
Beginnen Sie Ihr Laufjahr im Mai Wie Sie jetzt durchstarten können

Sonja von Opel ist Laufexpertin und Lebensläuferin. Mit einer Marathonbestzeit von 2:52h und als erfolgreiche Ultraläuferin gibt sie ihr Wissen und ihre Liebe zum Laufen in Laufcamps, Vorträgen, Büchern und vor allem als Online-Coach von über 100 Athleten pro Saison mit großer Begeisterung weiter. Als Geschäftsführerin der "Sonja von Opel Sports GmbH" bewegt sie nicht nur ihre Athleten vom Schreibtisch aus, sondern veranstaltet das ganze Jahr hindurch Laufreisen, Trainingscamps und Sportevents:
www.opelrunningteam.com
Alles neu macht der Mai! Was für ein herrlich passendes Sprichwort. An den Bäumen leuchtet das grünste Grün, das die Natur zu bieten hat, Blüten blühen, Vögel zwitschern und Menschen strotzen vor Energie. Zumindest diejenigen, die es geschafft haben, durch regelmäßigen Sport der Frühjahrsmüdigkeit wegzulaufen.
Manche waren sogar so fleißig, dass sie bereits einen sportlichen Höhepunkt im Jahr 2017 verzeichnen können. Die ambitionierten Läufer rennen traditionell in der ersten Saisonhälfte bereits einen Hauptwettkampf, sei es einen Frühjahrsmarathon zum Beispiel in Hamburg, Wien oder London, oder einen Halbmarathon wie den auf der schnellen Strecke von Berlin.
Aber auch diejenigen, die das Jahr bisher eher gemächlich angegangen sind, spüren spätestens im Mai ungeahnte Kräfte aufsteigen und die sollten genutzt werden, um sich mit vollem Elan in aktive Vorhaben zu stürzen. Sie wollen die nächsten Monate optimal nutzen, um am Ende des Jahres zufrieden und gesund unter dem Christbaum ein erfolgreiches Jahr Revue passieren lassen können? Dann setzen Sie geschickt Akzente, um möglichst viel Gutes aus diesem Jahr für sich mitnehmen zu können.
Mai: Ab auf die Bahn
Ja, sie haben richtig gelesen. Sie sollen nicht IN die Bahn, um irgendwo hin zu kommen, sondern AUF die Bahn, um im Kreis zu laufen. Der Mai ist in der Leichtathletik der Monat der Bahnrennen und warum sollten nicht auch mal Hobbyläufer in den Genuss dieser knackigen Wettkämpfe kommen. In vielen Städten gibt es Bahnserien für Jedermann, wie zum Beispiel in Karlsfeld bei München, bei denen wirklich alle Leistungsklassen auf ihre Kosten kommen.
Für Erwachsene werden hier 3000-Meter-Rennen, 5000-Meter-Rennen und 10.000-Meter-Rennen im Abstand weniger Wochen angeboten. Je nach zu erwartender Ziel-Zeit läuft man in einem Lauf unter seinesgleichen, was den Vorteil hat, dass die ganz Langsamen nicht vier Mal von den ganz Schnellen überrunden werden, sondern vielleicht nur ein Mal pro Rennen von denen, die sich im falschen Lauf einsortiert haben.
Beim Bahnrennen werden Runden gelaufen und gezählt. Wer 3000 Meter auf der Bahn läuft, muss 7,5 Runden laufen, bei 5000 Metern sind es 12,5 Runden und 25 mühselige Runden sind es beim 10.000 Meter Lauf. Der große Vorteil beim Bahnrennen ist die Konstanz, die man an den Tag legen kann. Durch die Markierungen kann man alle 100 Meter das Tempo kontrollieren. Auf der Straße gibt es Kurven, Schlaglöcher, Wind, Profil und andere Faktoren, die das gleichmäßige Laufen stören können, auf der Bahn läuft man wie ein Hamster im Rad, was vielen Läufern hilft, die gewünschte Pace akkurat zu halten.
Wer es so richtig wissen will, der trägt auf der Bahn sogar Spikes. Das sollte aber unbedingt vorher geübt werden, denn die Waden haben da ein Wörtchen mitzureden, wenn plötzlich mit "Sportfahrwerk" gearbeitet wird. Das Rennen auf der Bahn ist eine spannende Alternative zum Straßenlaufen. Außerdem erinnert der Geruch von Tartan, der Richter mit der Stoppuhr und die weißen Linien auf dem meist roten Boden irgendwie an den Sportunterricht aus der Schule und haben Sie da nicht auch noch eine Rechnung offen, die es zu begleichen gilt? Also, ab auf die Bahn!
Juni und Juli: Ohne Tal kein Berg
Die erste Jahreshälfte ist geschafft. Entweder sind Sie grad am Regenerieren vom bereits Geleisteten, oder sie schmieden endlich intensive Pläne, was den sportlichen Höhenpunkt 2017 betrifft. Wenn es nicht gerade ein Triathlon im Hochsommer ist, dann empfiehlt sich ein Laufwettkampf im frühen Herbst, wenn die große Hitze überstanden ist. Ob Sie im September die Alpen überqueren wollen oder im Oktober die Bestzeit im Marathon noch mal angreifen wollen, der Hochsommer im Juni und Juli ist auf jeden Fall die Zeit für die berühmte Ackerphase.
