Documenta 12 Ein Fest für die Sinne
Kassel - Nur 200 Besucher der Kasseler Documenta 12 werden das Glück haben, die Kunst des spanischen Avantgardekochs Ferran Adrià in diesem Jahr selbst zu genießen. Der Starkoch und der künstlerische Leiter der Ausstellung, Roger M. Buergel, lüfteten am Mittwoch in Kassel das Geheimnis um Adriàs Beitrag zu der Kunstschau: An den 100 Documenta-Tagen wird ein 2-Personen-Tisch in Adrias Restaurant "elBulli" an der Costa Brava für documenta-Gäste reserviert.
Auch die Namen der übrigen Künstler - viele von ihnen aus Asien, Afrika und Südamerika - gab Buergel bekannt. Der Großteil von ihnen ist in Deutschland wenig bekannt. Unter den deutschsprachigen Künstlern sind der Maler Gerhard Richter, die Konzeptkünstlerin Cosima von Bonin und der Essayfilmemacher Harun Farocki. Retrospektiv werden Werke der Malerin und Bildhauerin Charlotte Posenenske ausgestellt. Insgesamt werden mehr als 500 Werke, 100 mehr als ursprünglich geplant, auf der Documenta gezeigt.
Das für seine experimentelle Küche berühmte "elBulli" wird nach den Worten Buergels ein Standort der Documenta. Die Documenta-Leitung werde die Tische für die Gäste Adriàs mit "Willkür" vergeben, ohne nähere Angaben zu machen. Bewerbungen seien zwecklos. "Wer mich darauf anspricht und sich bewirbt, hat schon verloren", sagte Buergel bei der Documenta-Pressekonferenz. Die Reisekosten nach Spanien sponsert der regionale Tourismusverband in Spanien, dass Essen kostet die eingeladenen Gäste nichts.
"Ich verstehe die Enttäuschung", sagte Adrià am Mittwoch in Kassel im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Aber wir haben erkannt, dass man die Küche nicht in einem anderen Museum zeigen kann", sagte er. "Man kann sie nicht in eine andere Welt bringen, die nicht die unsere ist, auch aus Respekt vor den anderen Künstlern." Eine der Documenta angemessene Präsentation sei als Aufgabe zu groß gewesen.
Küche als Teil der Kunst
Küche als Teil der Kunst
"Für mich ist wichtig, dass es das erste Mal ist, dass die Küche in den Bereich der Kunst eingeladen wurde" betonte Adrià. Die Küche sei damit als Teil der Kunst anerkannt. Außerdem werde das ganze Restaurant "elBulli" für 100 Tage zum Documenta-Pavillon, so dass alle 50 Tagesgäste Teil der "Performance" würden. "Das sind 5 000 Menschen." Viele der zahlreichen Kunstaktionen in Kassel würden auch nur von wenigen Besuchern wahrgenommen.
Neue Kreationen speziell für die Zeit der Documenta" plant der 45 Jahre alte Koch nicht. In diesem Jahr gebe es in seinem Menu aber kaum noch die berühmten Schäume oder "Airs". Stattdessen wende er neue Techniken der Gefriertrocknung von Speisen an oder serviere Meringues aus Tonic sowie essbares Blumenpapier.
Buergel, der Adria nach der Nominierung als Documenta-Leiter Ende 2003 als ersten Künstler eingeladen hatte, schien über die Lösung erleichtert. "Ferran war ein schwerer Fall", sagte er. "Wir wollen die Ausstellung dezentralisieren, und haben uns für die einfachste und intelligenteste Lösung entschieden." Der Documenta-Leitung war durchaus bewusst, dass die Einladung des Medienstars Adrià sehr viel Aufmerksamkeit von der Kunstschau abgelenkt hatte.
Die Weltkunstausstellung in Kassel findet alle fünf Jahre statt und dauert 100 Tage. Im zwölften Jahr werden 650.000 Besucher erwartet. Die Ausstellung werde sich im Laufe der 100 Tage kontinuierlich verändern, betonte Kuratorin Ruth Noack. "Es lohnt sich also, mehrmals zu kommen."
Die deutschsprachigen Teilnehmer
Die deutschsprachigen Teilnehmer
113 Künstler weist die Liste der diesmaligen documenta aus. Hier die deutschsprachigen Teilnehmer an der "d12":
- Monika Baer, geboren 1964 in Freiburg, lebt in Berlin, Malerin
- Cosima von Bonin, geboren 1962 in Mombasa, lebt in Hamburg, Konzeptkünstlerin
- Christian von Borries, geboren 1969 in Zürich, lebt in Berlin, Musiker
- Alice Creischer, geboren 1960 in Santa Fe, lebt in Berlin, Malerin und Konzeptkünstlerin
- Danica Dakic, geboren 1962 in Sarajewo, seit 1988 in Düsseldorf, Fotografin und Videokünstlerin
- Ines Doujak, geboren 1959 in Klagenfurt, lebt in Wien, Fotografin
- Lukas Duwenhögger, geboren 1956 in München, lebt in Istanbul, Maler
- Harun Farocki, geboren 1944 in Neutitschein (Tschechien), lebt in Berlin, Filmemacher und Autor
- Peter Friedl, geboren 1960 in Oberneukirchen, Österreich, Berlin und Wien, Fotograf und Konzeptkünstler
- Andrea Geyer, geboren 1971 in Freiburg, lebt in New York
- Olga Neuwirth, geboren 1986 in Graz, arbeitet in Berlin, Komponistin
- Charlotte Posenenske, geboren 1930 in Wiesbaden, gestorben 1985 in Frankfurt, Malerin und Bildhauerin
- Florian Pumhösl, geboren 1971 in Wien, arbeitet in Wien, Konzeptkünstler
- Gerwald Rockenschaub, geboren 1952 in Linz, lebt in Berlin
- Gerhard Richter, geboren 1932 in Dresden, lebt in Köln, Maler
- Mira Schendel, geboren 1904 in Zürich, gestorben 1988 in Sao Paulo, Konzeptkünstlerin
- Dierk Schmidt, geboren 1965 in Unna, lebt in Berlin, Maler
- Andreas Siekmann, geboren 1961 in Berlin, lebt und arbeitet in Berlin und Buenos Aires, Maler und Objektkünstler
- Grete Stern geboren 1904 in Elberfeld/Wuppertal, gestorben 1999 in Buenos Aires, Fotografin - Hito Steyerl, geboren 1966 in München, arbeitet derzeit in London, Videokünstlerin und Autorin
- Jürgen Stollhans, geboren 1962 in Rheda/Westfalen, lebt in Köln, Bildhauer
- Simon Wachsmuth, geboren 1964 in Hamburg, lebt in Berlin, Maler
manager-magazin.de mit Material von dpa