Running Queen, Trainingsweltmeister, Freak oder Businessläuferin Welcher Läufertyp sind Sie?

Bunte Vielfalt: Läufer laufen aus den unterschiedlichsten Gründen - und auf verschiedenste Arten
Foto: A3999 Malte Christians/ dpa
Michael Reusse
Sonja von Opel ist Laufexpertin und Lebensläuferin. Mit einer Marathonbestzeit von 2:52h und als erfolgreiche Ultraläuferin gibt sie ihr Wissen und ihre Liebe zum Laufen in Laufcamps, Vorträgen, Büchern und vor allem als Online-Coach von über 100 Athleten pro Saison mit großer Begeisterung weiter. Als Geschäftsführerin der "Sonja von Opel Sports GmbH" bewegt sie nicht nur ihre Athleten vom Schreibtisch aus, sondern veranstaltet das ganze Jahr hindurch Laufreisen, Trainingscamps und Sportevents:
www.opelrunningteam.com
Der Medizinwissenschaftler und Psychotherapeut Thomas Frankenbach sagt: "Läufer sind die Arbeiter unter den Athleten. Sie sind Ausdauersportler, und die sind sehr diszipliniert. Können aber oft nicht gut genießen. Läufer sprechen häufig von Selbstüberwindung und Qual, wenn es um ihren Sport geht. Sie sind bereit, einen monotonen Bewegungsablauf über eine lange Zeit zu wiederholen. Das ist oft wie Pilgern, das Beten des Rosenkranzes oder das Drehen einer tibetischen Gebetsmühle. Das sind ebenfalls eintönige Bewegungen, die ständig wiederholt werden. Es ist diese Gleichförmigkeit, die die Seele entspannen lässt. Volksläufe sind für manche Soziologen die Prozessionen der Moderne."
Ich glaube, das Laufen ist in Summe sehr viel bunter und aufregender, als das ständige Wiederholen eines Mantras, aber ich gebe Herrn Frankenbach in Einem Recht: Läufer sind fleißige Bienen, die die monotone Anstrengung lieben.
Allerdings bin ich mir sicher: Nicht jeder Läufer möchte sich in die Kategorie "fleißiges Bienchen" stecken lassen. Als Coach betreue ich rund 100 Athleten der unterschiedlichsten Art. Vom absoluten Anfänger bis zur regionalen Spitzenathletin ist jede Leistungsklasse vertreten - und auf dieser Basis habe ich nicht ganz ohne Augenzwinkern die nachstehenden Läufertypen kreiert.
Individuelle Schnittmengen existieren selbstverständlich neben diesen Hauptgruppen, die in keiner Weise von bestimmten Geschlechtern dominiert werden. Ich habe willkürlich mal die weibliche und mal die männliche Version des typischen Läufers oder der typischen Läuferin der jeweiligen Kategorie beschrieben.
Der Running-King

König der Tartanbahn: Rekordläufer Usain Bolt in Siegerpose. So möchten sich gerne viele Läufer fühlen.
Foto: AP/dpaEr ist das Leitbild des Läufers in seiner Region. Wenn auf dem Marktplatz über das Laufen gesprochen wird, fällt als erstes sein Name. Wenn Neulinge mit dem Laufen anfangen, orientieren sie sich in Kleidung, Schuhwahl und Gesichtsausdruck zunächst an ihm: dem King of Running! Er gewinnt alle Läufe, die in seinem Landkreis über das Jahr verteilt stattfinden und er zelebriert seine Teilnahme dort regelrecht.
Im wärmenden Trainingsanzug mit Vereinsaufdruck schreitet er gekonnt unscheinbar und doch von allen Augen verfolgt in die Turnhalle, um seine Startunterlagen abzuholen. Die leichte Vorstartnervosität, die er trotz seines Favoritenstatus nie ganz ablegen wird, überspielt er beim Geplänkel mit den vermeintlichen Konkurrenten. Nein, er hat diesmal eigentlich gar nicht trainiert und will den Lauf nur als Trainingslauf mitmachen. Die Sehne tut auch schon wieder seit drei Wochen höllisch weh, aber dabei sein ist ja schließlich alles. Er wünscht allen, mit denen er geplaudert hat, viel Glück und verschwindet dann zunächst von der Bildfläche, weil er sich für 40 Minuten warmlaufen geht.

