Einst galt dunkle Schokolade als herbes Herrennaschwerk. Inzwischen haben Chili, Pfeffer und Meersalz den Weg in die Rezeptur gefunden und die bittere Spezialität auf Platz eins der Hitliste gehievt. Die Geschmacksexplosion auf der Zunge schätzen vor allem anspruchsvolle Genießer.
Osnabrück - Das Geschmackserlebnis kommt zeitverzögert: Erst schmeckt sie bitter-herb, dann exotisch-scharf - die dunkle "Chilli" des Edelschokoladen-Herstellers Leysieffer aus Osnabrück. "Seit sie vor knapp drei Jahren auf den Markt kam, steht sie unangefochten auf Platz 1 unserer Schokoladen-Hitliste", sagt Axel Leysieffer, Herr über 22 Nobel-Confiserien und sechs edle Bistros und Cafés in Deutschland. "Wir kommen mit der Produktion kaum nach", sagt der 62-Jährige, der nach eigenen Angaben ein Nischenunternehmen für Konfekt der Spitzenqualität betreibt.
Inzwischen habe die extravagante Schokoladen-Kreation aus dem Hause Leysieffer bei exklusiven Herstellern in Deutschland und Europa Nachahmer gefunden. "Aber wir haben den Schoko-Boom zu Exotik und Außergewöhnlichem losgetreten", sagt der Konditormeister, der in dritter Generation das 1909 gegründete Familienunternehmen führt. Das Sortiment von Leysieffer verspricht Naschkatzen ein neues Geschmackserlebnis - Gaumenkitzel inbegriffen: Neben Chili kommen auch Pfeffer, grobes Meersalz, Zitronen- und Orangenöle, Ingwer sowie Vanille in die edlen - hauptsächlich dunklen - Tafeln. Täglich stellen die rund 140 Beschäftigten in der Osnabrücker Produktionsstätte 1500 verschiedene Produkte her. Insgesamt hat die Leysieffer GmbH & Co. KG im In- und Ausland knapp 500 Mitarbeiter.
Leysieffer-Mitarbeiterin bei der Arbeit: Die Produkte werden von Hand verziert
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Inhaber Axel Leysieffer: Exquisite Pralinen und feine Kreationen
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Bäcker bei der Kuchenherstellung: Trend zur Spezialisierung
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Exotische Schokoladen: Süß, scharf, salzig Bitte klicken Sie auf ein Bild, um zur Großansicht zu gelangen.
Auch Experten beobachten eine "Exotisierung" des Schokoladen-Marktes. "In Zeiten gesättigter Märkte müssen sich die Hersteller schon etwas Besonderes einfallen lassen, um verwöhnten Gaumen eine Geschmacksexplosion und ein Genusserlebnis zu bieten", sagt der Ernährungswissenschaftler Guido Ritter von der Fachhochschule Münster. Inzwischen gibt es sogar Weingummi, das mit Chili versetzt ist, - in Form kleiner Teufel. Allerdings ist die Mischung von Schokolade und exotischen Gewürzen keineswegs neu. "Etwa in Südamerika gibt es solche Kombinationen schon Jahrhunderte", sagt der 39-Jährige.
Dass zunehmend Schokoladen mit einem hohen Kakao-Anteil gefragt seien, erklärt der Ernährungswissenschaftler mit einem Imagewechsel. "Früher galt dunkle Schokolade als herbes Herrennaschwerk, heute zählt vor allem der edle, runde Kakao-Geschmack", sagt Ritter. Den enthaltenen Bitterstoffen würden sogar positive gesundheitliche Wirkungen nachgesagt, wie ein präventiver Schutz vor Herzinfarkt und Krebserkrankungen. Bewiesen sei dies aber nicht. Dennoch ist sich Ritter sicher, dass Milchschokolade weiter das Massengeschäft bestreiten wird.
Davon geht auch der Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) in Bonn für die Zukunft des Schokoladen-Marktes aus. "Doch die Hersteller von Tafeln mit hohem Kakao-Anteil vermelden Zuwachsraten", sagt BDSI-Sprecher Torben Erbrath. "Der Trend zur Spezialisierung der Branche wird die Hersteller auch zukünftig zu neuen Rezepten bewegen, der Kundengeschmack ist stets im Wandel."
Die Exotik in der Schokoladen-Herstellung ist für Leysieffer noch lange nicht ausgereizt. Sein Gespür hat sich in der Vergangenheit für ihn auch in barer Münze ausgezahlt. 2004 setzte seine Firma mit einem Plus von 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr rund 23 Millionen Euro um. Sein Sohn Jan, seit 1993 mit im Unternehmen, wird die Produktion weiterführen. Derzeit laufen Experimente für eine Schokolade mit Rosenöl und Jasmin auf Hochtouren.