Die drei Arten der Läufer-Motivation Sag mir, mit wem Du läufst und ich sage Dir, wer Du bist

Läuferinnen: Laufen kann eine Einzelsportart sein - muss aber nicht.
Foto: Peter Kneffel/ dpa
Sonja von Opel ist Laufexpertin und Lebensläuferin. Mit einer Marathonbestzeit von 2:52h und als erfolgreiche Ultraläuferin gibt sie ihr Wissen und ihre Liebe zum Laufen in Laufcamps, Vorträgen, Büchern und vor allem als Online-Coach von über 100 Athleten pro Saison mit großer Begeisterung weiter. Als Geschäftsführerin der "Sonja von Opel Sports GmbH" bewegt sie nicht nur ihre Athleten vom Schreibtisch aus, sondern veranstaltet das ganze Jahr hindurch Laufreisen, Trainingscamps und Sportevents:
www.opelrunningteam.com
Laufen ist eine Einzelsportart. Das macht diesen Sport für viele Menschen so attraktiv: Man muss sich nicht verabreden, keinen Platz und keine Halle mieten, nicht mal eine Vereinsmitgliedschaft muss man abschließen oder gar Gerätschaften organisieren. Man kann immer und überall die Laufschuhe schnüren und loslegen, um sein Training zu absolvieren, sei es nur zum Stressabbau, zur Gesundheitsvorsorge oder zur Leistungssteigerung.
Auch, wenn bei allen Läufern die Verbesserung der körperlichen Fähigkeiten und die Optimierung von Gesundheit und Stressresistenz im Vordergrund stehen, verabreden sich Menschen zum Laufen, gehen vielleicht sogar in einen Verein und schaffen soziale Strukturen rund um den Sport, die das Dranbleiben erleichtern. Ich wage zu behaupten, dass man anhand seiner Wahl der Mitläufer Rückschlüsse auf die eigene Persönlichkeit ziehen kann. Zunächst lassen sich drei verschiedene Motivationsfelder herausarbeiten: Die Machtmotivation, die Leistungsmotivation und die Beziehungsmotivation.
Machtmotivation: Wer läuft, weil er sich dadurch von seinen Mitmenschen, seinen Kollegen, seinen Familienmitgliedern besonders hervorheben möchte, für den ist der Faktor Macht entscheidend. Das eigene Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl wächst mit steigender Fitness und diesen Läufern ist es besonders wichtig, stets an der Spitze eines Feldes zu laufen - sei es im Wettkampf oder beim Lauftreff.
Leistungsmotivation: Alle Läufer, die ihre persönliche Bestzeit jagen, haben als wichtigste Triebfeder für Ihren Sport den Leistungsgedanken. Die Aussicht auf eine "3" oder gar eine "2" vor der Minutenangabe beim Marathonergebnis treibt sie Tag für Tag in die Laufschuhe, rechtfertigt jede Quälerei bei Tempoläufen und beantwortet automatisch die Frage nach dem Warum, wenn sonntags vor dem Frühstück erstmal stundenlang durch Wind und Wetter gelaufen wird.
Beziehungsmotivation: Mancher Läufer läuft vor allem für und mit seinen Mitmenschen. Weil jeden Montag um 18 Uhr der Lauftreff stattfindet, bei dem man sich nicht nur herrlich austauschen kann, sondern gleichzeitig auch etwas für den Körper tut, ist das für alle Beteiligten eine Win-win-Situation. Manche Freundschaft hält besonders intensiv, weil das gemeinsame Hobby gemeinsam praktiziert wird. Das geht so tief, weil sich beim Laufen die Hormonsituation positiv verändert, Endorphine rauschen durch den Körper und man verknüpft daher automatisch mit dem Laufpartner schöne Gefühle, mehr noch als beim gemeinsamen Stricken oder Skatspielen.