Klingenbergers Lauftipps: Was wir von Profisportlern lernen können - und was nicht
Das macht der König am liebsten ganz alleine, um sich zu sammeln und zu konzentrieren. Natürlich hat er trainiert und natürlich haut er heute einen raus. Die Sehne tut weh wie immer, aber das wird nach dem ersten Kilometer schon verschwinden. Er wird sein Bestes geben. Mit diesem Selbstbewusstsein im Rücken macht er schließlich vor dem gesamten Teilnehmerfeld, dass sich langsam am Start versammelt, noch zwei Steigerungsläufe. Mittlerweile trägt er Splitshorts und das ärmellose Vereinstrikot sowie den leichtesten Laufschuh, den der Markt zurzeit zu bieten hat.
Kein Wort verlässt mehr seine Lippen, aber seine Ausstrahlung verrät: "Zieht Euch warm an, Leute. Ich bin topfit!". Er gewinnt das 10-Kilometer-Rennen mit einer Minute Vorsprung vor dem Zweitplatzierten, dem er bei der Siegerehrung anerkennend die Hand reicht. Ach, es ist doch eigentlich schade, dass die Konkurrenz hier in der Gegend nicht ein wenig mehr Herausforderung darstellt.
Begibt der König sich außerhalb seines Territoriums, um bei überregionalen Läufen oder gar Meisterschaften anzutreten, wird aus ihm ein Prinz, der sich mit anderen Prinzen um die Vorherrschaft im ganzen Land schlagen muss. Schließlich träumen alle von der Krone des Königs. Bei den Prinzessinnen des Landes sieht es ganz ähnlich aus. Gäbe es da nicht seit Jahren die unangefochtene Königin, an die keine der schnellen Running-Queens auch nur annähernd heran kommt
Die Netzwerkerin

Hauptsache, die anderen kommen mit: Netzwerkerinnen laufen gern gemeinsam
Foto: imago/Westend61Sie ist eine Lebensläuferin. Keine Frage. Sie liebt das Laufen und sie hat ihren Frieden mit allem gefunden: Mit den kleinen Verletzungen, die immer mal auftreten, mit den Zeiten, die mal schneller und mal langsamer sind, mit der Konkurrenz, die mal schneller und mal langsamer ist und sowieso mit ihrem Gewicht, das mal höher und mal niedriger ist. Sie ist so zufrieden mit sich und ihrer Laufwelt, dass es anderen eine Freude ist, sie dabei zu beobachten. Und noch mehr, sie inspiriert andere, es ihr gleich zu tun.
Sie hat auf Facebook eine Gruppe gegründet, die alle Läufer ihrer Stadt zusammenbringen soll und regelmäßig macht sie in der Gruppe Aufrufe, damit man sich gemeinsam zu einem netten Dauerlauf trifft. Dabei passt sie ihr Tempo stets dem langsamsten Mitläufer an, was ihr gar nichts ausmacht. Sie selbst kann, wenn sie es drauf anlegt, sehr schnell laufen, aber ihr ist die Gesellschaft von Mitläufern wichtiger und die Grundlage im aeroben Bereich schadet ihr sicherlich nicht.
Trotzdem macht sie einmal pro Woche auch ein knallhartes Tempoprogramm, um von der Laufleistung her noch ein paar Jahre am Ball bleiben zu können und das gelingt ihr auch sehr gut. Das Tempoprogramm macht die Netzwerkerin dann allerdings meistens alleine. Zum einen, weil sie gar keine passenden Mitstreiter findet, zum anderen, weil es ihr ein bisschen peinlich ist, wenn sie so derangiert außerhalb ihrer Komfortzone unterwegs ist.
