Dubai Arabien light für Touristen
Dubai - Einer Fata Morgana gleich spiegelt sich die Silhouette der Hochhäuser mit ihren Glasfronten. Die futuristisch wirkenden Bauten prägen eine Landschaft, in der vor gut 30 Jahren noch überwiegend unansehnliche Gebäude aus Lehm, Muschelkalk und Korallenstein ohne Strom und Wasserversorgung standen: "Dubai City" nennen die Untertanen des Emirs Maktum Ibn Raschid al-Maktum stolz ihr Zentrum, in dem sie in luxuriösen klimatisierten Büros sitzen und über modernste Kommunikationsmittel mit aller Welt Geschäfte machen. Doch nicht nur "Big Business" lockt an den Arabischen Golf: Etwa fünf Millionen Besucher kommen pro Jahr - vor allem um Urlaub zu machen.
Im Gebiet von Jumeirah reiht sich am Sandstrand ein Hotelpalast an den anderen, wobei sich die Häuser in Originalität und Luxus zu überbieten versuchen. "Hier können sich Gäste wie orientalische Prinzessinnen und Prinzen fühlen", sagt der Reiseleiter Tarek Abbas. Personal gibt es genug, doch kein Dubai-Araber schleppt Koffer für die Fremden oder chauffiert sie im Taxi. Es sind alles Gastarbeiter, verpflichtet auf Zeit und ohne Chance, sich eine Heimat bis zum Lebensende zu schaffen. "Ich selbst stamme aus Ägypten", sagt Abbas.
Schätzungsweise 1,1 Millionen Menschen leben in Dubai, doch nur etwa 18 Prozent von ihnen sind "locals", wie sie sich selbst nennen, also Nachfahren des Beduinenstammes, dessen Fürst Maktoum 1833 das Scheichtum begründete. Er und seine Untertanen siedelten am Creek, einem 14 Kilometer langen, ins Landesinnere ragenden Meeresarm, und sie lebten nicht schlecht von Handel und Perlenfischerei. Dann fanden Prospektoren in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts Öl - die Herrscherfamilie schwamm plötzlich in Geld. Der Vater des jetzigen Emirs legte den Grundstein zum modernen Stadtbild Dubais.
Champagner für 5000 US-Dollar
Seine Söhne Emir Maktoum und Kronprinz Scheich Mohammed erwiesen sich als Visionäre, die ihre Vorstellungen durchsetzen, immer nach neuen Superlativen suchend. Knapp 300 Meter vor der Küste erhebt sich das in Form eines Segels gebaute 321 Meter hohe "Burj al-Arab", das oft als luxuriösestes und teuerstes Hotel der Welt bezeichnet wird. Es bietet ausschließlich großzügige Suiten an, stellt Gästen eine Rolls-Royce-Flotte zur Verfügung und serviert "Champagner für 5000 US-Dollar die Flasche", wie der Kellner Chandram diskret anmerkt.
Alkohol ist in diesem Teil Arabiens kein absolutes Tabu: Hotels besitzen die Genehmigung, die im Islam verbotenen Getränke auszuschenken. Abends treffen die Urlauber an der Hotelbar durchaus "locals" im traditionellen weißen Langgewand, der Kenura, und dem "Ritra" genannten Kopftuch, die in langen Schlucken dem Bier zusprechen oder Whisky schlürfen. "Wir sind ein tolerantes Land", murmelt einer nach einem überraschten Blick des Gastes aus Europa.
Die Besucherzahl verdreifachen
Die Besucherzahl verdreifachen
Dubais Herrscher erkannten schnell, dass mit dem zu erwartenden Versiegen der Ölquellen ein Rückfall in die Bedeutungslosigkeit drohte. Sie entschlossen sich, ihr Emirat zu einem internationalen Zentrum für Handel und Tourismus auszubauen. "Wir besitzen inzwischen den größten künstlich gebauten Freihafen der Welt", sagt Khalid Bin Sulayem, Generaldirektor für Handelsmarketing.
Das Wachstum in Dubai ist sichtbar - zum Beispiel in der Dubai Marina südlich des Zentrums. Gewaltige Bagger gruben hier eine künstliche Seenlandschaft in die Wüste, die ihre Wasserversorgung über einen Kanal vom Arabischen Golf erhält. An den Ufern werden Wohn- und Bürotürme in die Höhe gezogen, alle paar Tage wachsen sie um eine Etage. "80.000 bis 100.000 Menschen sollen hier einmal leben und arbeiten", sagt Bassam Zaza von der Zeitung "Golf News".
Dubai als permanente Großbaustelle soll nach dem Willen der Verantwortlichen den Tourismus nur wenig beeinträchtigen. Vorgabe des Emirs ist es, bis 2010 die Besucherzahl zu verdreifachen. Dazu muss gebaut werden, nicht nur am Flughafen: Vor der Küste entstehen durch Aufschüttung drei Inseln mit Luxushotels und Wohnungen für höchste Ansprüche, zwei in Form einer Palme und eine als Weltdarstellung.
