten britischen Sträflingen am 26. Januar 1788 in Sydney. Er markiert damit den Beginn der "weißen" Geschichte auf dem Kontinent. Gleichwohl fällt der offizielle Startschuss des Feiertages um 8.00 Uhr in den Königlich Botanischen Gärten mit einer Zeremonie der Aborigines - es ist Zeit für "Woggan ma gule". Mit Tanz, Musik und Gesang, Feuer und Rauch wird - wie so oft bei Australiens Ureinwohnern - eine Geschichte erzählt, die in ihre Vergangenheit führt. Sie ehrt die Ahnen und soll das Land reinigen. Die rund 30 Mitwirkenden freuen sich über den begeisterten Applaus des Publikums.
Vormittags spielt sich ein Großteil des Australia-Day-Geschehens am und im weiten Naturhafen Sydneys ab, das Opernhaus als perfekte Kulisse fast immer in Sicht. Da gehen Surfer ins Wasser, um auf ihren Brettern liegend 3,5 Kilometer um die Wette zu paddeln - an normalen Tagen wäre das wegen des Hafenverkehrs sehr gefährlich.
Später treffen dann auch heute voll besetzte Yachten, Motorboote und Ausflugsdampfer nahe der Oper ein. Die Skipper und ihre Gäste warten auf einen traditionellen Höhepunkt dieses Feiertages: das Wettrennen von vier Fähren, die ab 11.00 Uhr unter dem Jubel der Zuschauer eine imaginäre Ziellinie unter der Hafenbrücke ansteuern. Danach ist das Wasser sehr aufgewühlt und voller weißer Wellenkämme. Nachmittags liefern sich auch mehrere Großsegler hier ein Rennen.
Multikulti an den Imbissständen
Multikulti an den Imbissständen
Inzwischen ist es Mittag, und die Stimmung steigt - bei manchen auch wegen des Bierkonsums in der Hitze. Im historischen Viertel The Rocks sind die Pubs schon jetzt zum Bersten voll, laute Rockmusik von drinnen konkurriert mit Country-Klängen von Straßenmusikanten. Und immer wieder fliegt ein Hubschrauber quer über den Hafen, unter dem eine gigantisch große Australien-Flagge hängt - und viele "Aussies" schauen voller Stolz zu diesem Symbol ihrer Heimat und Nation auf.
Museen bieten heute freien Eintritt, Kirchen kostenlose Führungen. Volksfeststimmung herrscht auch an den Stränden. Am Manly Beach zum Beispiel sind die Cafés voll, die Läden machen gute Geschäfte. Zu den Rennern gehören Temptoos (eine Art Tätowierung auf Zeit), Bikinis und skurrile Hüte - alles natürlich mit der "Aussie"-Flagge. Im Pazifikwasser tummeln sich Wellenreiter, ein paar Meter weiter brutzeln Steaks auf dem Grill. Denn trotz aller Paraden ist auch der Australia Day letztlich für viele Sydneysider vor allem ein freier Tag, den sie faul am Strand verbringen möchten.
Der Hyde Park im Zentrum ist inzwischen zum großen Picknickplatz geworden. Überall sitzen Menschen im Gras und essen, was Kühltaschen und Imbissstände so hergeben. Von Souvlaki über Thai-Food und Sushi bis hin zur Pizza präsentiert das Einwandererland Australien, was es kulinarisch alles zu bieten hat. Vor vielen Buden muss lange gewartet werden. Für die Flaggenverkäufer dagegen wird der Job jetzt immer schwerer: Fast jeder, der will, hat schon lange vorher zugegriffen.
Am Abend verlagert sich das Geschehen zunehmend zum Darling Harbour, dem Vergnügungsviertel im Westen der Innenstadt. Auch hier spielen Bands auf und halten Schiffe eine Parade ab. Das Programm beginnt um 18.30 Uhr, aber wer im Hafengebiet einen guten Platz haben will, sollte deutlich früher kommen. Höhepunkt vor der Kulisse der Wolkenkratzer Sydneys ist schließlich gegen 21 Uhr ein Feuerwerk - seinetwegen kommen wohl die meisten Besucher zum Darling Harbour.
Auch wenn der Australia Day inzwischen keine drei Stunden mehr dauert, geht für viele die Nationalfeiertagsparty erst jetzt richtig los. Am Tag darauf können sie schließlich ausschlafen. Im Jahr 2007 fällt der Tag, an dem Australien so besonders intensiv Flagge zeigt, auf einen Freitag - und läutet damit ein langes Wochenende ein.
Christian Röwekamp, gms