Trotzdem postet sie natürlich nach dem Tempotraining ihre Zeiten auf Facebook und schaut alle zehn Minuten nach, ob schon jemand einen bewundernden Kommentar oder wenigstens ein simples "gefällt mir" dazu abgegeben hat. Die Netzwerkerin ist intellektuell und liest im Netz alles, was es über das Laufen zu lesen gibt. Natürlich hat sie ihren eigenen Blog und einen Kanal bei YouTube, wo sie angefangen hat, regelmäßig ihre Lieblingsübung des Monats als kleine Videosequenz hoch zu laden.
So richtig kommt der Kanal zwar nicht ins Rollen, aber immerhin hat sie schon 134 Abonnenten. Ihr größter Traum ist, eines Tages den Beruf als Ingenieurin an den Nagel zu hängen und vom Laufen zu leben. Sie würde dann einen kommerziellen Lauftreff leiten und große Gruppen zu den schönsten Laufveranstaltungen der Welt führen. Sie würde Bücher schreiben und vielleicht sogar eine Laufschule gründen. Wenn mal wieder niemand zum geposteten Treffpunkt erscheint, dann hängt sie auf ihrer einsamen Laufrunde diesen wunderschönen Gedanken nach
Der Trainingsweltmeister
Er ist der Albtraum eines jeden Trainers. Körperlich stark wie ein Stier, aber mental hat er das Gerüst eines Kartenhauses. Der Trainingsweltmeister liebt seinen Trainingsplan und er nimmt ihn so ernst wie das Grundgesetzbuch. Jede Einheit wird auf den Meter genau abgespult. Wenn im Plan 16 Kilometer lockerer Dauerlauf stehen und am Ende seiner Runde zeigt die GPS-Uhr 15,89 Kilometer, dann verlängert er selbstverständlich den Lauf um die fehlenden 110 Meter, in dem er vor der Gartentür noch einmal hin und her läuft. Das sieht für die Nachbarn vielleicht bescheuert aus, aber so steht es nun mal im Plan.
Tempoläufe macht der Trainingsweltmeister immer nur auf der Bahn. Und manchmal macht er sogar die Tempodauerläufe auf der Bahn, denn auf die GPS-Uhren kann man sich ja nie so genau verlassen und hier weiß er wenigstens, dass 400 Meter auch wirklich 400 Meter sind, egal, was die Uhr anzeigt.
Kleine Anekdote vom Trainingsweltmeister: Einmal im Februar, als er mitten in seiner Marathonvorbereitung war, stand ein langer Lauf mit Endbeschleunigung an. Er sollte laut Trainingsplan 34 Kilometer laufen und die letzten 14 Kilometer im Marathon-Renntempo. Sein Problem war, dass in der Nacht frischer Schnee gefallen war und er sich nicht in der Lage sah, den anspruchsvollen Trainingslauf in freier Wildbahn erfolgreich zu absolvieren. Also nahm er kurzerhand die Schneeschippe und lief (!!!) damit knapp zwei Kilometer weit zur seiner Laufbahn.
Dort schippte er die komplette Innenbahn frei, was eine gute Stunde dauerte, denn es war ganz schön viel und vor allem nasser Schnee gefallen. Anschließend lief er auf seiner freigeschaufelten Bahn 1 die kompletten 34 Kilometer und davon die letzten 14 Kilometer wie ein Uhrwerk exakt im Marathon-Renntempo. 85 Runden insgesamt! Nein, die zwei Kilometer mit Schippe zählten nicht. Allerdings schaffte er den Rückweg dann nur noch gehend.
Tja, und im darauffolgenden Marathon stieg er bei Kilometer 33 aufgrund einer Stressfraktur im Mittelfuß aus. Das passiert dem Trainingsweltmeister öfters. Obwohl er im Training alle Zeiten unterbietet und härter trainiert, als je zuvor, im Wettkampf kommt immer irgendwas dazwischen und er versteht einfach nicht, was es ist.