Und Sie? Mit wem laufen Sie? Sind Sie mehr so der Einzelgänger, der es liebt, dass er beim Laufen endlich mal uneingeschränkt sein Ding machen kann? Aber mal Hand aufs Herz: Zeichnen Sie nicht Ihren Lauf mit einer GPS Uhr auf und laden Sie ihn anschließend in einem Portal hoch, damit andere Läufer sehen können, was Sie geleistet haben? Vielleicht spicken Sie den Lauf dann auch noch mit aktuellen Fotos, benennen ihn besonders pfiffig, damit Ihre Beobachter ein noch genaueres Bild von Ihrer Aktivität bekommen und freuen sich schließlich, wenn es Likes, Kudos oder andere Formen der Anerkennung dafür gibt.
Geadelt wird die Einheit schließlich, wenn jemand Ihr Training kommentiert, denn das setzt voraus, dass er sich konkret angeschaut hat, wie weit, wie schnell und wie hart Sie trainiert haben. Na? Habe ich Sie erwischt? Sie laufen nämlich gar nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Anerkennung von außen und das ist ganz und gar nicht verwerflich, sondern absolut menschlich und verständlich. Dennoch möchte ich Ihnen raten: Laufen Sie doch mal bewusst mit einem anderen Läufer und lernen Sie dabei, dass eine gemeinsame Runde doppelt so viel Spaß machen kann.
Kommen Sie aus Ihrer Komfortzone - oder laufen Sie hinein
Vielleicht sind Sie aber auch ganz anders? Erstens besitzen Sie gar keine GPS-Uhr und zweitens haben Sie mit den sozialen Netzwerken nichts am Hut. Trotzdem würden Sie sich selbst als sehr sozialen Typen bezeichnen, denn Sie laufen fast ausschließlich mit einer netten Gruppe aus Ihrem Ort. Daran gefällt Ihnen besonders, dass alle Mitläufer eher gemütlich unterwegs sind. Wenn Sie wollten, könnten Sie allen davonrennen, aber das ist gar nicht Ihr Ansinnen. Sie genießen es, dass Sie den längsten Atem haben, hier und da ein paar Tipps zum Besten geben können und auch mal hinten beim schwächsten Läufer für gute Stimmung sorgen. Sehr löblich, sehr schön, aber Ihnen würde ich gerne ich mal einen echten Sparrings-Partner an die Seite geben, der Sie fordert, aus Ihrer Komfortzone rausholt und Sie zum Schwitzen bringt. Das kann auch sehr belebend sein, glauben Sie mir.
Ein anderes Phänomen ist das gemeinsame Laufen von Partnern. Sie sind seit 18 Jahren verheiratet und ein unschlagbares Team, ob es um die Kindererziehung, den Haushalt oder die Urlaubsplanung geht, aber eine Sache funktioniert so gar nicht: Ein harmonischer Dauerlauf zu zweit. Ständig fühlt sich einer von Ihnen gestresst oder unter Druck gesetzt, Sie diskutieren völlig sinnlos, wer eigentlich dauernd einen halben Schritt vorne läuft und selbst bei der größten Rücksichtnahme endet eigentlich jeder partnerschaftliche Laufversuch in ehelichen Dissonanzen.

Wissen Sie was? Vergessen Sie es. Das wird nichts mehr mit Ihnen und dem Laufen in Eintracht und das ist auch völlig egal. Die Tatsache, dass Sie beim Laufen nicht harmonisieren, sagt nichts darüber aus, ob Sie als partnerschaftliches Gespann im echten Leben funktionieren. Laufen ist und bleibt eben eine Einzelsportart.
Wer Sie selbst sind und was Sie motiviert, das können Sie nur selbst beantworten. Nehmen Sie meine Worte als Anregung, um einen Moment darüber nachzudenken, wie und vor allem mit wem Sie am liebsten laufen. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Falsch ist höchstens, wenn Sie versuchen, andere Menschen zu verbiegen. Sie können versuchen, Ihre Kinder oder Ihren Partner oder Ihren besten Freund zum Mitlaufen zu überreden, sie zu motivieren und ihnen den schönsten Sport der Welt zeigen, aber am Ende muss jeder selbst wissen, in welcher Form er durch das Leben läuft. Bleiben Sie gesund und motiviert!