Die kennen Sie nicht? Na, dann wird es Zeit, dass Sie mit ihr Bekanntschaft machen. Die Ackerphase ist davon geprägt, dass man sich quält, arbeitet, hart trainiert, so richtig ackert eben. Viele Läufe, viel Krafttraining, müde Beine, immer wieder raus, trotz Hitze, trotz Muskelkater, immer weiter. Sie sollen sich nicht in den Keller trainieren, aber Sie dürfen sich ruhig mal richtig platt fühlen. Läufe dürfen keinen Spaß machen, der Puls darf immer mal einen Zacken zu hoch sein und Gedanken über das Aufgeben dürfen keinen Platz in ihrem Kopf haben. Sie haben ein Ziel, der Weg ist noch weit und es gibt viel zu tun.
Das warme Wetter ist kein Grund, um das Training ausfallen zu lassen. Wenn Sie einigermaßen fit sind, dann stecken Sie auch das Laufen bei 36 Grad weg. Sie müssen nur das Tempo den äußeren Bedingungen anpassen, viel trinken und im Hinterkopf behalten, dass Hitze wie ein Trainingstool wirkt, wie Gewichtsmanschetten, die sie sich in der Ackerphase anschnallen, um später, wenn die Temperaturen wieder sinken, fliegen zu können.
August: Neue Reize, neue Akzente
Sie haben ordentlich geackert in den vergangenen acht Wochen und ihre Grundlagenausdauer ist besser denn je. Herzlichen Glückwunsch! Das Fundament für Ihr neues Formplateau steht und im Grunde haben Sie den richtig anstrengenden Teil des Sportjahres hinter sich.
Damit die Motivation bei all dem harten Training nicht frühzeitig abhandenkommt, sollten Sie jetzt ein wenig clever sein und sich was Gutes tun. Machen sie mal was Verrücktes, planen Sie eine sportliche Aktion, die Sie so noch nie gemacht haben. Nehmen Sie spontan an einem Sprinttriathlon teil! Sie können nicht Kraulschwimmen? Macht nix, denn die 500 Meter schaffen Sie auch im Brustschwimmstil und auf der Laufstrecke rollen sie dann das Feld von hinten auf. Ein Riesenspaß für jede Ihrer Körperzellen, wetten?

Sie haben ein paar Tage frei? Dann laufen Sie doch einfach mal irgendwo hin. Schnallen Sie sich einen Rucksack auf, in den Sie Zahnbürste, Wechselwäsche, Kreditkarte und Ladekabel packen und erkunden Sie mal zu Fuß die Gegend, aus der der Fluss kommt, der durch Ihre Stadt fließt, indem Sie zu seiner Quelle laufen. Ein unvergesslicher Trip, bei dem Sie Ihre Fitness weiter ausbauen.
Oder laufen Sie doch mal in den Bergen, gerade wenn Sie eigentlich aus Hannover kommen und so gar nichts mit profiliertem Gelände am Hut haben. Buchen Sie ein Lauf-Camp in den Alpen oder einen Trailrunning-Kursus und bringen Sie Ihrem Körper mal bei, wie das mit dem Rauf- und Runterlaufen funktioniert. Ich verspreche Ihnen: Auch, wenn Sie in den Bergen viel langsamer unterwegs sind, als auf dem heimischen Radweg, Sie werden bei der Heimreise fitter, gesünder und glücklicher sein, als bei der Hinreise. Neues Terrain macht neue Beine.
September und Oktober: Feinschliff und Performance
Wow, Sie sind in der Form Ihres Lebens. Braungebrannt, rank und schlank und vor allem so motiviert wie noch nie! In den Sommermonaten waren Sie so aktiv wie selten zuvor und den Trainingsplan für Ihren Herbstmarathon in Berlin oder Frankfurt konnten Sie mit nur minimalen Einschränkungen komplett abarbeiten. Selbst, wenn der Wettkampf jetzt aus welchen Gründen auch immer in die Hose geht, der Weg hierher war etwas ganz Besonderes und der Sommer 2017 hat gerade gute Chancen als "Bester Sommer aller Zeiten" in Ihre Biografie einzugehen.
Nun gilt es, diese tolle Ausgangsposition richtig zu nutzen: Finden Sie die Balance aus Entspanntheit und Ehrgeiz. Klar, der Sport hat einen großen Stellenwert in Ihrem Leben, Ihre Familie findet manchmal sogar, dass es ein bisschen zu viel des Guten ist. Sie verzichten auf viele Dinge, um Ihr Laufen optimal durchführen zu können und manche Freunde sind schon genervt, dass Sie beim Grillabend nur Schorle statt Bier trinken. Aus Coach-Sicht ist das ja auch sehr löblich, aber vergessen Sie den Spaß im Leben nicht.
