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Luxusbunker: Dem Weltuntergang komfortabel trotzen

Foto: 2012 Terravivos.com

Luxusbunker "Können Sie die Sonne sehen? Dann sind Sie verwundbar"

Robert Vicino baut unterirdische Schutzräume. In die Luxusbunker soll man sich zurückziehen können, wenn Katastrophen nahen. Bisher ist das Unternehmen allerdings noch, nun ja: in den Startlöchern. Aber der Countdown zum Weltende nach Maya-Kalender läuft bereits.

Hamburg - Killerkometen, Atomkriege, Sonnenstürme, Biowaffen, Supervulkane und Megatsunamis. Was es sein wird, das uns alle angeblich umbringen wird (oder vielmehr diejenigen, die nicht vorgesorgt haben), weiß auch Robert Vicono nicht. Aber auf der Internetseite seiner kalifornischen Firma Terra Vivos werden alle diese Horrorszenarien detailliert geschildert - und ein Countdown zählt die Tage, Stunden, Minuten und Sekunden bis zum 21. Dezember 2012 herunter.

Denn zu diesem Termin soll sich angeblich nach den Berechnungen des alten Maya-Volks eine globale Katastrophe ereignen. Im Gespräch wiegelt Firmenchef Robert Vicino allerdings ab: Das konkrete Datum will er lediglich als mahnende Metapher verstanden wissen. "Es hat auch nicht geregnet, als Noah die Arche baute" steht als Motto unter dem Countdown auf der Internetseite.

Vicino plant eine Reihe von luxuriös ausgestatteten Gemeinschaftsbunkern, die im Katastrophenfall nur zahlenden Eignern offen stehen sollen. Ein Jahr lang soll man darin globale Verwerfungen jeder Art rundumversorgt aussitzen können. Das Geschäft mit der Angst läuft gut an, es gibt ein reges Interesse an den großen unterirdischen Anlagen. Zum Teil baut Vivos bestehende ältere Anlagen um, wie etwa den Barstow-Bunker in der kalifornischen Mojave-Wüste, mit dem eine Telekommunikationsgesellschaft ihr Rechenzentrum schützen wollte. Andere Anlagen will er komplett neu errichten - bisher existieren sie nur als Computeranimation. Auch in Europa plant er einen Standort.

mm: Wie viele unterirdische Schutzräume haben Sie bisher gebaut?

Vicino: Wir bauen sechs in den USA, von denen einer komplett fertig ist, und einen in Zentraleuropa.

mm: Wo?

Vicino: Das werde ich Ihnen nicht sagen. Wir versuchen, die Orte geheim zu halten. Im Moment der Wahrheit wollen wir nicht Tausende von Leuten davon abhalten müssen, dort Einlass zu verlangen. Deshalb erfahren nur unsere Mitglieder, wo die Bunker sind.

mm: Wieviele Mitglieder haben Sie denn?

Vicino: Weltweit sind es etwa 25.000. Die Mitgliedschaft ist kostenlos, damit wir Sie informieren können, welche Bedrohungen es aktuell gibt und was sich bei Vivos tut. Um die 1000 sind Miteigner und haben Anteile an einem bestimmten Bunker gekauft. Wenn Sie Miteigner werden wollen, machen wir eine Telefonkonferenz mit Ihnen, um herauszufinden, wer Sie sind und ob Sie ein guter Kandidat für unser Programm sind.

mm: Was zeichnet einen guten Kandidaten aus?

Vicino: Sie sind eine angenehme Person und können etwas Nützliches zur Gemeinschaft beitragen.

mm: Ärzte haben vermutlich gute Chancen.

Vicino: Ungefähr 30 Prozent unserer Miteigner kommen aus dem medizinischen Sektor. Ärzte, Pfleger, Krankenschwestern, Psychiater. Weitere 30 Prozent kommen aus dem Bereich Militär und Polizei. Und die restlichen 40 Prozent sind ein guter Querschnitt der Gesellschaft. Mechaniker, Schreiner, Köche, Entertainer, Künstler. Quer durch die Bank. Wir disqualifizieren niemanden. Das machen die Leute höchstens selbst. Wer sich etwa im Gespräch als Rassist oder als extrem intolerant herausstellt, den wollen wir nicht. Wir wollen die Netten. Wir haben ein Komitee, das darüber befindet.

mm: Haben Sie schon Leute abgelehnt?

