Mehr als 300 Tage Sonnenschein im Jahr - allein das lockt viele Urlauber in die Tropen von Queensland. Aber die Region um Townsville hat noch mehr zu bieten: Eine "magnetische" Insel, die den Kompass verdreht, eine Schiffswrackroute, die ihresgleichen sucht, und Goldgräberstädte, die an den Wilden Westen erinnern.
Townsville - Solche Sorgen möchte man haben: "Kommt, lasst uns einen Platz im Schatten suchen. Es gibt hier einfach zu viel Sonnenschein - jeden Tag", sagt der Touristenführer Gregory Poplewski am Strand der Horseshoe Bay auf Magnetic Island zu seinen Gästen.
Die Insel liegt acht Kilometer nordöstlich von Townsville in den Tropen von Queensland. Die Region gilt als einer der am meisten von der Sonne verwöhnten Landstriche Australiens: An gut 300 Tagen im Jahr ist der Himmel wolkenlos oder nur leicht bewölkt.
Dieser Ruf lockt natürlich viele Urlauber an: Rucksackreisende, die die Ostküste des Kontinents rauf- und runtertouren, machen in der größten Stadt im Norden Queenslands ebenso Station wie Taucher auf dem Weg zum Great Barrier Reef.
Magnetic Island ("Maggie") steht bei den meisten Besuchern auf dem Programm. Die Überfahrt mit der Fähre dauert 30 Minuten. Mehr als die Hälfte der Insel ist Nationalpark, mehrere Wanderwege laden zu Entdeckungstouren ein. Das Fortbewegungsmittel Nummer eins sind die Mini-Mokes genannten Strandbuggys.
Riff-Erlebnis ohne nasse Füße: Im "Reef HQ" in Townsville können Touristen etwa 10 Prozent der Fischarten aus dem Great Barrier Reef kennen lernen
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Grün die Insel, türkis das Meer: Magnetic Island vor der Küste Queenslands lockt mit seinen Stränden und Wandermöglichkeiten im Nationalpark viele Touristen an
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Rifftaucher, Goldsucher und Beuteltiere Bitte klicken Sie auf ein Bild, um die Klickstrecke zu starten.
Ihren Namen hat "Maggie" vom britischen Entdecker James Cook bekommen, dessen Schiffskompass hier im Jahr 1770 verrückt spielte. Eine von Cook vermutete Magnetstrahlung der Insel gibt es allerdings nicht.
Die Fahrt mit Gregory Poplewski führt mitten durch üppig grüne Eukalyptuswälder. Wer Glück hat, entdeckt in den Ästen einen Koala. "Die Tiere sind erst seit 1931 auf der Insel", erzählt der Guide. "Damals wurden 18 Koalas ausgewildert, heute gibt es Hunderte davon."
Anderen tierischen Bewohnern begegnen die Touristen sogar mit ziemlicher Sicherheit: An der Geoffrey Bay warten Rockwallabys auf die Fütterung. Gemüse und Körner fressen die Beuteltiere gerne aus der Hand, doch sie bleiben misstrauisch und flüchten bei jeder noch so kleinen Bewegung der Menschen.
Das Geheimnis der Skelette im Wrack
Das Geheimnis der Skelette im Wrack
Die Geoffrey Bay gehört zur Schiffswrackroute, die sieben Orte auf Magnetic Island verbindet. Dort sind neun untergegangene oder absichtlich versenkte Schiffe zu finden - in der Geoffrey Bay die 1870 in Hamburg gebaute "Moltke", die 1911 als Wellenbrecher geflutet wurde und heute ein beliebtes Taucherziel ist.
Schwimmen lässt es sich hier allerdings weniger gut. Besser geeignet ist die Horseshoe Bay im Norden, wo Gregory Poplewski verzweifelt nach Schatten sucht. In der geschützten Bucht liegen Seekajaks bereit, und der Strand ist wie geschaffen für Sonnenanbeter. Im Meer schützen Netze die Badenden vor den lebensgefährlichen Quallen, die hier - wie fast überall im tropischen Nordaustralien - von November bis Mai auftreten.
Ein Wrack steht auch im Mittelpunkt einer der größten Attraktionen in Townsville, dem Museum of Tropical Queensland. Während die Sonne draußen mörderisch brennt und das Thermometer die 35-Grad-Marke deutlich überschreitet, warten im Inneren gekühlte Räume und Fundstücke der "HMS Pandora", die am 29. August 1791 im nördlichen Barrier Reef gesunken ist. Erst 1977 wurden die in 33 Meter Tiefe liegenden Reste wieder entdeckt.
Zu sehen sind geborgene Weingläser und Porzellan, eine goldene Uhr und Tintenfässer. Der Besucher erfährt auch viel über die Bemühungen der Forscher, die drei im Wrack gefundenen Skelette den Biografien von Seemännern zuzuordnen.
Zweimal am Tag wird der Nachbau einer 1,5 Tonnen schweren Kanone aus der "HMS Pandora" abgefeuert. Der Museumsführer holt sich dazu vier Männer aus dem Publikum, die den umständlichen Vorderlader bedienen. Dann gibt es einen lauten Knall - und Jubel vom Band.
Besuch unter Wasser - ohne nasse Füße
Die zweite große Museumsattraktion der Stadt Townsville liegt gleich nebenan: das Aquarium "Reef HQ". 1987 erbaut und 2002 komplett renoviert, stellt es Touristen das Great Barrier Reef mit seinen Lebensräumen vor. Der Gast soll einen lebendigen Eindruck von der Unterwasserwelt erhalten, ohne selbst nasse Füße zu bekommen oder sich eine Taucherbrille auf die Nase klemmen zu müssen.
