Andreas Butz

Lauftipp des Monats Frühlingszeit, Marathon-Vorbereitungszeit

Andreas Butz
Von Andreas Butz
Die Marathonsaison 2023 hat begonnen. Wenn auch Sie in diesem oder im nächsten Jahr mitlaufen wollen - hier sind Tipps für die optimale Vorbereitung.
Foto: Christian Charisius / picture alliance / dpa

Die Lauftipp-Leser von manager-magazin scheinen meine Marathonbegeisterung zu teilen. Mein letzter Beitrag So bereiten Sie sich optimal auf einen Marathon vor ist so gut angekommen, dass ich mich motiviert sah, einen weiteren Marathontipp folgen zu lassen. Und das macht aus den Augen eines Trainers betrachtet auch sehr viel Sinn, denn die langen Trainingsläufe, um die es schwerpunktmäßig im letzten Tipp ging, sind zwar die wichtigste, aber nur eine von drei Schlüsseleinheiten.

"Schlüsseleinheiten", so bezeichnen wir Laufcampus Trainer die Trainingseinheiten, die idealerweise wöchentlich im Training vorkommen sollten. Dazu zählen der "Langen Lauf", der "Zügige Dauerlauf" und "Intervalltraining". Wie dieses optimal gestaltet wird, beschreibe ich dieses Mal.

Sie kennen dies möglicherweise schon von mir, in der Trainingsplanung denke ich einen Trainingsplan immer von hinten nach vorne. Dabei ist mein Anspruch, dass ein Trainingsplan den Läuferinnen und Läufern eine Geschichte erzählt, eine Geschichte mit Happy End. Dies gilt nicht nur für die Dauerlaufeinheiten, sondern auch für das Intervalltraining. Intervalle nennt man Einheiten von Tempotraining, bei denen mehrere kurze Belastungen hintereinander folgen, von Geh- oder Trabpausen unterbrochen. 15 Minuten Ein- und Auslaufen rundet dieses Training ab.

Ziel meiner Marathontrainingsplanung ist, dass

  1. das wichtigste Renntempo in der finalen Phase der Marathonvorbereitung trainiert wird und

  2. das anspruchsvollste Intervalltraining etwa 10 bis 12 Tage vor dem Marathon, also in der Wettkampfvorwoche.

Nähern wir uns diesen grundlegenden Überlegungen einmal an.

Das Renntempotraining vor dem Marathon

In der Laufcampus-Methode arbeiten wir mit sechs verschiedenen Renntempi. Das schnellste Renntempo ist das 1-Kilometerrenntempo (1RT), gefolgt vom 3-Kilometerrenntempo (3RT), 5-Kilometerrenntempo (5RT), 10-Kilometerrenntempo (10RT), Halbmarathonrenntempo (HMRT) und dem Marathonrenntempo (MRT). Die Abkürzungen benötigen wir später noch mal.

Gedanklich im Mittelpunkt des Trainings, aber chronologisch zum Schluss, wird das Tempo trainiert, welches beim Rennen gefordert wird, in unserem Fall das Marathonrenntempo. Das Training dieser Laufgeschwindigkeit, gerne auch als Marathon-Pace bezeichnet, wird in den letzten vier bis sechs Wochen geschult. Es ist – natürlich – das wichtigste Renntempo, denn dieses wollen wir schließlich 42,195 Kilometer lang durchhalten können, bis wir erschöpft aber glücklich die Marathon-Medaille am Band umgehängt bekommen. Und wir wollen diese Marathon-Pace von Anfang an spüren und dann halten können, uns auf unser Körpergefühl verlassen können, damit wir auf keinen Fall – wie der überwiegende Teil der anderen Marathonläufer – zu schnell loslaufen. Bei diesem Anlass eine kleine Anekdote:

Ich fragte einen Lauffreund, warum er denn beim Marathon immer deutlich zu schnell loslaufe. Das müsse er, versicherte er mir überzeugt, denn auf den letzten sieben Kilometern breche er immer ein. Das hätte er schon oft so erlebt. Und genau für diesen Fall müsse er vorbeugen und auf den ersten 20 Kilometer etwas zeitliche Reserve herauslaufen …

Ich komme zurück auf das Marathonrenntempo, das wir in den letzten fünf Wochen vor dem Marathon trainieren sollten. In den fünf Wochen davor wird das Unterdistanztempo trainiert, also das Halbmarathonrenntempo. Weitere fünf Wochen früher, das nächste Unterdistanztempo, also das 10-Kilometerrenntempo.

