Businessmode Eine Frage des Stils

Das richtige Outfit unterstreicht die Persönlichkeit. Doch ein einzelner Fehlgriff kann bereits den Auftritt zunichte machen. Jeroen van Rooijen, Designer und Leiter des Stilressorts der "Neuen Zürcher Zeitung", erklärt bei manager-magazin.de, was ein perfektes Business-Outfit ausmacht und wie sich Modefallen umgehen lassen.

mm.de: Welches sind Ihrer Ansicht nach die häufigsten Fehler, die Männer bei der Auswahl ihrer Kleidung und beim Styling machen?

Van Rooijen: Der weitestverbreitete Fehler ist eine gewisse Nachlässigkeit bei der Passform. Männer mögen es häufig ein bisschen bequem, kaufen lieber eine Nummer zu groß und denken dann, das sieht lässig aus. Dabei sieht es einfach nur doof aus, wenn sie in Kartoffelsäcken, die viel zu weit geschnitten sind, herumlaufen.

Eine weitverbreitete Seuche ist außerdem das Kurzarmhemd. Mit einer Freizeithose getragen ist das noch gar nicht so schlimm. Aber mit einem Sakko kombiniert geht das gar nicht. Und auch die Schuhe sind oft ein erbärmliches Zeugnis von nicht vorhandenem Stilbewusstsein oder Geschmack.

mm.de: Inwiefern?

Van Rooijen: Oft sind sie einfach geschmacklos und zu billig. Es schlägt dann häufig die praktische Veranlagung von vielen Männern durch, die sagen: Ich will damit bei Wind und Regen herumspazieren können - und sich daher für wuchtige Gummisohlen entscheiden. Und das geht zu einem Business-Outfit natürlich gar nicht. Zum Anzug passt eher ein Lederschuh.

mm.de: Und was ist Ihrer Ansicht nach der am weitesten verbreitete Fehler bei Frauen?

Van Rooijen: Es gibt einen Typus Business-Frau, der sich ein bisschen zu maskulin orientiert. Die Business-Kleidung von Frauen ist natürlich in gewisser Weise an die von Männern angelehnt. Aber sie dürfte in vielen Fällen einen Tick femininer sein.

Lohnendes Finetuning

mm.de: Welche Rolle spielt richtige Kleidung für die Karriere?

Van Rooijen: Bekleidung ist meiner Ansicht nach die universellste Sprache der Menschheit, aber leider auch die am wenigsten bewusst genutzte. Auch nachlässig ausgesuchte Klamotten können etwas über einen Menschen aussagen. Kleidung ist wahrscheinlich wichtiger, als manche sich eingestehen.

mm.de: Worauf muss ich achten, wenn ich mir einen Anzug kaufe?

Van Rooijen: Das erste Kriterium ist natürlich die Passform. Ein Anzug sollte tiptop sitzen. Da er das in den meisten Fällen nicht tut, würde ich ihn auf alle Fälle vom Schneider des Modehauses anpassen lassen. Daran sollte man nicht sparen. Das macht einfach ein entscheidendes Bisschen aus. Oft sind auch die Ärmel zu lang. Der perfekte Sakkoärmel sollte 1,5 Zentimeter vom Hemd freigeben.

mm.de: Was sollte man bei der Wahl der Krawatte unbedingt beherzigen?

Van Rooijen: Während man sich beim Anzug farblich eher zurückhalten sollte, kann man sich bei der Krawatte ruhig etwas austoben, die eigene Persönlichkeit betonen und ruhig auch mal zu einer kräftigeren Farbe greifen.

Bei den Mustern würde ich dazu raten, sich beispielsweise an schöne Diagonalstreifen zu halten oder auch an schicke Unimuster. Selbst die gestrickte Krawatte, die sich auf dem modischen Parkett gerade wieder zurückmeldet, kann man mittlerweile wieder tragen.

Insgesamt wird die Krawatte wieder schmaler. Gegenüber den sieben Zentimetern, die wir vor Kurzem noch hatten, liegt die modische Breite derzeit so bei fünf, sechs Zentimetern. Ich persönlich bin zudem auch ein Fan des Einstecktuchs, das derzeit leider etwas vernachlässigt wird. Das ist ein Farbtupfer, den viele Männer einfach vergessen.

Plädoyer für das Einstecktuch

mm.de: Und wo liegen die Tücken beim Hemd?

Van Rooijen: Man sollte sich nicht von der Hemdenindustrie hereinlegen lassen, die dem Mann seit einigen Jahrzehnten das bügelfreie Hemd zu verkaufen versucht. Das geht einher mit schwerwiegenden Komforteinbußen, auf Kosten der Atmungsaktivität. Das wirklich bügelfreie Hemd gibt es nicht - und ein Hemd muss ordentlich gebügelt sein. Außerdem sollte es den Rumpf betonen und kein weites Zelt sein.

mm.de: Welches ist für Sie die größte Modesünde der vergangenen Jahre?

Van Rooijen: Ganz klar Turnschuhe getragen zum Anzug. Das war in Zeiten der New Economy eine Zeit lang originell - aber inzwischen sieht es einfach nur noch überholt aus. Eine weitere grobe Modesünde sind außerdem diese schrecklichen Kurzarmhemden.

mm.de: Wenn im Sommer die Temperaturen steigen und die Klimaanlage kapituliert - wie viel Freizügigkeit in Sachen Kleidung ist zulässig?

Van Rooijen: Wenn der Dienstälteste oder der Vorgesetzte sein Sakko ausgezogen hat, können es ihm die Untergebenen nachtun. Dann würde ich erst einmal die Krawatte ausziehen, ein paar Knöpfe öffnen und die Ärmel hochkrempeln. Das sollte reichen. Frauen sollten nach konventioneller Lehre den Arm immer ein Stück weit bedeckt haben. Wenn jemand gut in Form ist, ist aber auch ein Tanktop okay - Spaghettiträger aber lieber nicht.

mm.de: Gibt es für Sie so etwas wie ein Stilikone?

Van Rooijen: Für mich ist der Duke of Windsor noch immer die männliche Stilikone schlechthin - noch vor Gianni Agnelli. Von den zeitgenössischen Männern sieht Boris Becker meist ganz smart aus. Und auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, ist - ob lässig oder formell - eigentlich immer gut gekleidet.

"Mehr Esprit würde gut tun"

mm.de: Wo stehen die Deutschen modisch? Sind wir immer noch eine der schlechtangezogensten Nationen?

Van Rooijen: Nein, die Franzosen, die Belgier und die Holländer sind mindestens genauso miserabel angezogen. Die Deutschen sind etwas uninspiriert. Etwas mehr Esprit würde gut tun.

mm.de: Wenn ich als deutscher Geschäftsmann in die USA reise, gibt es in Sachen Kleidung etwas, was ich beachten sollte?

Van Rooijen: Die Amerikaner haben schon ihre Eigenheiten. So wird beispielsweise die ganze Blue-Collar/White-Collar-Tradition in den USA noch viel stärker gelebt. Eigentlich ist das blaue Hemd das Angestelltenhemd und das weiße das für die Führungskräfte. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man seine Garderobe für die USA-Reise packt.

mm.de: Was sind für Sie die modischen Highlights der Saison?

Van Rooijen: Die neuen Zweiknopf-Anzüge gehören sicherlich dazu. Wenn man sehr modisch sein will, kann man auch zum Einknöpfer greifen. Dann erübrigt sich auch die Frage, wie viele Knöpfe man schließt und wie viele man offen lässt.

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