Mal ist es der Magen, manchmal spielt das Wetter verrückt, dann hat ihn ein anderer Läufer angerempelt und ihn dadurch völlig aus dem Konzept gebracht und einmal ist er auch schon falsch abgebogen und hat es erst nach 300 Metern gemerkt. Aber er lässt sich nicht unterkriegen, der Trainingsweltmeister. Eines Tages zahlt sich sein Fleiß aus und dann wird auch er mal ein Rennen gewinnen. Wenn die Knochen mitmachen
Mrs. Undercover

Hauptsache nicht auffallen: Manche Läufer stehen einfach nicht so gerne im Mittelpunkt
Foto: Sven Hoppe/ dpaDiese neue Mode gefällt ihr gar nicht. Alles so bunt und grell. Sie trägt am liebsten Schwarz. Im Winter achtet sie zwar darauf, dass ein paar Reflektor-Streifen auf der Kleidung sind, damit sie im Verkehr gesehen wird, aber ansonsten ist es ihr eigentlich ganz recht, wenn man sie nicht so auffallend sieht.
Ursprünglich fing sie mit dem Laufen an, um abzunehmen, aber heute braucht sie das Laufen vor allem, um abzuschalten. Sie denkt dann gar nichts und ist sich selbst besonders nah. Sie hört einfach ihrem Atem zu und spürt ihren Körper und kann dabei herrlich entspannen und runterkommen.
Vor ein paar Jahren, als sie mit 20 Kilogramm mehr auf den Rippen anfing, musste sie noch viele Gehpausen einlegen, aber jetzt läuft sie fast jeden Tag immer so um die 60 Minuten im flotten Tempo. Sie läuft sehr gerne alleine, aber hin und wieder schleppt sie ihre Nachbarin mit zum Lauftreff der Volkshochschule. Die Nachbarin ist der Meinung, ein Lauftalent wie sie gehört unter Menschen, um sich mal zu messen und ins rechte Licht zu rücken, aber das ist ihr eher peinlich.
Mrs. Undercover läuft dann immer im hinteren Drittel der Gruppe mit und bis heute weiß der Lauftreffleiter noch nicht, wie sie heißt. Nur bei den Steigerungsläufen, die er hin und wieder mit der Gruppe macht, fällt sie ihm dann auf, weil sie einen sehr kraftvollen, schönen und verdammt schnellen Laufschritt hat.
Die Nachbarin hat sie gegen ihren Willen beim "Womens Run" angemeldet und möchte mit ihr über die 8-Kilometer-Distanz starten. Es gibt nicht nur rosa Laufshirts für alle, es wird auch noch gequasselt und gelacht, was das Zeug hält. Genervt von dem Rummel startet Mrs. Undercover aus der ersten Reihe und gewinnt prompt den "Womens Run" vor allen anderen Laufheldinnen. Wie peinlich!
Aber irgendwie auch schön. Sie wird von einem Herrn angesprochen, der sie nach ihrem Verein fragt, aber sie läuft gar nicht im Verein. Der Herr ist Trainer und gibt ihr seine Kontaktdaten, damit sie sich mal bei ihm meldet. Bis heute hat sie sich noch nicht beim ihm gemeldet, weil sie sich nicht sicher ist, ob er nur ein Opfer sucht, gegen das seine Schützlinge im Verein rennen können.
Als sie die Trainingsgruppe dann eines Tages auf dem Sportplatz trainieren sieht, fasst sie Mut. Denn bei deren Anblick traut sie sich plötzlich zu, da ebenbürtig mitzulaufen und sie ruft den Trainer an. Ein Jahr später gewinnt sie ihren ersten Halbmarathon, aber drückt sich vor der Siegerehrung. Es gibt nichts Schlimmeres, als auf dieses Podest zu klettern und alle schauen einen von unten an und klatschen und machen Fotos. Wenn gewinnen nicht so unangenehm wäre, würde sie es glatt öfter machen
Der Freak

Immer auf der Suche nach Grenzerfahrungen: Der junge Wilde liebt sportliche Herausforderungen
Foto: Markus Scholz/ picture alliance / dpaDa ist er endlich - der junge Wilde, auf den die Läuferwelt gewartet hat. Er ist eine Sportskanone und er liebt seinen Körper, weil er so gesund und stark ist. Das ist allerdings mehr oder weniger auch sein eigener Verdienst, denn er pflegt und trainiert seinen Körper. Er ernährt sich schon seit ein paar Jahren vegan und achtet gleichzeitig penibel darauf, dass er beispielsweise aus Nüssen und Soja-Produkten ausreichend Proteine zu sich nimmt. Denn er macht sehr viel Krafttraining und die Muskulatur braucht schließlich Baustoffe.