"gefiltertes Arabien" für die Touristen
Der Tourist, der den Strandurlaub unterbrechen möchte, kann in ein "gefiltertes" Arabien eintauchen. Der alte Souk, das traditionelle Marktzentrum nahe des Creek im ältesten Viertel Bur Dubai, überrascht durch seine Sauberkeit, Verkaufsbemühungen der Händler arten nicht in Belästigung und Bedrängen aus. Auf der anderen Seite des Meeresarms im Stadtteil Deira lassen sich im Gewürzsouk Kostbarkeiten wie Safran und Weihrauch erstehen. In Gehweite erreicht man den Goldsouk mit 700 Geschäften. "Die Preise sind hier sehr günstig, Goldschmuck wird nach Gewicht verkauft", sagt Tarek Abbas.
Der Creek ist ein eigenes Erlebnis. An den Ufern liegen vor einer Hochhausreihe modernster Architektur die Dhaus, die traditionellen Segelschiffe, mit Waren aus Iran, Indien, Pakistan und dem Oman. Den Wasserarm überquert man mit einer Abra, einem Wassertaxi, das auch für eine Art Kreuzfahrt gemietet werden kann. Der Preis ist - wie in den Souks - Verhandlungssache. Feilschen gehört zum guten Ton, nur in den Geschäften in den noblen Einkaufsmalls erfährt man Ablehnung.
Unterwasserhotel "Hydropolis"
Bei den Einkaufszentren, von denen Dubai schon heute einige mit Waren aus aller Herren Ländern zu bieten hat, planen die Herrscher noch eine Steigerung: das größte der Welt. Die Bauarbeiten haben begonnen, ebenso wie am "Burj Dubai", einem Büro- und Hotelturm, der alle bisherigen Giganten überragen soll. Im Herbst 2005 soll außerdem ein Hallen-Schnee-Resort mit einer Größe von drei Fußballfeldern eröffnet werden, in dem mehr als 6000 Tonnen täglich erneuerter weißer Pracht einen Kontrast zum Wüstenklima mit bis zu 50 Grad in den Sommermonaten bieten.
High-Tech Tourismus
High-Tech Tourismus
Dazu sind riesige Themenparks in Planung. "Die Gesamtfläche dürfte 20 Quadratkilometer umfassen", schätzt Bassam Zaza. Vor kurzem hat Stadtdirektor Kassim Sultan das neueste Projekt angekündigt: eine 70 Kilometer lange Stadtbahn zur Entlastung des immer zähflüssigeren Autoverkehrs. Die vollautomatischen Züge sollen bis 2010 im Zentrum unterirdisch und sonst auf einer Trasse fahren. Die Kosten dürften sich bei 3,3 Milliarden US-Dollar (2,58 Milliarden Euro) bewegen - und damit weit unter denen des Projekts "Hydropolis". Schon im Jahr 2006 soll das erste Unterwasserhotel vor der Küste Gäste beherbergen.
Die künftige Konzentration von Attraktionen lässt die Herrscher der anderen Emirate etwas neidisch auf ihren Förderationspartner Dubai blicken. Alle sieben autonomen Gebiete sind seit 1971 in den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammengeschlossen, von denen Abu Dhabi wegen seines noch immer großen Ölreichtums die Spitzenstellung hält und den Präsidenten stellt. Die Emire bestimmen die Politik, Parteien und Gewerkschaften gibt es keine. Die Kriminalität ist äußerst gering.
Verteidigungsanlage gegen Seeräuber
Problemlos können Urlauber von einem ins andere Emirat reisen, auch im selbst gesteuerten Mietwagen. Der deutsche Führerschein wird dabei anerkannt, die Mitnahme eines internationalen allerdings ist empfehlenswert. Ajman mit seinem alten Fort, das mit 250 Quadratkilometern kleinste Gebiet, sowie das moderne Sharjah, das unmittelbar an Dubai grenzt, profitieren von Tagesbesuchern aus dem Emirat der Superlative, die hier noch ein ursprünglicheres Arabien erleben können. In Sharjah gilt zum Beispiel ein absolutes Alkoholverbot, auch in den Hotels wird nichts ausgeschenkt.
Von den Hochhäusern am Dubai Creek blicken die Touristen auf das unscheinbare, aus Lehm gebaute Fahidi-Fort, das den ersten Herren an dieser Küste einst als Residenz und Verteidigungsanlage gegen Seeräuber diente. Im Inneren birgt es ein kleines, gut gestaltetes Museum, das einen guten Einblick in die Vergangenheit des Scheichtums vor dem Ölboom bietet.
Von Horst Heinz Grimm, gms