Marcus Diekmann auf Jobsuche Löwe sucht Höhle

Der Investor Marcus Diekmann will es nochmal wissen – noch einmal Chef sein. Auf LinkedIn rief er Unternehmen auf, sich bei ihm zu bewerben. Es wäre ein Millionendeal. manager magazin begleitet die ungewöhnliche Jobsuche hinter den Kulissen. In allen Details.
"Es ist nichts anderes als ein Comeback – wie bei Manuel Neuer": Manager, Gründer und Investor Marcus Diekmann auf der Terrasse seines Hauses

"Es ist nichts anderes als ein Comeback – wie bei Manuel Neuer": Manager, Gründer und Investor Marcus Diekmann auf der Terrasse seines Hauses

Foto: Anton Hirschle

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Alle hatten ihm von dieser Idee abgeraten. Mach es nicht, völlig bescheuert, hat Vera Vaubel gewarnt, die ihn in Medienfragen berät. Schlaf vielleicht noch mal eine Nacht drüber, hat ihm Katharina Loof geraten, die seine Social-Media-Auftritte koordiniert. Doch er hat nur geantwortet: "Ne, dann machen wir es ja nicht." Und bei LinkedIn  auf "Posten" gedrückt. Seit dem 25. April weiß daher alle Welt: Marcus Diekmann (44) sucht einen Job – als Topmanager.

Er habe sich entschieden, es noch einmal als Geschäftsführer zu versuchen. Er wolle "eine letzte große Challenge", um es noch einmal allen zu zeigen, schreibt er. "Einmal noch mega." Fast ein Jahr habe er sich Zeit gelassen, alle Angebote abgeblockt, nun aber sei er bereit – und definiert gleich mal die vier Anforderungen an Unternehmen, die sich nun um ihn bewerben können:

  1. Purpose ("Ich will diese Welt besser machen").

  2. Performance Kultur ("ein hungriges Team").

  3. Test, learn, build bigger statt 5-Jahres-Businesspläne.

  4. Offenheit, Authentizität und Ehrlichkeit – das am meisten.

Es ist die wohl ungewöhnlichste Jobsuche, die ein Manager dieses Kalibers je gestartet hat. Marcus Diekmann bezeichnet sich selbst als "Businesspromi", im deutschen Handel und darüber hinaus ist er eine der bekanntesten Personenmarken überhaupt.

Er hat Start-ups und eine Agentur gegründet. Bekannt wurde er als Geschäftsführer des Fahrradhändlers Rose Bikes, dessen Digitalisierung bei gleichzeitiger Umsatzverdopplung er initiierte. Sein letzter Geschäftsführerjob beim Modehändler Peek & Cloppenburg allerdings endete im April 2022 nach nur wenigen Monaten. Seither ist Diekmann nur noch in seinen "Nebenjobs" als Investor, Berater, Markenbotschafter und gemeinsam mit Snocks-Gründer Johannes Kliesch (28) auch als unbezahlter Kolumnist des manager magazins unterwegs gewesen. Und als Familienvater.

Jetzt versteigert er sich quasi selbst. "Ich habe mich bewusst entschieden: ein letzter Ritt. Danach gehe ich in Rente." Ist das Hybris? Oder nur konsequent, weil es in der Karriere ja sowieso immer auch um Selbstvermarktung geht? Und weil hier einer endlich Themen offen anspricht, die bei jeder Jobsuche entscheidend sind, über die in der Regel aber meist nur hinter vorgehaltener Hand geredet wird?

"Löwe sucht Höhle" – unter diesem Titel begleitet das manager magazin das Experiment über die kommenden Monate. Diekmann hat volle Transparenz zugesagt. Sowohl in den Vorstellungsgesprächen mit Unternehmen, als auch in begleitenden Sitzungen mit einem Coach und einer parallel eingeschalteten Personalberatungsfirma werden die Reporter dabei sein – das gab es so noch nie. Ob Absagen, Zweifel oder Gehalt – es soll keine Geheimnisse geben. So lautet die Versuchsanleitung. In mehreren Folgen sollen so die entscheidenden Momente einer Jobsuche im Topmanagement nachvollziehbar werden. Mit offenem Ausgang.