Ganz neu hat er für sich "CrossFit Endurance" entdeckt. Der Clou an seiner neuen Trainingsform ist die schnelle Ausführung der Moves bei hoher körperlicher Intensität und das auch noch ganz ohne Pausen. Damit trainiert der Freak gleich drei Fitnessaspekte auf einmal: Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer.
So kam er eigentlich auch zum Laufen. Ein Mädel, mit der er zweimal pro Woche "CrossFit Endurance" macht, hat ihn überredet, abends mal mit durch die City zu rennen. Sie treffen sich spätabends immer am Dom und laufen dann mit der ganzen Gruppe, die mittlerweile aus mehr als 40 Läufern besteht, über Hauptstraßen, durch Einkaufspassagen und sogar schon mal über die Brücke der Stadtautobahn. "Läufer erobern sich die Stadt" ist deren Motto und das Mädel hat neulich sogar alle überredet, alle paar Kilometer stehen zu bleiben, um Burpees, Squads und Planks zu machen. Das war geil!
Aus Spaß hat er sich vor längerer Zeit spontan zu einem Halbmarathon angemeldet. 21 Kilometer müssten doch aus dem Stand zu schaffen sein. Gewonnen hat er auf jeden Fall schon mal die B-Note in Sachen Outfit. Schwarzes Shirt mit neongelbem Totenkopflogo vom "Oregon Project", weiße Short, die locker auf den Hüften hängt und eine Cap auf dem Kopf, die andere Jungs nur zum Skaten anziehen, dazu ein Piercing in der Nase und die Tattoos auf den durchtrainierten Armen, aber an den Füßen einen ultrateuren Rennschuh.
Die Basis muss schließlich stimmen - wie bei der Ernährung. Na ja, und der Halbmarathon? Das war eine harte Nuss. Die ersten 10 Kilometer ist er einfach mal in der Spitzengruppe mitgegangen, aber dann ging ihm gehörig die Puste aus. Macht nix - aufgeben gibt es nicht und so hat er sich immerhin noch mit einer Zeit unter 90 Minuten ins Ziel gekämpft. Gar nicht schlecht für sein erstes Mal.
Das wird er auf jeden Fall noch mal machen, aber dann sollte er vielleicht vorher mal ein paar längere Läufe absolvieren. Hat er dann auch gemacht. Auch wieder mehr oder weniger spontan lief er von seinem Zuhause zu seiner Freundin, die 53 Kilometer weit weg wohnt. Tat ganz schön weh am Ende, aber war auf jeden Fall eine Grenzerfahrung. Das macht er mal wieder, doch dann vielleicht in den Alpen. Da soll die Aussicht so cool sein .
Die Businessläuferin

Liegt immer vorne: Die Businessläuferin verbindet gern sportliche und berufliche Erfolge
Foto: REUTERSSie läuft meistens morgens um 5:30 Uhr. Das ist die beste Zeit. Wenn sie zu Hause ist, schlafen die Kinder um diese Uhrzeit noch und sie kann um 6:30 Uhr das Frühstück vom Bäcker mitbringen, und wenn sie geschäftlich unterwegs ist, will in dieser Zeit kein anderer etwas von ihr. Dann rennt sie entweder auf dem Laufband im Hotel oder, was ihr noch lieber ist, durch die Stadt, in der sie sich gerade befindet.
So hat sie nämlich gleich auch noch etwas von der Gegend gesehen, die meist einiges zu bieten hat: New York, Dubai, Peking, London, Stockholm... Eine fremde Metropole bei Sonnenaufgang hat was. Ihre Kollegen kennen meist nur den Frühstücksbereich, den Konferenzraum und die Bar. Sie braucht diese Stunde Laufen am Tag. Zumindest unter der Woche. Hier tankt sie Energie für den Tag und räumt den Kopf auf.