In zwei großen Becken mit insgesamt 3,25 Millionen Litern Wasser sind etwa 10 Prozent der am Riff vorkommenden Arten zu sehen. 150 Arten Fische ziehen ihre Bahnen in einem Bassin mit künstlich erzeugtem Wellengang.
Ein gläserner Unterwassertunnel bringt die Besucher auf Augenhöhe mit drei Haiarten und einer großen Schildkröte, und ein "Touchpool" erlaubt das, was Taucher und Schnorchler am Riff besser lassen sollten: Seegurken, Seesterne und Muscheln in die Hand zu nehmen.
Erinnerung an Goldrausch vergangener Zeiten
Erinnerung an Goldrausch vergangener Zeiten
Ein schöner Überblick über Townsville lässt sich vom Gipfel des 260 Meter hohen Castle Hill gewinnen. Hinauf geht es zu Fuß oder über eine schmale Straße. Natürlich fällt Magnetic Island am Horizont ins Auge, dazu die Flaniermeile "The Strand" mit ihren schicken Bistros und Restaurants, die nach den Zerstörungen durch einen Zyklon 1999 neu gestaltet wurde.
Etwa 20 Autominuten südlich von Townsville liegt das Billabong Sanctuary. Der Wildtierpark zeigt rund 300 verschiedene Tiere - zum Beispiel die 22 Kilogramm schwere Wombat-Dame "Angelica", die als Jungtier bei einem Autounfall ihre Mutter verlor. Genug Freunde unter den Besuchern findet "Angelica" immer: Jeder darf das Tier auf den Arm nehmen und sich damit fotografieren lassen.
So nah ran möchte bei den Giftschlangen wie der Inland-Taipan und den Krokodilen wohl keiner. Phil und sein Kollege Chris Pacey zeigen, wie die 350 bis 600 Kilogramm schweren Reptilien nach toten Hühnchen schnappen, dabei gewaltig in die Höhe schnellen und mit einem großen Platsch wieder in ihrem Wasserbecken landen. Aus der Hand fressen dagegen wieder die Graukängurus, die überall auf dem Gelände die Wege kreuzen.
Fast zwei Autostunden südwestlich von Townsville liegt Charters Towers. Der Ort gehört zum Outback, also zur tiefsten australischen Provinz, aber davon ist bei der Fahrt über die Hauptstraße wenig zu spüren: Pompöse, gut gepflegte Bauten erinnern an den Goldrausch, der 1871 hier begann und fast 40 Jahre dauerte.
Wildwest-Kulissen im Outback
Noch heute schürfen mehrere Unternehmen aus dem Erdreich im Umland der Stadt rund 400.000 Unzen pro Jahr. Das sind 10 Prozent dessen, was zu Zeiten des Goldrausches insgesamt gefördert wurde.
Von Hand gewaschen wurde das Gold in Charters Towers zwar nie, aber Touristen greifen gerne zum Sieb, um ihr Glück zu versuchen. Im Jahr 1900 gab es in Charters Towers 92 Pubs, fünf Tageszeitungen und vier Pferderennbahnen. Heute geht es dagegen eher gemächlich zu. In der prächtigen Stock Exchange Arcade, wo vom Jahr 1890 an viele bei Börsengeschäften ihr Glück gemacht und dann wieder verloren haben, sind ein Friseur, ein Kosmetiksalon und ein Café ansässig.
Die einst 100 Fördertürme der Goldsucher stehen alle nicht mehr, am Highway wurde aber einer nachgebaut. Von den 29 Gesteinsmühlen, die das Gold aus dem Fels mahlten, gibt es mit der Venus Gold Battery dagegen noch eine. Bis 1973 war sie in Betrieb, heute ist sie ein Museum. Führer Geoff Phillips zeigt genau, wie der Prozess der Goldgewinnung vor sich ging: vom Wiegen bis zum Waschen mit Quecksilber und Zyanid.
Auf dem Rückweg nach Townsville bietet sich ein Schlenker nach Ravenswood an - ebenfalls ein Goldgräberort, aber längst nicht so erfolgreich wie Charters Towers. War der Verkehr auf dem Highway 78 schon sehr dünn, wird es hier erst recht einsam.
Zwei der einst 48 Pubs stehen noch: das "Imperial Hotel" und das "Railway Hotel". Beide könnten als Kulisse für einen Cowboyfilm dienen und sind völlig überdimensioniert für die Fast-Geisterstadt - was für ein Kontrast zum quicklebendigen Townsville mit den schicken Bars und Cafés. Nur die Hitze ist hier die Gleiche: 35 Grad im Schatten. Doch am Horizont stehen dicke Gewitterwolken. Irgendwann müssen die 300 Tage Sonnenschein im Jahr schließlich mal vorbei sein.
Unterwegs auf Magnetic Island: Die meisten Besucher mieten sich für die Zeit auf der Insel einen Moke genannten Buggy
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Beinahe-Geisterstadt Ravenswood: Aus den Zeiten des Goldrausches sind zwei große Pubs stehen geblieben, darunter das "Imperial Hotel"
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Billabong Sanctuary bei Townsville: Hier fressen die Kängurus aus der Hand
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Trockene Tropen: In der Region Townsville gibt es verhältnismäßig wenig Niederschlag. Die Zone mit üppig-grünem, dichtem Regenwald beginnt etwas weiter nördlich