Löwe sucht Höhle
Foto:

Marcus Diekmann / linkedin

Der Gründer, Berater und Investor Marcus Diekmann will es nochmal wissen – er sucht einen letzten Job als Geschäftsführer. Unternehmen können sich bei ihm bewerben. manager magazin begleitet das Experiment über mehrere Monate hinter den Kulissen. Authentisch – in allen Details.

Zur Serie "Löwe sucht Höhle"

"Natürlich hab ich Angst gehabt, mich zu blamieren", sagt Diekmann, als er zwei Wochen nach dem LinkedIn-Post aus seinem Auto heraus telefoniert. "Ich setze alles auf eine Karte. Aber ich stehe auch dazu, wenn es nicht klappt." Authentizität, glaubt er, sei im Topmanagement heute die wichtigste persönliche Qualität.

Nachdem er P&C verlassen hatte, wollte er zunächst eine Pause. Über die von ihm mitinitiierte Plattform Founders League unterstützte er Start-up-Teams, hatte daheim im westfälischen Coesfeld Zeit für die Kinder. Das Leben hätte so weiterlaufen können, sagt er, langweilig sei ihm nicht gewesen.

Warten auf den Millionendeal in eigener Sache: Marcus Diekmann im Homeoffice

Warten auf den Millionendeal in eigener Sache: Marcus Diekmann im Homeoffice

Foto: Anton Hirschle

Das Grundeinkommen stimmte auch. Komme er als Berater zu einem Unternehmen, berechne er mehr als 6000 Euro Tagessatz. Ein Vortrag bringe 10 bis 15.000 Euro. Mit seinem Wirken als Social-Media-Influencer für Marken, mit denen er Verträge hat, machte er zeitweise nochmals eine halbe Million im Jahr . Möglich, dass das nicht ewig so weitergeht, aber finanziell hat Diekmann ausgesorgt. "Ich muss das nicht aus finanziellen Gründen tun – darum muss es pure Leidenschaft sein."

Über mehrere Monate hat er mit seinem persönlichen Coach Wolfgang Wanning seine Karriereschritte aufgearbeitet und die zentralen Fragen zu beantworten versucht. Was habe ich in meinem Leben schon geschafft? ("Ich hab alles erreicht, gelte als einer der führenden Markenbotschafter.") Was kann ich? ("Keiner zweifelt daran, dass ich Handel kann. Vom Expertenstatus kann ich mich gar nicht verbessern.") Will ich das noch einmal toppen? Und kann ich das überhaupt?

"Es ist nichts anderes als ein Comeback – wie bei Manuel Neuer."

Marcus Diekmann

"Ich hab überlegt: Hab ich den Kampfgeist, es noch einmal mit einem Team rocken zu wollen? Voller Lust, voller Gier, voller Hunger?", sagt Diekmann und klingt dabei fast wie ein Jürgen Klopp (55). Der entscheidende Moment kam Mitte April. Diekmann saß mit Armedangels-Gründer Martin Höfeler zusammen, in dessen Büro in Köln. Sie sprachen über die groben Pläne, auch über die damals noch vage Idee, die Suche öffentlich zu machen. Danach stand Diekmanns Entschluss: "Ich hab wirklich noch die Power, die maximale Energie in mir."

Von da an begann er, sich vorzubereiten. Startete ein körperliches Fitnessprogramm, eineinhalb Stunden täglich, Ausdauer, Kraft, plus Dehnen. Nur topfit könne man einen Job im Topmanagement durchstehen, glaubt er. Anders sei der Stress nicht auszuhalten. "Du kommst nur durch, wenn Du hochkonzentriert, hochfokussiert und schnell bist."

Topfit für den nächsten Job: In seinem Haus trainiert Marcus Diekmann mit Laufband, Fahrrad und Kraftwand

Topfit für den nächsten Job: In seinem Haus trainiert Marcus Diekmann mit Laufband, Fahrrad und Kraftwand

Foto: Anton Hirschle

Er begann auch wieder, akribisch Fachzeitschriften und spezialisierte Blogs zu lesen, um up to date zu sein. Und er fährt nun jeweils einmal die Woche in eine andere europäische Metropole, um sich gezielt anzuschauen, wie dort Handelskonzepte umgesetzt werden. Barcelona, Berlin, Paris, Hamburg, London. Als er aus dem Auto anruft, kommt er gerade aus München, mit lauter Fotos von interessanten Ladenkonzepten und Kaufhausdetails auf dem iPhone.