So wie es eine Work-Life-Balance geben muss, ist auch die Sport-Life-Balance wichtig. Ein fröhlicher Geist läuft besser, leichter, erfolgreicher, als ein gestresster, verbissener und vielleicht sogar enttäuschter . Nehmen Sie Ihre sportlichen Ziele ernst, aber machen Sie sich auch immer wieder klar, dass es ein Hobby ist und unter dem Strich soll Sie dieses Hobby glücklicher und ausgeglichener machen. Aber klar, zum großen Glück gehört auch manchmal große Anstrengung. Und wenn Sie schon mal in der Form Ihres Lebens sind, dann hauen Sie jetzt auch bitte einen raus am großen Tag X.
November: Nachglühen im Matsch
Was war das für ein Feuerwerk des Sports im letzten Monat!? Vielleicht ist endlich die ersehnte und hart erarbeitete Bestzeit gefallen, vielleicht haben Sie an einer Reihe von Wettkämpfen teilgenommen und überall brilliert, auf jeden Fall sind Sie noch immer ganz erstaunt, wie leicht Ihnen das Erbringen richtig guter Leistung gefallen ist. Ackerphase im Sommer sei Dank! Das haben Sie sich alles selbst erarbeitet und nun spüren Sie, dass Langstreckenlaufen sehr viel mit einem langen Atem zu tun hat. Die Dinge lassen sich nicht alle von heute auf morgen planen und umsetzen, sondern Weitsichtigkeit und Durchhaltevermögen werden eines Tages belohnt und das fühlt sich großartig an.
Sie wollen mehr von diesem Gefühl? Dann ziehen Sie das Form-Hoch doch noch ein bisschen in die Länge und nehmen Sie zum ersten Mal an einem Crosslauf teil. Immerhin haben Sie dieses Jahr auch Ihr erstes Bahnrennen überlebt und das war ein großer Spaß. Crossläufe finden meist im November statt und oft sind es "krumme Distanzen" wie 4,7 Kilometer querfeldein oder 6,3 Kilometer auf einem hügeligen Rundkurs beim Matschwetter.
Das Gute ist, dass man sich nicht an Zeiten misst, sondern einfach nur daran, wie man schnellstmöglich das anspruchsvolle Gelände durchpflügt. Das Schlechte ist, dass man so richtig dreckig werden kann. Klingt lustig? Ist es auch. Googeln Sie doch mal "Crosslaufserie" und Sie werden erstaunt sein, was es sogar in Ihrer Nähe alles für Veranstaltungen gibt, die nicht nur für eingefleischte Vereinsläufer vorgesehen sind. Viel trainieren müssen Sie jetzt nicht mehr. Sie feiern einfach über die kleinen und unwichtigen Wettkämpfe Ihre starke Form ab und freuen sich über jeden Lauf, der als Zugabe gelingt. Wenn es läuft, dann läuft es. Lassen Sie es laufen
Dezember: Runter vom Gas
Lassen Sie es laufen, aber kommen Sie bitte irgendwann auch wieder zum Stillstand. Ich weiß, wir haben alle Angst vor dem Loch, in das man nach einem Hoch fällt. Es hilft aber nichts, Sie müssen runter vom Olymp, sondern endet Ihr Sportjahr in einer Verletzung oder einer fiesen Krankheit.
Wenn Sie den November nicht als Regenerationsmonat genutzt haben, wie das viele Läufer machen, dann sollten Sie spätestens im Dezember mit dem Kilometerzählen aufhören und die Bremse ziehen. Ich sage ganz radikal: Laufpause! Kein Sport. Mindestens eine Woche lang, wenn nicht sogar drei ganze Wochen. Das können Sie sich nicht vorstellen? Umso wichtiger ist es, dass Sie mal runterkommen. Sie sind doch nicht etwa sportsüchtig?

Natürlich verlieren Sie zunächst ein wenig Form, wenn Sie 20 Tage lang keinen Sport treiben, eventuell beim Plätzchenessen sogar über die Stränge schlagen und den Muskeln beim Schrumpfen zugucken können, aber ich verspreche Ihnen, dass Sie langfristig von diesem Break profitieren werden. So wie die Pflanzen im Winter ihr Leuchten verlieren, die Tiere in den Schlaf fallen und das Licht sich in unseren Breitengraden reduziert, so muss auch der Körper einmal zum Stillstand kommen, bevor das Spiel von vorne losgehen kann, um die Zellen zu neuer Kraft und damit zu neuen Heldentaten heraus zu kitzeln.
Zünden Sie ein Kerzlein an und blicken Sie dankbar und zufrieden auf Ihr Sportjahr 2017 zurück. Und dann warten Sie auf Ihr Bauchgefühl, das Ihnen irgendwann sagen wird, welche Projekte Sie im kommenden Jahr reizen könnten. Wollten Sie nicht schon immer mal 100 Kilometer am Stück laufen ?
Und wenn Sie dann das kommende Jahr planen: Hier finden Sie meine Anleitung für die dann folgenden Monate.