Vicino: Ja. Ungefähr 40 Prozent der Bewerber.

mm: Das klingt viel.

Vicino: Ja. Und der andere limitierende Faktor ist natürlich, dass Sie sich den Anteil leisten können müssen. Wir haben immer wieder Leute, die umsonst reinkommen wollen, weil sie meinen, etwas Besonderes zu sein. Aber so funktioniert das nicht. Wir können es uns nicht leisten, die Plätze zu verschenken. Wer soll den Bau sonst bezahlen?

"Die Welt kann ein paar Nuklearexplosionen verkraften"

mm: Würde etwa ein hoch qualifizierter Arzt keinen Rabatt bekommen?

Vicino: Von Leuten, die extrem qualifiziert sind, kann man auch erwarten, dass sie sich ihren Anteil leisten können. Es kommen immer wieder Leute, die glauben, sie seien so besonders, dass sie umsonst dabei sein sollten. Aber es ist extrem kostenintensiv, diese Bunker zu bauen. Wer soll das bezahlen? Ich bin leider nicht Bill Gates.

mm: Wie teuer ist es denn, und was bekommen die Leute für ihr Geld?

Vicino: Sie bekommen einen schlüsselfertigen Schutzraum, der das Vielfache dessen wert ist, was sie bezahlen. Unser Indiana Shelter etwa - darin bekommen Sie einen Platz für 35.000 US-Dollar pro Person. Wir verkaufen 80 Anteile, Sie bekommen also ein Achtzigstel des Schutzraums, Nahrung für mindestens ein Jahr, Energie, Medizin, Wasser, Kleidung - alles, was Sie brauchen, bis hin zum Toilettenpapier. Es ist für alles gesorgt, und das für 96 US-Dollar am Tag. Das ist wirklich günstig. Und was wäre die Alternative? Sie können natürlich Ihren eigenen Schutzraum bauen, aber das wird garantiert viel teurer.

mm: Haben Sie den Film "Take Shelter" von Jeff Nichols gesehen? Da geht es um einen Familienvater, der sich seinen eigenen Schutzraum baut und immer mehr in diese spezifisch amerikanische Art von Paranoia abgleitet.

Vicino: Ich habe die Vorschau gesehen. Ich glaube, der benutzt einen alten Schiffscontainer. Das Problem damit ist: So eine Stahlbox hält nicht viel aus. Wenn Sie einen Seecontainer im Boden verbuddeln und wasserdicht machen - wenn dann ein Tsunami kommt oder es sehr stark regnet, wird der durch die Erde nach oben an die Oberfläche gedrückt. Das funktioniert also leider nicht. So eine Konstruktion ist vielleicht gut gegen Sturm. Oder wenn Sie Angst vor Anarchie haben und sich vor Ihren Nachbarn verstecken wollen. Unsere Schutzräume dagegen halten eine nukleare 20-Metatonnen-Explosion aus. Die haben eine meterdicke Stahlbetonwand, die so stark ist wie eine Reaktorwand. Und sie bieten 14 Quadratmeter Platz pro Person. Die Leute sollen es lange dort aushalten können.

mm: Wie groß sind die Bunker insgesamt?

Vicino: Unser kleinster Schutzraum hat rund 930 Quadratmeter. Unser größter ist 37.000 Quadratmeter groß und soll 2000 Leute beherbergen können. Die reichen an das heran, was Regierungen bauen.

mm: Auf Ihrer Website gibt es einen Countdown, der auf das mutmaßliche Weltende nach dem Maya-Kalender herunterzählt. Glauben Sie denn wirklich, dass es am 21. Dezember 2012 eine Katastrophe geben wird?

Vicino: Nein. Das ist ein Zeitrahmen, kein wirklich spezifisches Datum. Wir gebrauchen diesen Countdown als Metapher für die Dringlichkeit, sich so bald wie möglich um einen sicheren Schutzraum zu kümmern. Ich glaube, dass jeden Tag eine Katastrophe passieren kann. Es könnte morgen passieren, in zwei Monaten oder in dreißig Jahren. Wir bauen keine Schutzräume für den Maya-Kalender. Wir bauen sie für wann auch immer. Die Geschichte wiederholt sich. Es wird immer Kriege geben. Und es gibt neue Bedrohungen: Nukleare und biologische Waffen. Pandemien. Erdbeben. Asteroiden. Viele Leute denken ja, Deutschland wäre immun gegen Katastrophen, weil es nicht in einem Erdbebengebiet liegt. Können Sie von Ihrem Schreibtisch aus die Sonne sehen?

mm: Ja.

