Aktie legt zu Grenke kontert Investorenattacke mit Strategieschwenk

Grenke-Sitz in Baden-Baden: In Reaktion auf die Short-Attacke wird der Vorstand um einen Risikochef erweitert
Foto: Uli Deck / dpaDer Leasingkonzern Grenke zieht nach der Short-Attacke des britischen Investors Fraser Perring (46) Konsequenzen für seine Strategie. In den kommenden zwölf bis 18 Monaten sollen die Franchise-Gesellschaften in den Konzern eingegliedert werden, wie Grenke am Donnerstag mitteilte. Zudem werde der Vorstand um einen Risikochef vergrößert, Vorstandsmitglied Sebastian Hirsch (39) sei künftig als Finanzchef tätig und Firmenchefin Antje Leminsky (49) übernehme zusätzlich die Verantwortung für die interne Revision. Dadurch solle mehr Transparenz für den Kapitalmarkt geschaffen werden, erklärte Leminsky.
Die Investorengruppe Viceroy, hinter der der Fraser Perring steht, hatte Grenke Mitte September in einem 64-seitigen Dokument Betrug, Geldwäsche und Bilanzfälschung vorgeworfen - und wettete gleichzeitig mit sogenannten Leerverkäufen auf einen Absturz der Aktien. Bei Leerverkäufen verkauft ein Investor Aktien, ohne diese zu besitzen, und kann sie dann bei einem Kurssturz billiger nachkaufen. Nach der Veröffentlichung des Viceroy-Berichts stürzte die Grenke-Aktie, wie von Viceroy geplant, heftig ab und die Investoren strichen eine Menge Geld ein.
Grenke wehrt sich seitdem gegen die Behauptungen, die Aktie hat an der Börse aber nicht wieder richtig Tritt gefasst. Nach der Ankündigung der Integration der Franchise-Gesellschaften, der Vorstandserweiterung und den Zahlen für das dritte Quartal zog der Aktienkurs am Donnerstag zwar um bis zu 7 Prozent an. Die im MDax notierten Papiere konnten die Gewinne aber nicht ganz halten: Zum Mittag legte der Kurs rund 4 Prozent auf 32,86 Euro zu.
Trotz des Anstiegs liegt der Kurs damit weiter rund 40 Prozent unter dem Niveau vor der Attacke von Viceroy. Der Börsenwert sank somit seitdem um knapp 1,1 Milliarden auf 1,5 Milliarden Euro. Da der Grenke-Kurs bereits vor der Attacke unter den Folgen der Corona-Pandemie gelitten hatte, summieren sich die Verluste in diesem Jahr auf 64 Prozent. Mehr hat im MDax nur die Aktie des Industrie- und Stahlkonzerns Thyssenkrupp verloren. Anleger müssen erst wieder Vertrauen aufbauen", erklärt Bilanzexperte Thomas Borgwerth bei Finanzszene.de. Außerdem sei die Grenke-Aktie, wie viele andere auch, zuvor recht hoch bewertet gewesen.
Grenke-Gründer hat Aufsichtsratsmandat niedergelegt
Grenke ist spezialisiert auf die Vermietung von IT-Ausrüstung und Büroausstattung und beschäftigt 1700 Mitarbeiter in 33 Ländern. Bei einer Expansion in neue Märkte setzt der Konzern aus Baden-Baden seit 2003 auf ein Franchise-Modell, das im Zentrum von Perrings Vorwürfen steht. In neuen Ländern werden Franchise-Gesellschaften von einem Manager aus den eigenen Reihen gegründet, die Finanzierung der Firmen erfolgt über einen externen Investor. Grenke kann diese Gesellschaft nach einer gewissen Zeit übernehmen.
Unter anderem kritisiert Perring, Grenke habe die Firmen zu überhöhten Werten aufgekauft. Firmengründer Wolfgang Grenke (69) habe sich dabei persönlich bereichert. Grenke wies die Vorwürfe vehement zurück, hat bis zur Klärung der Vorwürfe aber sein Aufsichtsratsmandat niedergelegt.
Die 16 Franchiseunternehmen, die bislang noch nicht gekauft wurden, sollen nun zügig integriert werden. Dafür werde Grenke unabhängige Wertgutachten erstellen. "Fast zwei Dekaden waren wir mit der Expansion über Franchise-Unternehmen sehr erfolgreich", sagte Vorstandsmitglied Hirsch. "Diesen Erfolg wollen wir fortsetzen, aber mit Grenke-Start-ups ohne externe Finanzinvestoren."
Die Finanzaufsicht Bafin geht den Vorwürfen Perrings allerdings nach und durchforstet derzeit die Bilanzen von Grenke. Der Konzern selbst hat mehrere Sonderprüfungen in Auftrag gegeben. Finale Ergebnisse liegen noch nicht vor. Zuletzt hatte Grenke erklärt, die bisherigen Ergebnisse zeigten keine Auffälligkeiten.
Angriff hat keine Auswirkungen auf das laufende Geschäft
Auf das laufende Geschäft habe der Perring-Angriff keine nennenswerten Auswirkungen, erklärte Leminsky. Belastet habe im dritten Quartal vor allem die Corona-Krise. Die Kosten für die Schadensabwicklung und Risikovorsorge stiegen im Vergleich zum Vorjahr um rund die Hälfte auf knapp 49 Millionen Euro. Das Neugeschäft ging um 19 Prozent auf 704,1 Millionen Euro zurück. Der Gewinn sank deshalb um die Hälfte auf 17,7 Millionen Euro. Das Zinsergebnis sei um 2,5 Prozent auf 96 Millionen Euro gestiegen. "Grenke reüssiert trotz Pandemie und Shortseller-Angriff", sagte Unternehmenschefin Leminsky. "Wir sind zuversichtlich, durch die breite Unterstützung von Kunden, Investoren und Mitarbeitern auch weiterhin erfolgreich zwei Wellen zeitgleich bezwingen zu können."
Wegen der coronabedingten Beschränkungen rechnet der Vorstand im vierten Quartal mit einem Neugeschäft auf ungefähr 60 Prozent des Vorjahresniveaus. "Der Konzern ist in der Lage, auf Basis eines geringeren Neugeschäftsvolumens und angemessenen Kosteneinsparungen auch in der Krise profitabel zu arbeiten", hieß es. Auf Basis der guten Liquiditätslage sowie der stabilen Anzahl von Mitarbeitern - insbesondere im Vertrieb - könne der Konzern auf mögliche Lockerungen und Normalisierungen sofort reagieren.