Raddesign Schöner Strampeln
Bremen - Apple und der iPod - das ist an sich schon eine fast unglaubliche Erfolgsgeschichte. Doch mittlerweile steht das elegante Musik-Abspielgerät des Computerherstellers nicht mehr nur für Verkaufsrekorde. Vor allem das Design schickt sich an, die Welt in manchen Bereichen zu verändern.
Nachdem sich bereits die Autobauer als iPod-Anhänger zeigten und weiße Lacke in Verbindung mit geglätteten Formen in Anbiederung an die Stil-Ikone zum Modetrend erklärten, ist nun die Zweiradbranche dran. Sie zeigte auf den Messen im Herbst nicht in erster Linie neue Techniken für den leichteren Tritt in die Pedale - vor allem ging es um Stil und Styling, wobei man nicht müde wurde, die Nähe zum MP3-Player von Apple zu betonen.
Wer ein Fahrrad neben einen iPod stellt, wird schnell feststellen, dass eine optische Ähnlichkeit recht weit hergeholt ist - und das dürfte auch so bleiben. Daher zeigt sich die Anlehnung an das Vorbild auf den ersten Blick auch an eher einfach zu verwirklichenden Details, vor allem ist es der Lack. Nach einer gefühlten Ewigkeit der vorherrschenden Silber- und Schwarzlacke ist jetzt Ablösung in Sicht: "Ein ganz großer Trend ist zur Zeit die Rahmenfarbe Weiß", sagt Alexandra Kirsch vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Bremen. Gerade dieser einst als billig angesehene Farbton steht mittlerweile auch bei den Zweirädern für eine neue Eleganz.
Daneben hat den Entwicklern wohl auch die Schlichtheit des iPod-Designs zu denken gegeben, so dass es nun zumindest erste Versuche gibt, das traditionell zerklüftete Design des Fahrrads ein wenig zu glätten. "Es gibt Bestrebungen, einzelne Bauteile des Fahrrades besser zu integrieren", erklärt Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) in Bad Soden.
Was dabei herauskommen kann, zeigt das neue Modell Citystorm des Herstellers Giant in Erkrath (Nordrhein-Westfalen). Hier hat man ein Cityrad gebaut, das gleichzeitig ein Designobjekt sein soll - ohne dies durch gewagte neue Formen zu zeigen. Vielmehr setzt man auf eine zurückhaltende Eleganz.
Mittel zum Zweck ist einerseits der weiße Lack. Fast zu übersehen ist aber ein ebenso neues wie ungewöhnliches Detail: Der Frontscheinwerfer wurde nicht einfach irgendwo mit ein paar Schrauben befestigt - er ist in den Rahmen integriert. Das wiederum wird laut Neuberger vor allem auch durch die bei den Fahrrädern immer größere Verbreitung von Leuchtdioden (LED) zur Lichterzeugung möglich. Sie sind nicht nur heller, sondern halten in der Regel auch eine Ewigkeit.
Karbon setzt Siegeszug fort
Karbon setzt Siegeszug fort
Die gewünschte Nähe zum iPod wird oft auch mit einer weiteren Entwicklung verbunden: "Die Hersteller haben mittlerweile die Frauen als Kunden entdeckt", sagt Alexandra Krisch. Das zeigt sich in den aktuellen Designvorlieben, aber auch in technischen Details. Man setzt auf moderne Komponenten, zu deren Bedienung und Pflege jedoch kein Ingenieursstudium notwendig ist.
"Es werden wartungsarme, gekapselte Ketten eingesetzt, auch die Nabendynamos setzen sich weiter durch." Was schließlich von einem solchen Modell zu erwarten ist, zeigt die neue Layana-Serie von Kettler in Ense-Parsit- natürlich in weißem Lack. Denn laut Kettler steht die Optik hier mit im Vordergrund. Daneben gibt es Details wie praktische und im Design angepasste Packtaschen. Hinzu kommt aktuelle Technik in Form einer Achtgang-Schaltung oder einer Federgabel.
Neben der Anlehnung an den iPod finden sich noch andere Themen, die zunehmend die Fahrradwelt erobern - wenn auch in unterschiedlichen Bereichen. Eines davon ist nach Einschätzung von Experten das Material Karbon, das mittlerweile im Oberklasse-Segment schon weit verbreitet ist. Es bringt neben der einzigartigen Optik schließlich auch Vorzüge wie hohe Stabilität und geringes Gewicht mit sich.
Künftig dürften aber auch Kunden mit geringerem finanziellen Polster den Karbonrahmen mit Interesse betrachten: "Die Preise sinken derzeit noch weiter", sagt Horst Walter vom Hersteller Hercules in Neuhof. "Karbonräder gibt es mittlerweile für 1000 Euro, vor einem Jahr waren es noch gut 1500 Euro."
Noch teurer wird es, sich an einem zweiten Trend zu beteiligen, den die Hersteller sehen. "Die Elektrofahrräder setzen sich zunehmend durch", so Siegfried Neuberger. Was wohl vor allem daran liegt, dass die Hilfe des Elektromotors beim Tritt in die Pedale nicht mehr als Hilfe angesehen wird, die nur älteren Radlern etwas bringt.
Laut Walter merkt die Kundschaft mittlerweile, "dass man damit durchaus auch Spaß haben kann." Schließlich will nicht jeder nach der Fahrt zur Arbeit schweißnass im Büro ankommen. Die Preise allerdings setzen immer noch eine gewisse Leidensfähigkeit voraus: 1700 bis 2500 Euro müssen für ein ordentliches Modell eingeplant werden.
Wer mit all dem Neuen jedoch wenig anfangen kann, der muss im kommenden Jahr keinen Bogen um Fahrradgeschäfte machen. Schließlich gibt es auch neue Modelle in klassischem Stil. Der Hersteller Panther aus Löhne bringt zum Beispiel mit dem Modell Polaris ein hochwertiges Zweirad heraus, das mit dunklem Rahmen und edlem Echtledersattel anrollt, sogar die klassische Rücktrittbremse ist vorhanden. Der iPod selbst kann natürlich auch auf einem solchen modernen Klassiker durchaus benutzt werden.
Heiko Haupt, dpa