Vicino: Dann sind Sie verwundbar! Die Sonne durchläuft gerade das Solarmaximum, das 2013 einen neuerlichen Höhepunkt erreichen wird. 1859 legte ein Sonnensturm sämtliche Telegrafen lahm. Was wäre, wenn so etwas heute passierte? Wenn die Stromversorgung zusammenbricht, gibt es nichts mehr: Kein Wasser, kein Essen, die komplette Infrastruktur bricht zusammen. Und Leute werden zu Anarchisten, wenn sie nichts zu essen haben. Unsere Schutzräume sind moderne Festungen, in die sich unsere Mitglieder zurückziehen und überleben können, wenn der Rest der Welt brennt. Europa ist sehr verwundbar.

"Wie wird es für Leute sein, die keinen Vivos-Anteil haben?"

mm: Aber wenn die Welt in Anarchie versinkt, wie soll es dann geregelten Zugang zu Ihren Schutzräumen geben? Da wird sich ja niemand hinten anstellen.

Vicino: Wir haben Sicherheitsmaßnahmen, um die, die nicht bezahlt haben, draußen zu halten. Wenn Sie kein Eigentümer sind, kommen Sie nicht rein. Okay, das Militär kommt vielleicht rein. Aber das Militär wird das Privateigentum und das Recht der Leute auf Überleben anerkennen.

mm: Das Ganze hat eine moralische Dimension, nicht wahr?

Vicino: Es hat sehr viele Dimensionen. Aber Sie fragen mich, wie das Leben in den Schutzräumen ist, wie teuer das ist, wie wir sie verteidigen. Sie sollten besser fragen: Wie wird es für Leute sein, die keinen Vivos-Anteil haben? Wenn eine Katastrophe kommt, können Sie auf der Oberfläche nicht überleben.

mm: Ich frage mich, wie erstrebenswert es ist, ein Jahr in einem hermetischen Bunker zuzubringen, nur um dann auf einen verwüsteten und verstrahlten Planeten zurückzukehren.

Vicino: Warum glauben Sie, dass er verwüstet wäre? Wenn ein Virus 80 Prozent der Weltbevölkerung vernichtet, wie das im Mittelalter in der Pestzeit passiert ist, dann kann die Erde immer noch ein guter Platz zum Leben sein, halt nur mit weniger Leuten.

mm: Eben sprachen sie von einer atomaren 20-Megatonnen-Explosion.

Vicino: Ja, aber auch das würde noch nicht heißen, dass überall nuklearer Winter wäre. Die Welt kann ein paar Nuklearexplosionen verkraften. Japan ist ja auch immer noch bewohnbar.

mm: Wo werden Sie denn selbst am 21. Dezember 2012 sein?

Vicino: Mal sehen. Wenn die Dinge sich zuspitzen, und es so aussieht, als würde Schlimmes passieren, dann werde ich im nächsten Schutzraum sein. Ich glaube nicht, dass die Katastrophe plötzlich kommen wird. Es wird sich allmählich entwickeln. Es wird eine Serie von Ereignissen geben. Wir wissen nicht wann, wir wissen nicht, was, aber es ist besser, vorbereitet zu sein als das Nachsehen zu haben. Die Regierungen der Welt haben große unterirdische Schutzräume gebaut. Was wissen die, was wir nicht wissen? Finden Sie es richtig, dass nur die Elite und die Regierung überleben sollen?

mm: Nun ja, finden Sie es richtig, dass nur Leute überleben sollen, die sich Ihre Bunker leisten können?

Vicino: In Europa nehmen wir rund 26.000 Euro. Das ist nicht wirklich teuer. Es ist das Geld wert. Wir wissen, dass sich das nicht alle Leute leisten können. Aber wir können die Kosten nicht weiter senken. Nur weil sich das nicht jeder leisten kann, heißt das ja nicht, dass wir nicht mit denen ins Geschäft kommen sollten, die es können.

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