Vom Start des Marathontrainings aus betrachtet, bedeutet dies, dass wir am Anfang kürzere Intervalle laufen, diese schneller als beim Rennen benötigt, und zum Ende hin lange Intervalle, mit in Summe hohem Umfang im Marathonrenntempo. Das wird leichter verständlich, wenn wir uns die folgende Auflistung anschauen.

Länge der Intervalle, maximaler Gesamtumfang, nach Tempo gestaffelt

  • Im 10RT werden Intervalle über 1000 bis 2000 Meter gelaufen, mit einem maximalen Gesamtumfang von 10.000 Metern

  • Im HMRT werden Intervalle über 1600 bis 3000 Meter gelaufen, mit einem maximalen Gesamtumfang von 14.000 Metern

  • Im MRT werden Intervalle über 3000 bis 6000 Meter gelaufen, mit einem maximalen Gesamtumfang von 24.000 Metern

Und jetzt schauen wir uns das Finale des Intervalltrainings einmal Woche für Woche an. Dafür nehmen wir an, dass vor der Marathonrennwoche fünfzehn Wochen trainiert werden und in der letzten Phase im Marathonrenntempo trainiert wird. Dann könnte ihr Intervalltraining so gestaffelt werden, wieder von hinten nach vorne gedacht:

  • Rennwoche: 3 x 2.000 Meter im HMRT, dann Marathonrennen

  • Trainingswoche 15: 3 x 6.000 Meter im MRT

  • Trainingswoche 14: 4 x 4.000 Meter im MRT

  • Trainingswoche 13: 3 x 5.000 Meter im MRT

  • Trainingswoche 12: 3 x 4.000 Meter im MRT

  • Trainingswoche 11: 4 x 3.000 Meter im MRT

Spätestens jetzt fangen Sie an zu erkennen, was ich damit meine, dass ein Trainingsplan eine Geschichte erzählen sollte. Nicht nur die Renntempi 10RT, HMRT und MRT sollten für den Sportler verständlich in die passenden Trainingsphasen logisch eingeplant werden, sondern auch innerhalb der Trainingsphasen die einzelnen Intervalltrainingseinheiten. So steigere ich in oben aufgeführten Beispiel die Umfänge Woche für Woche vorsichtig von 12 Kilometer (4 x 3000 m) bis maximal 18 Kilometer (3 x 6000 m) und gleichzeitig die Länge der Intervalle von 3.000 über 4.000 und 5.000 bis maximal 6.000 Meter. So ergibt es Sinn. So bauen Sie Kraft auf. So tanken Sie Vertrauen in Ihre Marathonfähigkeiten.

Den Ausreißer in der letzten Woche haben Sie sicher entdeckt. Dieser hilft Ihnen, dienstags oder mittwochs vor dem Marathon, im Halbmarathontempo noch mal etwas Speed aufzunehmen. Dieses Gefühl von Schnelligkeit aus dem letzten Tempotraining wird Ihnen zum Start des Marathons noch in Muskelgedächtnis stecken und das Marathonrenntempo folglich locker vorkommen. Ein kleiner, feiner Trick.

Wenn Ihnen zum Glück jetzt nur noch Ihr persönliches Renntempo fehlt, dann nutzen Sie den extra für diesen Fall entwickelten Pacerechner , um Ihre verschiedenen Renntempi für MRT, HMRT und 10RT auszurechnen. Geben Sie dazu Ihre bisherigen Laufleistungen ein, bewerten Sie die Empfehlungen und entscheiden Sie, ob Sie den Haken oben links (weiß auf blau) aktiviert lassen wollen oder nicht. Aktiviert heißt, Sie möchten Ihre aktuelle Grundschnelligkeit weiter verbessern, deaktiviert bedeutet, Sie möchten Ihre Grundschnelligkeit auf der Marathondistanz lediglich bestätigen. Dies ist mein Rat an alle Marathon-Novizen.

Zugegeben, das war eine Menge Theorie, hoffentlich ausreichend verständlich erklärt. Nun heißt es: Umsetzen! Und dabei wünsche ich Ihnen viel Freude und Erfolg beim Marathon.

P.S. Sie fragen sich vielleicht, was mich dazu befähigt Ihnen mit großer Überzeugung solch klare Tipps zu geben. Verständlich. Hier finden Sie meine Liste an bisher über 180 gelaufenen Marathons . Im Jahr 2024 plane ich in Kenia die Nummer 200.

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