"Da siehst Du, mit welcher Power ich wieder hochfahre", sagt er. "Es ist nichts anderes als ein Comeback – wie bei Manuel Neuer."

Vor allem aber machte er zwei Wochen nach dem Treffen mit Höfeler seinen Entschluss wirklich öffentlich. Mehr als 105.000 Menschen haben den Linkedin-Post bisher gesehen, vermutlich kann man nicht schneller und breiter kommunizieren, dass man wieder auf dem Markt ist. Hunderte haben Diekmann persönliche Nachrichten geschrieben, fast ausschließlich positive, ein erster Shitstorm ist schon mal ausgeblieben. "Ist doch super", sagt auch Höfeler. Dass Diekmann und sein Team in der Eile auf dem Foto zum Post das Wort "Challange" mit a statt e geschrieben haben – ärgerlich, aber was soll`s? Diekmann entschuldigt sich in den Kommentaren, lässt es aber stehen, volle Transparenz auch hier.

Er hat klare Vorstellungen, was er potenziellen Bewerbern zu bieten hat – wie immer bei ihm ausschließlich in Teilzeit übrigens : 4 Tage, mehr macht er kategorisch nicht. In Wahrheit sei er mit Kopf und Herz sowieso darüber hinaus dabei. "Ich lebe ganz und gar das Unternehmen. Ich verbinde mich komplett. Ich agiere nicht wie ein angestellter Manager, sondern eher wie ein Unternehmer, unkonventionell", sagt er. "Das muss man wissen. Wer einen Manager sucht, den man lenken kann, der kann mit mir nichts anfangen."

Er versteht sich als Stratege für die großen Linien, der Investoren und Anteilseigner bezirzt; das Operative überlässt er dem Team. Er gebe Motivation, Inspiration – und sein vielleicht wertvollstes Asset: seine Kontakte. "Ich bringe ja eines der krassesten Netzwerke überhaupt mit", sagt er mit dem ihm eigenen Selbst- und Sendungsbewusstsein. "Du willst wissen, wie Tiktok geht? Ich kann Dich mit dem Marketingschef verbinden. Das ist ja das Geile, wenn Du so ein Businesspromi bist."

Die Firmen, die er in die engere Auswahl nehme, dürften nicht zu klein sein. Er brauche Strukturen und ein Team, um wirken zu können. Ein Konzern kommt aber wohl auch nicht in Frage. Es klingt nach aufstrebendem Mittelständler mit hohem Marketinginteresse. Und welche Branchen? Handel, Mode, Food, Sport, Health – keine Waffen und nichts, wo Tiere getötet werden.

Selbst seine Gehaltsvorstellung nennt er – das ist in diesem Stadium der Jobsuche üblicherweise ein Tabu. Er zitiert, was ihm der einstige Bertelsmann-Topmanager Rainer Gerdes immer gesagt habe, einer seiner frühen Mentoren. "Diene, leiste, mit vollem Herzblut – und kassiere fett ab." Diekmann lacht, diese Haltung habe sein Mentor ihm eingebläut. Wenn er Fehler mache, bitte, dazu stehe er, man könne ihn feuern. Er wolle vorher jedoch ordentlich entlohnt werden.

Ein Geschäftsführerposten, wie er ihn anstrebe, werde üblicherweise für vier Jahre verhandelt. Zum Gehalt kommen oft noch virtuelle Shares oder feste Anteile hinzu. Ein solches Paket liege dann bei insgesamt 2,5 bis 4 Millionen Euro. "Diese Größenordnung hat so ein Deal. Kann auch sein, dass noch einen Million draufkommt, wenn es alles übertrifft. Das ist mein Verhandlungskorridor", sagt Marcus Diekmann. "Aber 4 Millionen zahlen und kein Purpose – das mache ich nicht. Man wird mich nicht kaufen können."

Auf seinem Handy laufen bereits die ersten Anfragen ein. Von wem und wie er damit umgeht – lesen Sie in der nächsten Folge von "Löwe sucht Höhle".

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