Slot-Racing Rennzirkus en miniature

Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit. Wer es als Junge nie zu einer Carrera-Bahn gebracht hat, kann jetzt in das Digitalsegment der Autorennbahnen einsteigen. Beim modernen Slot-Racing teilen sich bis zu acht Miniaturflitzer zwei Spuren - ein rasanter Spaß, bei dem mehr Taktik gefragt ist als früher.

Zeven/Fürth - Die Computerisierung ist schuld daran, dass die gute alte Carrera-Bahn in den 80er Jahren und in der Mottenkiste verschwand. Und auch daran, dass die Schlitzpistenflitzer auferstanden sind und seit einigen Jahren intelligenter daherkommen denn je.

Nach einigen Wirrungen, unten denen vor allem Käufer des inzwischen schon wieder vom Markt genommenen Digitalsystems Pro X von Carrera zu leiden hatten, scheinen die Hersteller nun digitale Systeme gefunden zu haben, auf die Kunden auch in den kommenden Jahren bauen können.

Angeboten werden digitale Autorennbahnen - Experten sprechen von Slot-Racing - inzwischen von allen großen Komplettbahnanbietern: Ninco, SCX, Scalextric und Carrera. Mit Ausnahme von SCX - 2003 erster Hersteller mit einem Digitalsystem - besteht heute bei allen Herstellern die Möglichkeit, mit einer preisgünstigen Analogbahn in das Hobby zu starten und diese später nachzurüsten. "Digitale Bahnen sind bei Jugendlichen beliebt, weil dort mehr Action ist. In der Slot-Car-Szene waren solche Bahnen bis vor kurzem eher verpönt", sagt Ingo Meyer, Geschäftsführer des Ninco-Importeurs Cars & Co Company in Zeven.

Spurwechsel auf Knopfdruck

Im Gegensatz zu analog betriebenen Rennbahnen kommt es bei digitalen Bahnen wie im echten Motorsport viel mehr auf die Taktik an. Während auf analogen Bahnen jeder Schlitzpistenflitzer einen eigenen Stromkreis hat und auf seiner eigenen Spur fährt, teilen sich auf Digitalbahnen mehrere Wagen eine Spur. Auf einer zweispurigen Digitalbahn können je nach Hersteller und Maßstab bis zu acht Autos gleichzeitig betrieben werden, weil die Wagen mit Hilfe eines Decoders individuell angesteuert werden können.

Der auffälligste Unterschied zwischen einer Analogbahn und einer Digitalbahn sind die in die Strecke eingebauten Weichen, an denen die Wagen auf Knopfdruck die Fahrspur wechseln können. Neu ist dank der Digitalisierung auch die Möglichkeit, eine Boxengasse in das Renngeschehen zu integrieren: Von Zeit zu Zeit müssen die Rennwagen dabei während des Rennens einen Tankstopp einlegen. Geschieht dies nicht, kriecht der Wagen nach einigen Runden nur noch um die Kurven.

Wie viel der Einstieg in den miniaturisierten Rennzirkus kostet, hängt vor allem vom gewählten Maßstab ab: Die größte Auswahl an Bahnen und Fahrzeugen finden Rennbahnfans beim Maßstab 1:32. Startpakete mit einem Rundkurs - häufig eine klassische Acht - und Wagen gibt es zu Preisen zwischen 90 und 170 Euro. Rundenzähler, ohne die das Kreisfahren sehr schnell langweilig wird, sind in der Regel nicht dabei. Einzelne Analogautos kosten zwischen 30 und 40 Euro.

Digitale Nachrüstung in wenigen Minuten

Digitale Komplettpakete mit einer zentralen Steuerungseinheit, Weichen und Wagen stehen nach je nach Hersteller für Einstiegspreise 180 bis 299 Euro in den Regalen des Spielwarenfachhandels. Steuerungseinheit, Weichen, digitale Handregler und elektronische Rundenzähler, die auf eine Hundertstelsekunde genau die Zeiten messen, werden zum Nachrüsten einer analogen Bahn auch einzeln oder in Sets für 90 bis 200 Euro angeboten.

War das Nachrüsten in den vergangenen Jahren mitunter eine lästige Bastelei, bei der auch mal gelötet werden musste, können die neuen Analogwagen heute meist in wenigen Minuten digitalisiert werden: "Dazu muss man lediglich den Decoder zwischen Stromabnehmer und Motor stecken", erklärt Carrera-Sprecher Jürgen Brückmann. Die Decoder kosten bei den jeweiligen Herstellern um die 20 Euro. Bereits fertige Digitalautos werden für 40 bis 50 Euro angeboten.

Kinderrennbahnen im Maßstab 1:43 bieten von den Markenherstellern nur Carrera und SCX an. Startpakete gibt es schon ab 30 Euro. Für kindgerechte Action sorgen Loopings, senkrecht in die Höhe ragende Kurven, Sprungschanzen und in Anlehnung an Videospiele oder Filme entwickelte Wagen. Autos kosten um die 15 Euro. Carrera bietet mit dem System "Digital 143" auch in diesem Maßstab digitales Rennvergnügen. Einstiegspackungen sind für rund 80 Euro zu haben.

Detaillierte Modelle für die erwachsene Klientel

Noch kleiner kommen die Kinderbahnen von Scalextric daher: "Microscalextric" hat den Maßstab 1:64. Die Wagen seien insgesamt einfacher ausgeführt, sagt Kristian Fischer, der bei Dickie-Tamiya in Fürth für die Marke Scalextric zuständig ist. Der Zielgruppe entsprechend gebe es Packungen zu den "Simpsons" oder zu "Batman". Eher für Ü-30-Slotcar-Fans und Sammler gedacht sind die großen Modellautos im Maßstab 1:24. Die Modelle sind sehr detailliert.

Erwachsen sind auch die Preise: Ein Wagen kostet um die 65 Euro, ein analoges Einsteigerset 280 Euro. Der nachträgliche Einbau eines Decoders ist ebenfalls möglich. Anders als im Maßstab 1:32 erlaubt das System "Digital 124" von Carrera jedoch nur den gleichzeitigen Betrieb von vier Wagen. Mit fahrbaren Automodellen, die größer sind als der 1:32-Standard, ist Carrera seit diesem Jahr nicht mehr alleine: Ninco hat nun Modelle im Maßstab 1:28 im Portfolio. Die großen Ninco-Wagen schlagen mit Preisen ab 85 Euro zu Buche. Auch sie können digitalisiert werden.

Bevor eine Rennbahn unter den Weihnachtsbaum gelegt wird, sollte eine Frage ehrlich beantwortet werden: Wer soll hinterher mit der Bahn spielen? Wenn nur der Sohnemann im Grundschulalter als Nutzer infrage kommt, ist sicherlich eine Bahn im Maßstab 1:43 ein preisgünstiger und kindgerechter Einstieg. Väter mit ernsten Rennsportambitionen sollten dagegen gleich Nägel mit Köpfen machen und in den Maßstab 1:32 investieren: Die Automodelle sind detailreicher und robuster.

Arnd Petry, dpa

Autorennbahnen: Kleine Flitzer mit Digitalsteuerung

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