Und vor allem: Sie hält sich fit und gesund und das ist bei dem Job aus ihrer Sicht enorm wichtig. Sie hat keine Lust, wie ihr Vorgänger am Herzinfarkt zu sterben. Außerdem bleibt sie danke des Sports trotz der vier Kinder schlank und rank und ist in jeder Lebenslage stark wie ein Stier.
Volksläufe interessieren sie nicht wirklich. Zweimal hat sie am New York-Marathon teilgenommen und das war auch ein großartiges Erlebnis, aber für die langen Läufe und das ganze Drumherum fehlt ihr einfach die Zeit. Sie läuft, weil es so herrlich einfach ist: An jedem Ort, zu jeder Zeit und mit wenig Equipment durchführbar. Ihr Kopf ist eh schon voll mit tausend anderen Dingen, da braucht sie nicht auch noch eine Sportart, bei der sie sich konzentrieren oder sich über die korrekte Durchführung Gedanken machen muss.
Sie läuft mal schnell und mal langsam, aber immer ziemlich genau 60 Minuten und das von Montag bis Freitag. Wenn ein Kollege oder eine Bekannte sie anspricht, ob sie mal gemeinsam laufen wollen, muss sie sich schwer überwinden. Denn beim Laufen ist sie kompromisslos und egoistisch und will sich weder im Tempo noch bei der Wahl des Wegs an irgendwelchen Mitläufern orientieren. Das Laufen ist ihre Oase und da ist sie am liebsten alleine.
Wenn sich ein Lauf allerdings mit einem Geschäftstermin in Einklang bringen lässt, ist sie schon mal bereit, ihren Gesprächspartner mit auf die Runde zu nehmen. Meist liegt sie dann auch vorne was Argumentation, Schlagfertigkeit, Souveränität und Entscheidungen betrifft. Wie immer eigentlich.
Die Joggerin

Mit Joggen fängt alles an: Profiausrüstung, Tapes fürs Knie und Wettkämpfe kommen später. Oder auch nicht.
Foto: AFPSeit die sechs Läufertypen kreiert wurden, wird jeder Läufer unbemerkt von mir auf seine Gruppenzugehörigkeit "gescannt". Wie schon eingangs erwähnt sind Schnittmengen und mehrfache Zugehörigkeiten durchaus möglich und auch nicht selten. Einige Läuferinnen und Läufer durchlaufen auf ihrem Weg zum Lebensläufer sogar mehrere Kategorien. Aber einen Typ habe ich gänzlich vergessen zu beschreiben. Es ist im Grunde die klassische Kategorie, mit der eigentlich alles anfängt. Antje läuft jeden Montag in meinem Lauftreff mit und sieht sich selbst in dieser Kategorie. Von ihr stammt die treffende Formulierung zum siebten Läufertyp:
Laufen ist eigentlich nicht ihre größte Leidenschaft. Aber was tut sie nicht alles, um ihren Allerwertesten zu bewegen und somit in Form zu halten. Wenn sie schon laufen muss, dann aber am allerliebsten in Begleitung. Mit mindestens einer Person, viel lieber aber in der Gruppe. Da läuft man, erzählt sich die Ereignisse der letzten Zeit, leidet bei so mancher Trainingseinheit gemeinsam, fightet so manchen internen Wettbewerb aus und kaum versieht man sich, schon ist die Laufeinheit zu Ende und man hat sein Laufpensum für diesen Tag, ja eventuell sogar für die ganze Woche, erledigt.
Biss und Ehrgeiz hat die Joggerin aber auch. Wenn man ihr eine Trainingseinheit vorgibt, dann will sie diese schon gut erledigen und ist gewillt, sich zu quälen. Hin und wieder tauchen sogar kleine Ziele am Horizont der Joggerin auf, dann stellt sie sich der Herausforderung und marschiert darauf zu. Ist das Ziel schließlich erreicht, ist es allerdings auch gut, wenn so schnell kein weiteres mehr auftaucht. Um am Ball zu bleiben, gibt es ja schließlich immer noch den Montagslauftreff.